zum Hauptinhalt
Ein Gebäude der Technischen Universität an der Seestraße, aufgenommen vor drei Jahren.

© IMAGO/Maurizio Gambarini

Sanierung von Brücken, Rathäusern, Schulen: Was es kosten würde, Berlin wieder flott zu machen

Arbeitgeber und Finanzwirtschaft haben in einer Studie ausgerechnet, wie hoch der Finanzbedarf für die Modernisierung der Berliner Infrastruktur ist. Tenor: Die Summe könnte der Senat alleine niemals stemmen.

Stand:

Der Berliner Senat steckt jedes Jahr durchschnittlich drei Milliarden Euro in die Sanierung von Schulen, Turnhallen, Schwimmbädern oder den Neubau von Brücken. Viel mehr gibt der Haushalt des hoch verschuldeten Landes auch nicht her. Dennoch reicht diese Summe nicht annähernd, um die marode Infrastruktur wieder auf Vordermann zu bringen.

In den nächsten zehn Jahren müssten eigentlich 108 Milliarden Euro in die maroden Berliner Gebäude, Straßen, Schienen und Energienetze investiert werden. Das haben die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg, Investitionsbank Berlin und der Ostdeutscher Bankenverband in einer Studie ausgerechnet, die am Donnerstag vorgestellt wurde.

„Diese Summe ist nötig, um Straßen, Schienen, Brücken, Schulen, Universitäten, Wasser- und Wärmenetze und vieles mehr in einen zeitgemäßen Zustand zu versetzen und klimagerecht umzubauen“, heißt es in der Pressemitteilung. „Die 108 Milliarden sind eher eine Untergrenze“, sagte UVB-Hauptgeschäftsführer Alexander Schirp. Aus dem Landeshaushalt könnte allenfalls die Hälfte dieser Summe kommen.

Ausgewertet haben die Autoren der Studie Berichte des Rechnungshofes, Anfragen und Vorlagen aus dem Abgeordnetenhaus oder Veröffentlichungen der Landesbetriebe. Der Senat hätte diese Summe also ohne weiteres selber ermitteln können, wollte er aber offenbar nicht.

Viele Schienen und Brücken, wie hier Pappelallee in Prenzlauer Berg, haben ihre Altersgrenze erreicht.

© imago/Sabine Gudath

Das Gros notwendiger Investitionen entfällt laut Studie auf die öffentlichen Gebäude wie Feuerwehren, Polizeiwachen, Schulen und Rathäuser: 48 Milliarden Euro. An zweiter Stelle kommt der öffentliche Nahverkehr, also die Sanierung von Gleisanlagen und die Beschaffung neuer Fahrzeuge: 17 Milliarden Euro. An dritter Stelle steht der Sektor Bildung, vor allem Neubau von Schulen und Kitas mit 13 Milliarden Euro.

Einen Gutteil der Investitionen für ihre Anlagen und Energienetze (elf Milliarden Euro) übernehmen die Landesbetriebe selbst, dafür werden Kredite aufgenommen und Fördertöpfe des Bundes angezapft. Dieser Teil ist relativ unproblematisch, weil sich Wasserbetriebe oder Stadtreinigung über Gebühren refinanzieren und jedes Jahr Gewinne ausweisen. Schwieriger ist die Finanzierung neuer Straßen oder Schulen.

Vorbild: Urban Tech Republic am früheren Flughafen Tegel

Die Verbände schlagen vor, noch mehr als bisher privates Kapital zu mobilisieren und vermehrt Modelle öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP) zu nutzen. Als Beispiel wird die Entwicklung der Urban Tech Republic auf dem ehemaligen Flughafengelände von Tegel genannt, wo sich private Unternehmen in öffentliche Gebäude einmieten. Oder die Kooperation zwischen dem Pharmakonzern Bayer und der Charité beim Bau des Translationszentrums für Gentherapien.

Auch der Neubau des Bundesbildungsministeriums in Berlin, der privat finanziert und umgesetzt wurde, erscheint den Autoren als mögliche Blaupause. Der Vorteil: Die öffentlichen Kosten für Bau und Betrieb werden über einen Zeitraum von 30 Jahren verteilt und das Projekt kann schneller umgesetzt werden. Nachteil: Für den Investor muss eine attraktive Rendite eingeplant werden, was die Gesamtkosten in der Regel erhöht.

Berlin hat da erhebliche Vorzüge, weil die einzelnen Versorger in klare Sparten aufgeteilt sind. Wir als Finanziers wissen genau, was das Geschäftsmodell ist.

Achim Oelgarth, Geschäftsführer Ostdeutscher Bankenverband

Bisher habe Berlin – anders als Brandenburg – nur in Einzelfällen auf solche Modelle gesetzt, sagte Schirp. Dabei sei „viel privates Kapital auf der Suche nach Kapitalanlagen“. Zum Beispiel Versicherungen oder Pensionsfonds. Und, wie der Geschäftsführer des Ostdeutschen Bankenverbands, Achim Oelgarth, ergänzte, die Banken alleine könnten einen solch immensen Investitionsbedarf alleine über Kredite gar nicht decken.

Oelgarth lobte in diesem Zusammenhang die Struktur der Berliner Landesbetriebe, die wegen ihrer klaren Aufgabenverteilung Vorteile etwa gegenüber Städten mit großen Stadtwerken wie München haben. „Berlin als Land und Kommune hat da erhebliche Vorzüge, weil die einzelnen Versorger in klare Sparten aufgeteilt sind. Wir als Finanziers wissen genau, was das Geschäftsmodell ist.“

Stephan Brandt von der Investitionsbank Berlin warb für mehr Modelle von Partnerschaften zwischen verschiedenen öffentlichen Institutionen wie bei der Schulbauoffensive. Die IBB als landeseigene Bank finanziert – auch mithilfe des Kapitalmarkts – den Bau von Schulen, die dann von den Bezirken gemietet werden. Der Vorteil bestehe in geringeren Finanzierungskosten als bei Krediten privater Banken. „Das Land sollte gute Rahmenbedingungen schaffen, damit solche Modelle auch funktionieren.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })