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Der nächste Winter kommt. Womit in 20 Jahren in der Großstadt geheizt wird, weiß kein Mensch. Die Diskussion über das Gebäude-Energie-Gesetz hat das Thema immerhin in die breite Öffentlichkeit gebracht.

© picture alliance/dpa/Jan Woitas

„Es sieht fürchterlich aus“ : Gasag-Chef sieht keine Infrastruktur für Wärmewende in Berlin

Bislang sieht Gasag-Vorstandschef Georg Friedrichs schwarz für die Berliner Wärmewende. Um das und andere kontroverse Debatten ging es bei den Berliner Energietagen.

Wenn man immer wieder die gleiche Botschaft verkünden muss, weil die Adressaten nicht verstehen möchten, dann helfen vielleicht Zuspitzungen. Gasag-Vorstandschef Georg Friedrichs räumte am Dienstag bei den Berliner Energietagen ein, dass er seinen Vortrag vom vergangenen Jahr wiederholen könnte, weil sich so viel nicht verändert habe.

Dann stellte er die Frage, wie die Infrastruktur für die Energie- und speziell die Wärmewende in Berlin aussieht: „Es sieht fürchterlich aus.“ 40 Prozent der CO₂-Emissionen stammten aus der Wärmerzeugung. Das werde auch noch lange so bleiben, zumal der erste Entwurf für die kommunale Wärmeplanung des Senats erst Anfang 2026 vorliege.

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Die Gasag und Vattenfall sind die großen Akteure auf dem Berliner Wärmemarkt. Der schwedische Staatskonzern Vattenfall hat das Berliner Geschäft mit zehn ganz überwiegend fossil betriebenen Heizkraftwerken und dem 2000 Kilometer langen Fernwärmenetz zum Verkauf gestellt; mit dem Land Berlin steht auch ein Käufer parat.

40
Prozent der CO2-Emissionen Berlins kommen aus der Wärmeversorgung

Der Senat möchte die Fernwärme künftig unter dem Dach der Gasag organisieren – sofern das Land auch die Mehrheit an der Gasag von den bisherigen Eigentümern Eon, Engie und Vattenfall erwerben kann. Mit einer Entscheidung wird im Spätsommer gerechnet.

Die Energiewende kommt aus mehreren Gründen nicht voran. Auf der Erzeugerseite fehlt es schlicht an Kapazitäten, um ausreichend grünen Strom für die Verkehrswende und den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft zu erzeugen. Friedrichs zufolge würde die Menge des aktuell in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern (inklusive Offshore-Windstrom) erzeugten Ökostroms nicht ausreichen, um Berlin klimaneutral zu machen.

Gasag-Vorstandschef Georg Friedrichs wünscht sich eine integrierte Energieleitplanung für Berlin.
Gasag-Vorstandschef Georg Friedrichs wünscht sich eine integrierte Energieleitplanung für Berlin.

© Foto: Tsp/Doris Spiekermann-Klaas

Und dann fehle es an allen Ecken und Enden an Infrastruktur. „Wir brauchen ungefähr eine Verdreifachung des Stromnetzes“, sagte der Gasag-Chef und plädierte für eine „integrierte Energieplanung“. Wer unter welchen Bedingungen die Wasserstoffinfrastruktur baue, sei offen. „Wir befinden uns im Blindflug.“

Ein neues Wohnquartier klimaneutral zu bauen, sei kein Problem, wenn die Frage beantwortet werde, wo im Winter der Ökostrom herkomme. Als Absicherung für die Dunkelflauten werde man (Bio-)Gas und Wasserstoff brauchen.

Die Planungs- und Genehmigungsprozesse passen nicht

„Die Umsetzung der Wärmewende betrifft Maßnahmen der Einzel- und Großverbraucher, aber vor allem den Ausbau von Strom- und Wärmenetzen, die Stilllegung oder den Umbau fossiler Gasnetze und den Aufbau lokaler Wasserstoffinfrastrukturen“, heißt es in einer Studie der Deutschen Energieagentur (Dena). Die bestehenden Planungs- und Genehmigungsprozesse auf regionaler und kommunaler Ebene seien nicht geeignet, „den Aus- und Umbau der Infrastrukturen rechtzeitig und kosteneffizient zu gewährleisten“.

Susanne Schmelcher von der Dena plädierte ähnlich wie Friedrichs für eine „kommunale Energieleitplanung“ inklusive Transformationspläne für Strom- und Gasnetze. Eine verwaltungsübergreifende Koordinierungsstelle könne als Ansprechpartner und Beschleuniger in Genehmigungsprozessen fungieren.

Severin Fischer, langjähriger Mitarbeiter von Franziska Giffey (SPD) und nun ihr Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Energie, hält davon nichts. Vielmehr sei ein Abarbeiten von Projekten „eins nach dem anderen“ erforderlich. In den jeweiligen Projekten könne es dann eine spezielle Koordination geben, wie beispielsweise in Siemensstadt.

Mit den „fünf bis zehn Milliarden Euro Sondervermögen für den Klimaschutz“, das der rot-schwarze Senat in den Koalitionsvertrag geschrieben hat, werde man eine Menge anschieben können, meinte Fischer. Womöglich auch beim Erschließen der Geothermie-Potenziale.

Sechs Millionen Euro habe es bislang für drei Bohrungen in Berlin gegeben, sagte Florian Stanko vom Bundesverband Geothermie. Doch auch die Wärme aus der Tiefe wird nur einen kleinen Beitrag leisten können zur Wärmewende: Rund zwei Terrawattstunden (TWh) seien nach einer Studie der Fraunhofer Gesellschaft möglich, aber der Energiebedarf Berlins liege bei 35 TWh.

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