zum Hauptinhalt
Die schnelle Einbürgerungsperspektive ist ein Vorteil im Wettbewerb um internationale Arbeitskräfte, sagt die Integrationsbeauftragte Katarina Niewiedzial.

© picture alliance/Zoonar/Channel Partners

Berlins Integrationsbeauftragte Niewiedzial: „Einbürgerung ist der Königsweg für Teilhabe und Integration“

Auch Berlin will die Einbürgerungszahlen deutlich erhöhen. Die Integrationsbeauftragte nennt die geplanten Reformen „überfällig“ – und widerspricht Kritikern.

Katarina Niewiedzial
Ein Kommentar von Katarina Niewiedzial

Stand:

Die Bundesregierung und das Land Berlin wollen Einbürgerungen erleichtern. Ich finde, die geplanten Reformen sind überfällig. Denn wer den deutschen Pass besitzt, fühlt sich unserer Gesellschaft besonders zugehörig. Außerdem ist die schnelle Einbürgerungsperspektive ein Vorteil im Wettbewerb um internationale Arbeitskräfte.

Dass Abgeordnete aus der Opposition die Pläne zum Teil heftig kritisieren, ist legitim. Nicht legitim ist, wenn einzelne Politiker*innen dabei falsche Informationen verbreiten. Das Thema ist hochsensibel. Wir müssen darüber auf der Basis von Fakten diskutieren.

Ein Vorwurf lautet, der Staat würde die Staatsbürgerschaft in Zukunft „verramschen“. Sie werde zu schnell und zu einfach vergeben – ein falscher Anreiz für Zuwanderung.

Deutschland könnte zu Schweden und Portugal aufschließen

Richtig ist: In vielen anderen Einwanderungsländern sind die Regeln heute wesentlich großzügiger als in Deutschland. In den USA, Frankreich, Schweden oder in den Niederlanden können Migrantinnen und Migranten den Pass nach fünf Jahren beantragen. In Australien oder Irland ist dies bereits nach vier Jahren möglich, in Kanada und Polen sogar schon nach drei.

Kein Wunder, dass bei uns bisher weniger Menschen eingebürgert werden als in europäischen Nachbarländern. In Schweden erhalten jedes Jahr 8,6 Prozent aller Eingewanderten einen schwedischen Pass, in Portugal sind es 5,8 Prozent und in den Niederlanden 4,5 Prozent. Hierzulande betrug diese sogenannte Einbürgerungsquote in den vergangenen Jahren nur zwischen ein und zwei Prozent. Mit den neuen Regeln könnte Deutschland als Migrationsgesellschaft zu diesen Ländern aufschließen.

Ebenso falsch ist die Behauptung, fortan würde auf Sprachnachweise für die Einbürgerung verzichtet. In Wirklichkeit werden diese weiterhin notwendig sein. Lediglich für die Generation der sogenannten „Gastarbeiter*innen“ wird eine Ausnahme gemacht. Ab einem Alter von 67 Jahren soll eine Einschätzung der mündlichen Sprachkenntnisse ausreichen. Damit erkennen wir die Lebensleistung von Menschen an, die seit Jahrzehnten hier leben, die hart gearbeitet haben – und die nie die Möglichkeit hatten, einen staatlichen Sprachkurs zu besuchen. Diese wurden erst mit dem Zuwanderungsgesetz 2005 eingeführt.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Mehrstaatlichkeit allgemein. Sie führe zu Loyalitätskonflikten. Dabei behalten schon heute 69 Prozent der Eingebürgerten auch ihre ursprüngliche Staatsangehörigkeit. Beispielsweise müssen weder EU-Bürger*innen noch US-Bürger*innen ihren ersten Pass abgeben. Hinzu kommt, dass einige Länder wie Algerien, Iran oder Mexiko gar nicht ausbürgern.

Ob mit altem Pass oder ohne: Eingebürgerte Menschen fühlen sich Deutschland stärker zugehörig. Zum einen, weil sie wählen und für politische Ämter kandidieren dürfen. Zum anderen schafft die Staatsbürgerschaft aber auch eine zusätzliche mentale Verbindung mit Deutschland. Die Einbürgerung ist der Königsweg – für politische Teilhabe und gesellschaftliche Integration.

In Deutschland leben rund elf Millionen Menschen ohne deutschen Pass. In Berlin sind es 800.000 Personen – mehr als jeder fünfte Einwohner*in. Für unsere Demokratie ist das ein Problem. Wenn so viele Menschen nicht an der politischen Willensbildung teilnehmen können, sinkt nicht nur die Qualität, sondern auch die Akzeptanz politischer Mehrheitsentscheidungen. Eine demokratische Gesellschaft hält nur zusammen, wenn möglichst viele mitgestalten können und alle sich repräsentiert fühlen. Eine schnelle Einbürgerung ist deshalb auch das starke Signal des Staates: Ihr gehört dazu und sollt mitentscheiden!

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })