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Blick von oben auf einen Pool auf einem Hochhausdach.

© imago/HBLnetwork

Linke Pool-Idee geht baden: Berliner Verwaltung hält Dachschwimmbäder für unrealistisch

Die Linke will Schwimmbäder auf Berlins Dächer bauen. Die Senatsverwaltung wehrt ab. Und weist auf ein Problem hin, sich beim Wohnungsbau ausgerechnet Wien zum Vorbild zu nehmen.

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Baden über den Dächern Berlins – für ihren Vorschlag, nach dem Vorbild Wiens beim Neubau großer Wohnanlagen gemeinschaftliche Schwimmbäder auf dem Dach zu planen, hat Linken-Landesvorsitzende Kerstin Wolter Aufmerksamkeit bekommen. Ein Luftschloss aus dem Sommerloch oder Modellprojekt gemeinwohlorientierter Infrastruktur in der Hauptstadt?

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen wehrt die Idee auf Anfrage des Tagesspiegels ab – und verweist auf die Kosten: „Pools auf dem Dach gibt es nicht zum Nulltarif“, teilt Martin Pallgen, Sprecher der Senatsverwaltung mit.

Es wäre bei einem solchen Vorschlag „sehr hilfreich, den Menschen vorab zu sagen, was es kosten wird, wer es betreiben soll und was das für die Mieterinnen und Mieter an monatlichen Mehrbelastungen bei ihren Betriebs- und Nebenkosten bedeuten würde“, sagt Pallgen. Der Fokus der Landesregierung liege darauf, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Ähnlich äußern sich Wohnbaugesellschaften des Landes. „Wenig sinnvoll“ sei der Vorschlag der Linken für Bauvorhaben landeseigener Gesellschaften, heißt es etwa von der Gewobag, die mehr als 70.000 Wohnungen in Berlin bewirtschaftet. „Wir konzentrieren uns darauf, Baukosten zu senken“, schreibt Sprecher Sebastian Schmidt – ohnehin eine Herausforderung, sind die Kosten zuletzt doch gestiegen.

Energiekosten für den Poolbetrieb sind Mietenden „nicht zumutbar“

Ein Pool stelle Anforderungen an die Statik, die Bau- und Planungskosten nach oben treiben würden. Auch die Betriebskosten würden steigen, so der Gewobag-Sprecher, „was angesichts der steigenden Energiepreise für unsere Mieter:innen nicht zumutbar ist.“ Um Pools wiederum auf Dächer bestehender Gebäude zu bauen, müssten Fundamente verstärkt werden. Die Dächer nutze man anders: Zur Installation von Photovoltaikanlagen, begrünt für Biodiversität und ein besseres Stadtklima, erläutert Schmidt.

Dass in anderen Städten auch landeseigene und kommunale Baugesellschaften solche Projekte durchaus umsetzen, zeigt der Verweis Wolters auf Wien. In der Senatsverwaltung beurteilt man die Vorbildfunktion der österreichischen Hauptstadt aber kritisch: „Wo, außerhalb von Alterlaa, gibt es in Wien auf kommunalen Gebäuden Swimming-Pools?“, entgegnet der Sprecher.

Alterlaa ist ein Wohnpark in Wien mit 14 Freibädern, davon sieben auf dem Dach von Hochhäusern. Die Anlage wurde von der Gesiba realisiert, einer gemeinnützig agierenden Wohnbaugesellschaft im Eigentum der Stadt Wien. Inzwischen ist eine gemeinnützige Tochtergesellschaft Betreiberin.

In Wien baute landeseigene Gesellschaft mehrere Bäder aufs Dach

Tatsächlich gibt es in Wien neben Projekten privater Bauherr:innen und Baugenossenschaften weitere Gesiba-Wohnhäuser mit Dachbädern: Zum Beispiel die Wohnanlage Bike & Swim im zweiten Bezirk, eröffnet im Jahr 2012. In 231 geförderten Mietwohnungen leben dort Menschen, die häufig mit dem Rad und öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind. Geld, das man mit weniger Autostellplätzen gespart habe, wurde in Gemeinschaftseinrichtungen wie das Schwimmbad investiert, teilte die Wien Holding mit. Der städtische Konzern verwaltet die Gesiba.

Auch auf dem Dach der Gesiba-Wohnanlage an der Altmannsdorfer Straße im zwölften Bezirk Wiens lässt es sich laut Wien Holding schwimmen. Dieses Bauprojekt ist jünger, wurde 2017 fertiggestellt. 2019 noch hatte der Gesiba-Generaldirektor Ewald Kirschner dem Fernsehsender ORF gesagt, der Betrieb der Bäder sei ab 200 Wohneinheiten wirtschaftlich.

Besonders, aber kein Einzelfall: Dachbäder im sozialen Wohnungsbau in Wien

Schon damals hatte dagegen die kommunale Hausverwaltung Wiener Wohnen mitgeteilt, dass für sie im sozialen Wohnungsbau angesichts höher Baukosten und Grenzen für den Bruttomiet-Quadratmeterpreis Projekte wie der Heinz-Nittel-Hof und weitere Dachschwimmbäder „eher die Ausnahme“ im Gemeindebau bleiben – und doch gibt es sie.

Ein Hochhaus aus der Wiener Wohnanlage Alterlaa. Mit Berliner Anlagen ist sie kaum vergleichbar.

© imago images/SEPA.Media/Johann Schwarz

Seitdem sind Baukosten und Energiekosten angestiegen. Lag der Baupreisindex für Wohnneubau Anfang 2019 bei 89,2 ist er Anfang 2025 bei 132,6, wie Daten des Statistischen Bundesamts zeigen. Der Index misst, wie sich Preise für Bauarbeiten, Materialien und Arbeitskräfte verändern. Auch unter Berücksichtigung der allgemeinen Inflation bleibt eine deutliche Kostensteigerung.

In der Berliner Senatsbauverwaltung lässt man indes Zweifel durchblicken, ob sich Berlins Bürger:innen mehrheitlich Wiens Alterlaa zum Vorbild im gemeinwohlorientierten Wohnungsbau nehmen wollen: „In Alterlaa leben, in Häusern mit bis zu 27 Stockwerken, 9000 Menschen auf einem 24 Hektar großen Areal“, stellt Pallgen fest.

Würden solche Bauten in Berlin akzeptiert? Immerhin gilt: Mit jeder zusätzlichen Wohnung lassen sich Kosten für Pools besser verteilen. Doch an städtebaulich dichten Vorhaben entzündet sich hier oft Kritik. Pallgen stellt Alterlaa ein Vorhaben der Senatsverwaltung in der Elisabeth-Aue in Pankow gegenüber: 73 Hektar groß, 5000 geplante Wohnungen.

Schon diesem Plan, kleiner als Alterlaa, begegne die Forderung, „die Wohnungszahl mit Blick auf ebenjene städtebauliche Dichte zu reduzieren“, so Pallgen. Anwohner:innen und Politiker fordern parteiübergreifend, dort weniger Wohnungen zu bauen.

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