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Berliner Wirtschaft fordert schnelle Regierungsbildung: „Die Welt wartet nicht, bis wir uns sortiert haben“
Nach der Bundestagswahl fordern die Berlins lokale Verbände, die Wirtschaft auch bei den Sondierungsverhandlungen zum zentralen Thema zu machen. Die Liste der Forderungen ist lang – und sehr konkret.
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Zwischen den Zeilen ist Erleichterung zu spüren. Auch über den Wahlsieg der CDU. Aber deutlich wichtiger ist der Berliner Wirtschaft, dass es gute Chancen für eine schnelle Regierungsbildung gibt. Als erster aus der Riege der Verbandsfürsten meldete sich noch am Wahlabend IHK-Präsident Sebastian Stietzel zu Wort:
„Der Wahlkampf ist vorbei, jetzt erwarten wir von der Politik eine zügige Regierungsbildung, um die globalen und konjunkturellen Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort in Angriff zu nehmen. Denn die Welt wartet nicht, bis wir uns sortiert haben.“
Wirtschaft müsse bei den anstehenden Sondierungsgesprächen ein zentrales Thema bleiben. Stietzel formuliert gleich einen ganzen Strauß an Forderungen: Bürokratieabbau, niedrigere Steuern und Abgaben, eine Beschleunigung der Verfahren in der Berufsbildung, eine Umsetzung des „Bauturbos“ und Investitionen in die Infrastruktur.
Beim Thema Infrastruktur nennt Stietzel die Straßenprojekte A100-Verlängerung und Tangentialverbindung Ost (TVO), „die müssen kommen, genauso wie der Netzausbau für Schiene, Strom und Glasfaser“. Und nicht zuletzt müsse die neue Regierung den Fokus auf die „internationale Erreichbarkeit der Hauptstadt und der ostdeutschen Bundesländer“ richten, „durch ein klares Bekenntnis für den Flughafen BER als Tor zur Welt und eine Abschaffung der Luftverkehrssteuer“.

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Die Tourismus- und Veranstaltungsbranche, für Berlin sehr wichtig, bläst ins selbe Horn. Die neue Bundesregierung müsse sich gezielt für die Stärkung des Mobilitätsstandortes Deutschland einsetzen“, erklärt der Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV), Norbert Fiebig. „Der Luftverkehr ist ein zentraler Pfeiler der Reisebranche. Wenn Deutschland als Luftverkehrsstandort an Attraktivität verliert, hat das direkte negative Folgen auf das Angebot an Urlaubs- und Geschäftsreisen und treibt die Kosten für die Reisenden weiter in die Höhe. Die Politik muss dringend gegensteuern, um negative Auswirkungen zu verhindern.“
Für die Hauptstadtregion stehen mehr Tempo beim Wohnungsbau und Investitionen in die Infrastruktur, etwa beim Bau der Tangentialverbindung Ost, ganz oben auf der Liste.
Alexander Schirp, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg
Alexander Schirp, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) fodert schnell „eine handlungsfähige Regierung“ zu bilden, die dann „die Voraussetzungen für eine Wirtschaftswende“ schafft. Dazu zählt Schirp niedrigere Energiepreise, weniger Bürokratie, geringere Steuern und Abgaben und eine „stärkere Verteidigungsfähigkeit“.
„Für die Hauptstadtregion stehen mehr Tempo beim Wohnungsbau und Investitionen in die Infrastruktur, etwa beim Bau der Tangentialverbindung Ost, ganz oben auf der Liste“, sagte Schirp. Die neue Koalition müsse zeigen, „dass sie den Ernst der Lage verstanden hat“.
Entschiedenes Handeln erforderlich
„Die Wirtschaft hat keine Zeit mehr, auf lange Sondierungen und Koalitionsverhandlungen zu warten. Sie braucht jetzt sofort entschiedenes Handeln, damit der Standort Deutschland wieder wettbewerbsfähig wird“, erklärt Nora Schmidt-Kesseler, Hauptgeschäftsführerin des Verbands der Chemischen Industrie, Landesverband Nordost.

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„Für unsere Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Ostdeutschland sind vor allem zwei Sofortmaßnahmen entscheidend: Die Abschaffung der Gasspeicherumlage und eine deutliche Senkung der Netzentgelte.“
Für den Berliner Mieterverein (BMV) geht es natürlich um andere Themen. „Wir gratulieren der CDU zum Wahlsieg, appellieren aber schon jetzt an eine neue, wohl christdemokratisch geführte Bundesregierung, sich für den Mieterschutz starkzumachen“, erklärt Sebastian Bartels, Geschäftsführer des BMV. In den aktuellen Wahlprogrammen der CDU fehlten entsprechende Maßnahmen.
Daher erwartet Bartels für Mieterorganisationen und -initiativen eine Legislaturperiode, die „wohl eine kämpferische sein wird“. Als „starkes Signal für eine progressive Wohnungspolitik – besonders in Berlin“ wertet er das gute Wahlergebnis der Linken.
Die Vorständin des Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnunsgunternehmen, Maren Kern, mahnt eine „Vorfahrt für bezahlbares Bauen und Wohnen“ an. „Das geht nur mit einer Absenkung von Baustandards und mehr Förderung. Bei beidem wird die nächste Bundesregierung schnell liefern müssen.“
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