zum Hauptinhalt
Kaiser Wilhelm II. von Preußen und Kaiserin Auguste Viktoria in einer Kutsche.

© imago/Arkivi/imago stock&people

„Die Frau in Haus und Beruf“: Eine Ausstellung, die 1912 Kaiserin Augustas Horizont erweiterte

So etwas hatte man in Preußen noch nicht gesehen: Einige der besten Gestalterinnen, Dramaturginnen und Designerinnen des Landes schufen im Jahr 1912 eine Ausstellung, die einen weiblichen Blick auf die Welt gewähren sollte.

Beata Gontarczyk-Krampe
Eine Kolumne von Beata Gontarczyk-Krampe

Stand:

Im August 1899 veröffentlichte die britische „Westminster Gazette“ eine kleine Anekdote. Der deutsche Kaiser Wilhelm II. antwortete auf den Bekehrungsversuch zweier amerikanischer Frauenrechtlerinnen, er sei mit seiner Frau einverstanden. Kaiserin Auguste Viktoria, die sagte: „Frauen haben nichts zu suchen, was außerhalb der vier K’s liegt. Die vier K’s sind – Kinder, Küche, Kirche und Kleider“. Dreizehn Jahre später nahm Auguste Viktoria mit Freude an einer Veranstaltung teil, die den Frauen so viel mehr zutraute.

Plakat der Illustratorin Ilse Schütze-Schur für die Ausstellung „Die Frau in Haus und Beruf“ 1912.

© Staatliche Museen zu Berlin, Kunstbibliothek, Dietmar Katz Public Domain Mark 1.0

Die Wahl des Ortes war kein Zufall: Als die Kaiserin am 24. Februar 1912 vor den „Ausstellungshallen am Zoo“ aus ihrem Chauffeurwagen stieg, war sie wie die anderen Gäste entsprechend beeindruckt. In den folgenden vier Wochen wurde die Fassade der riesigen Halle, in der die Ausstellung „Die Frau in Haus und Beruf“ stattfand, für die sie die Schirmherrschaft übernommen hatte, mit eleganten Draperien und grünen Girlanden geschmückt.

Zwei riesige Gasflammen brannten zu beiden Seiten des Eingangs (ein geschickter Schachzug, denn die Gas-Lobby war der Hauptsponsor der Veranstaltung), der in zwei große Säle führte, in denen Zehntausende von Objekten und Tausende von Ideen präsentiert wurden. In 22 Pools gruppiert und alle mit einem gemeinsamen Nenner: Alle wurden von Frauen geschaffen.

Die Ausstellung, die zeitgleich mit dem Deutschen Frauenkongress 1912 stattfand, war eine Hommage an den weiblichen Beitrag in den verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens, aber auch in Kunst und Wissenschaft. Es ging also um mehr als die vier Ks des Kaisers. Es ging um die Anerkennung ihrer Präsenz und ihres Wirkens in diesen Bereichen.

Alles in und um die Ausstellung von 1912 wurde von Frauen organisiert, gestaltet und entworfen. Angefangen bei der allgemeinen Konzeption, über die Raumplanung, die Schaffung von Interessenschwerpunkten bis hin zur eigentlichen, physischen Gestaltung.

Zeitgenössischer Blick von der Hardenbergstraße zur Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche.

© Zeno.org

Auf 9200 Quadratmetern haben Else Oppler-Legband (eine der führenden künstlerischen Gestalterinnen bei Wertheim und Leiterin der Höheren Fachschule für Dekorationskunst des Deutschen Werkbundes in Berlin), Fia Wille (Mitinhaberin eines erfolgreichen Berliner Designbüros und Autorin einer Reihe von Ausstellungsgestaltungen, die Deutschland im Ausland repräsentierten), Ilse Dernburg (eine brillante Innenarchitektin und Dramaturgin), Lotte Klopsch (Vertreterin der Gruppe Angewandte Dekorative Grafik, die auch die bürgerliche Wohnung entwarf), und Lilly Reich (junge Künstlerin, die für Wertheim als Bekleidungsgestalterin arbeitete und als Dozentin an der Werkbundhochschule bereits auf dem Weg war, eine der führenden deutschen Ausstellungsgestalterinnen zu werden) schufen eine einzigartige Landschaft, die die Gäste von der in Seide gehüllten Luxuswelt im ersten Saal in die Welt der Wissenschaft, Landwirtschaft, Industrie und Sozialarbeit im zweiten Saal führte.

Indem sie Frauen nicht nur als Konsumentinnen, sondern auch als aktive Gestalterinnen zeigte, und den „weiblichen Geschmack“, mit einem „praktischen Blick“ (wie Lilly Reichs Entwurf für eine Zwei-Zimmer-Arbeiterwohnung mit billigen, aber geschmackvollen Kiefernmöbeln, einem klappbaren Babybett und ohne „Staubfänger“) verband, ermutigte die Schau „Die Frau in Haus und Beruf“ andere Frauen, sich auch außerhalb der Grenzen der Kinder-Küche-Kirche zu sehen. Weit weg von den Staubfängern.

In der Kolumne „Aus der Zeit“ berichtet die Autorin aus der Geschichte der Wirtschaft in Berlin.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })