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Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister von Berlin, spricht während einer Gedenkveranstaltung.

© dpa/Sebastian Gollnow

Reform des Berliner Vergaberechts: Kai Wegner fordert mehr freihändige Vergaben

Seit Jahren kritisieren Wirtschaftsvertreter das aus ihrer Sicht sperrige Berliner Vergaberecht. Der Regierungschef will das ändern - und keilt in Richtung SPD.

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Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) fordert eine Flexibilisierung des Vergaberechts nach Brandenburger Vorbild. „Wir müssen Vergabefristen verkürzen und Vergaben erleichtern. Das Sondervermögen auf Bundesebene zwingt uns dazu“, erklärte Wegner am Mittwoch auf einem Podium der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin.

Er setze auf eine Homogenisierung mit Brandenburg beim Vergaberecht und darauf, „dass sich der Koalitionspartner da bewegt“, ergänzte Wegner in Richtung SPD. „Ich brauche dazu aber meinen Koalitionspartner“ wiederholte Wegner auf Nachfrage und ergänzte: „Wir müssen zu schnelleren Entscheidungen und kürzeren Fristen kommen. Das Sondervermögen des Bundes ist dafür eine riesige Chance.“

Mitte März waren in Brandenburg Pläne der SPD-geführten Landesregierung öffentlich geworden, denen zufolge Bau-, Liefer- und Dienstleistungen künftig bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100.000 Euro ohne Umsatzsteuer gerechnet ohne Ausschreibung beauftragt werden können. Bislang lag der Höchstbetrag für eine solche freie Vergabe im Nachbarbundesland bei 1000 Euro.

Zum Vergleich: In Berlin können Liefer- und Dienstleistungen aktuell äquivalent zum Bund bis zu einem Volumen von 15.000 Euro (ohne Umsatzsteuer) direkt vergeben werden. Im Baubereich gilt für die freihändige Vergabe aktuell die Obergrenze von 25.000 Euro, bis 15.000 Euro Volumen können Aufträge direkt vergeben werden. Tagesspiegel-Informationen zufolge befürwortet die SPD-geführte Wirtschaftsverwaltung eine Anhebung und hat dafür im April bei der Finanzverwaltung um Unterstürzung gebeten. Passiert ist bislang nichts.

Wunschliste der Wirtschaft ist lang

Zustimmung erntete Wegner vom Berliner IHK-Präsidenten Sebastian Stietzel. „Wir haben hier im Land sehr, sehr innovative Unternehmen und Lösungen. Die müssen aber auch hier zur Anwendung kommen“, erklärte er in Reaktion auf die Forderung Wegners. Neben Brandenburg hätten auch Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg eine entsprechende Flexibilisierung der sogenannten Wertgrenzen angekündigt oder bereits umgesetzt. „In Berlin müssen wir das dringend nachholen“, forderte Stietzel.

Tatsächlich ist die Wunschliste der IHK-Mitgliedsunternehmen an den Berliner Senat aber deutlich länger. Bürokratieabbau, Klärung von Zuständigkeiten, Digitalisierung und Innovationsstärkung waren nur einige Punkte einer langen Wunschliste, die auf der ganztägigen Tagung unter dem Titel „Verwaltung neu denken“ präsentiert wurde. Anlass war der zeitnah angestrebte Beschluss der Verwaltungsreform, die CDU und SPD gemeinsam mit Grünen und Linke noch vor der Sommerpause verabschieden wollen.

Unternehmer sorgen sich um Standort Berlin

Stietzel, der selbst lange Jahre an dem Reformprojekt gearbeitet hatte, legte den Finger in die Wunde. „Bei der Frage der Bürokratieentlastung, innovationsfreundlichen Vergaben und der Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen ist noch sehr viel zu tun. Das muss dann kommen“, forderte er für die Zeit nach Verabschiedung des Gesetzesvorhabens.

Wegner zufolge soll diese am 26. Juni erfolgen. Möglich ist aber auch, dass die Verabschiedung auf den 10. Juli und damit die letzte Plenarsitzung vor der Sommerpause verschoben wird.

Kritik musste sich Wegner auch von anderer Stelle anhören. „Ich mache mir um die Wettbewerbsfähigkeit Berlins Sorgen, die Planbarkeit ist furchtbar geworden“, erklärte Jana Mrowetz, Gründerin des Quartiersentwicklers Gibe Real Estate, der inzwischen in Portugal statt in Berlin baut. „Das Risiko, in Berlin einen Bau zu planen, ist so groß, dass es sich nicht mehr lohnt“, ergänzte Mrowetz und kritisierte „unternehmerfeindliche Gesetze“.

Andreas Dzierzanowski, Geschäftsführer des Sicherheitsunternehmens Global Protect GmbH, kritisierte die fehlende Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen und bürokratische Hürden etwa in Genehmigungsverfahren. Der IT-Unternehmer Peer Heinlein widersprach einer zuvor gemachten Äußerung des Regierenden und sagte: „Dass, wer in Berlin investiert, hier Geld verdienen wird, kann ich nicht bestätigen.“

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