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Ausbildungskrise in der Hauptstadt: Berlins Azubis bleiben auf der Strecke
Es gibt zu wenig Ausbildungsplätze in der Stadt. Die Politik muss eine Strategie entwickeln, fordert die Gewerkschafterin Andrea Kühnemann in unserer Kolumne „In der Lobby“.

Stand:
Aktuell starten die neuen Ausbildungsjahrgänge. Es ist schon absehbar: Die vom Senat vorgegeben Zielmarke von 2.000 zusätzlichen Ausbildungsplätzen bis Ende 2025 wird kaum erreicht werden. Für diesen Fall hatte der Berliner Senat eine Ausbildungsplatzumlage angekündigt.
Das ist ein richtiger Schritt und Ergebnis langjähriger gewerkschaftlicher Arbeit. In keinem anderen Bundesland gibt es einen so deutlichen Überschuss an ausbildungsinteressierten Menschen im Verhältnis zu den verfügbaren Ausbildungsplätzen.
Aber nur 52 Prozent der Interessierten bekommen am Ende auch eine Stelle. Bei diesen Zahlen wirkt die Klage der Arbeitgeber über nicht ausreichend geeignete Bewerber:innen etwas eigenwillig.
Eine Strategie ist gefragt
Mit der Umlage soll Geld von den Firmen eingesammelt werden, die zu wenig ausbilden, um jene zu fördern, die Ausbildungsplätze schaffen. Die Umlage kann jedoch nur ein Baustein in der Ausbildungsstrategie sein.
Es gibt weitere Hürden: zunehmend bleiben Ausbildungsplätze unbesetzt, weil die Azubis keine bezahlbare Wohnung finden. Hier braucht es ähnlich wie für Studierende endlich auch ein Azubi-Werk.
Es ist gut, dass sich die Arbeitssenatorin gerade in anderen Städten informiert, wie so was geht. Hier sollte es schnell konkret werden. Eine weitere Baustelle ist die betriebliche Demokratie.
Wir erleben den beunruhigenden Trend, dass die öffentlichen und privaten Betriebe zunehmend weniger Zeit einräumen, damit die neuen Azubis ihre Betriebsräte, Jugend-/Auszubildendenvertretungen und ihre Gewerkschaft kennenlernen können.
Inzwischen ist gut belegt, dass betriebliche Mitbestimmung ein guter Schutz vor antidemokratischen Haltungen ist. Azubis müssen vom ersten Tag an erfahren, dass die Demokratie nicht am Betriebstor endet.
In der Kolumne „In der Lobby“ kommentieren jede Woche führende Köpfe der Berliner Wirtschaft die politische Lage.
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