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Das Schumacher-Quartier in einer Planskizze.

© Tegel Projekt GmbH

Exklusiv

Schumacher-Quartier in Berlin-Tegel: Gewobag zieht sich aus nachhaltigem Bauprojekt zurück

Das Neubau-Quartier mit 5000 Wohnungen soll nun von den landeseigenen Gesellschaften Degewo und Gesobau realisiert werden. Woher das nötige Geld kommen soll, bleibt unklar.

Stand:

Die Gewobag ist aus dem Trio der landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) ausgestiegen, das das Schumacher-Quartier in Tegel ursprünglich als richtungsweisendes Neubauprojekt realisieren sollte. Entsprechende Tagesspiegel-Informationen bestätigte auf Anfrage Gewobag-Sprecher Sebastian Schmidt.

Die Errichtung des Quartiers ist wegen der vorgesehenen Holz-Hybrid-Bauweise finanziell und wegen der gebundenen Planungsabteilungen in den LWU auch arbeitsökonomisch herausfordernd. Berlins ehemaliger Bausenator Andreas Geisel (SPD) hatte im Stadtentwicklungsausschuss des Abgeordnetenhauses im Herbst 2022 sogar gesagt, dass dem Land das Geld für die Finanzierung des Schumacher-Quartiers fehle; er hatte die Beteiligung privater Investoren respektive den Verkauf der zu errichtenden Wohnungen ins Spiel gebracht. Diese Vorschläge wurden abgelehnt. Bei der Holz-Hybrid-Bauweise soll es aber bleiben.

5000
Wohnungen sollen in dem Quartier entstehen.

Das Schumacher-Quartier soll mit rund 5000 Wohnungen mehr als 10.000 Menschen ein neues Zuhause bieten. Das 46 Hektar große Areal im Osten des Flughafengeländes Tegel ist als zukunftsweisendes Projekt angelegt, das ökologische und soziale Aspekte miteinander vereinen soll.

Zur Quartiersentwicklung gehören die Holzbauweise, um Ressourcen zu sparen, das Schwammstadt-Prinzip für eine nachhaltige Regenwasserbewirtschaftung, ein autoarmes Mobilitätskonzept, ein Nahwärmenetz zur Wärme-Kälte-Versorgung und ein Konzept zur Förderung von Biodiversität.

Das Schumacher-Quartier in der Simulation: 5000 Wohnungen mit moderner Technik und gleich nebenan viel Raum für Firmen.

© Tegel Projekt/rendertaxi

Gewobag-Sprecher Schmidt sagte nun, es sei richtig, dass sich sein Unternehmen in den vergangenen Jahren zusammen mit den Schwestergesellschaften degewo und Gesobau für das Schumacher-Quartier engagiert habe. „Aufgrund zeitlicher Anpassungen bei weiteren bedeutenden Bauvorhaben unseres Unternehmens, wie den Projekten „Das Neue Gartenfeld“ und „Alte Schäferei“, laufen deren Planungs- und Realisierungsphase nun parallel zum Schumacher-Quartier“, sagte Schmidt.

Deshalb habe sich die Gewobag im Einvernehmen mit allen Beteiligten aus dem Projekt zurückgezogen. Man wolle sich auf die beiden größeren Vorhaben fokussieren, in denen zusammen mehr als 4000 Wohnungen errichtet werden sollen. Die Gewobag hätte in Tegel im ersten Bauabschnitt rund 180 Wohnungen errichten sollen.

Grundstücke sind schon übertragen worden

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen hatte die Demission der Gewobag Ende Januar unerwähnt gelassen. Zu diesem Zeitpunkt vermeldete sie die notarielle Unterzeichnung der Einbringungs- und Realisierungsverträge zwischen dem Land Berlin und der städtischen Wohnungsbaugesellschaft degewo AG. Mit den Verträgen wurde die Übertragung von zwei Baufeldern an die städtische Wohnungsbaugesellschaft geregelt. Ein entsprechendes Vertragswerk mit der Gesobau soll zu einem späteren Zeitpunkt folgen.

100.000 Festmeter Holz müssen die Berliner Forsten im Jahr schlagen, um den Wald klimagerecht umzubauen. Wir bräuchten nur 25.000 davon für den ersten Bauabschnitt im Schumacher Quartier.

Gudrun Sack, seit 2021 Geschäftsführerin der Tegel Projekt GmbH

Die degewo AG soll die ersten beiden Wohnblöcke 12 und 28 mit zirka 320 Wohneinheiten realisieren, während die Gesobau mit einem kurzen zeitlichen Abstand die Blöcke 29 und 30 errichten wird.

Das benötigte Holz soll Kiefer sein und aus den Berliner Forsten stammen, sagte Gudrun Sack, seit 2021 Geschäftsführerin der Tegel Projekt GmbH, dem Tagesspiegel: „100.000 Festmeter müssen die Berliner Forsten im Jahr schlagen, um den Wald klimagerecht umzubauen“, sagte Frau Sack im August 2023. „Wir bräuchten nur 25.000 davon für den ersten Bauabschnitt im Schumacher Quartier.“  Einen verarbeitenden Betrieb können man sich auf dem Gelände vorstellen, sagte Sack, zum Beispiel ein Montagewerk in kleinerem Maßstab. 

Ein Plattenbauwerk oder eine Bauhütte sollen zur industriellen Fertigung der Holzbauten auf dem ehemaligen Flughafen nicht errichtet werden, heißt es bei der Tegel Projekt GmbH. „Wir haben uns schon vor einiger Zeit von dem Plan verabschiedet, hier auf dem Standort eine Produktionsstätte für Holzbau zu errichten, da die notwendige Infrastruktur in der Metropolregion Berlin-Brandenburg bereits vorhanden ist“, sagte Sack. „Allein im Jahr 2024 haben sich dort drei große Betriebe angesiedelt. Auch aus Klimaschutzgründen macht es viel mehr Sinn die Produktionsstätten nah am Wald zu halten. So kann man lange Transportwege meiden und die CO₂-Bilanz gering halten.“

Die Anfrage des Tagesspiegels, welche zusätzlichen Mittel aufgenommen werden müssen, um die Wohnungen zu realisieren, ließ die Gesobau unbeantwortet. Zurzeit gibt es noch keine konkreten Entwürfe zur Kubatur und Gestaltung der Gebäude; auch die Frage, ob und welche Gewerbeeinheiten von der Gesobau im Schumacher-Quartier errichtet werden, ist der aktuellen Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen auf eine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Katrin Schmidberger zufolge offen.

Der Baustart für das Quartier ist für August 2026 vorgesehen. Die ersten Wohnungen können voraussichtlich Mitte 2028 bezogen werden, teilte die Senatsbauverwaltung am 30. Januar mit.

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