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Berlins Senatschef Wegner verurteilt „feige Tat“: Angriff auf Leiter der deutsch-arabischen Schule in Neukölln – Staatsschutz ermittelt
Er kritisiert militante Islamisten und schützt Mädchen vor Kopftuchzwang – am Freitag wurde ein Neuköllner Schulleiter attackiert. Der Regierende Bürgermeister reagiert.
Stand:
Der Leiter der deutsch-arabischen Schule in Berlin-Neukölln, Hudhaifa Al-Mashhadani, ist am Freitag attackiert worden. Eigenen Angaben zufolge wurde der Pädagoge am U-Bahnhof Rathaus Neukölln vormittags von einem Mann angegriffen. Ein Unbekannter habe ihn dabei womöglich sogar vor einen einfahrenden Zug stoßen wollen, sagte der Schulleiter dem Tagesspiegel. Er habe den Fall angezeigt.
Al-Mashhadani, der auch Generalsekretär des Deutsch-Arabischen Rates ist, schrieb an die Polizei: „Als die U-Bahn einfuhr und ich im Begriff war, in den vorderen Wagen einzusteigen – jener, der sich unmittelbar beim Fahrer befindet –, wurde ich plötzlich und völlig unerwartet von hinten mehrfach heftig gestoßen, als wolle mich jemand vor den Zug schubsen.“

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Weiter heißt es, der Mann habe „bedrohliche Handzeichen“ gemacht. Al-Mashhadani sagte, er gehe davon aus, kein Zufallsopfer geworden zu sein. Vielmehr glaube er, dass ihn der Angreifer erkannt habe. Nach der Tat habe er im Freundes- und Bekanntenkreis über den Angreifer gesprochen, es gebe eine Personenbeschreibung und inzwischen auch Hinweise auf dessen Identität.
Ein Sprecher der Berliner Polizei bestätigte dem Tagesspiegel am Sonnabend auf Nachfrage, dass Al-Mashhadani Anzeige erstattet hat. Demnach sagte Al-Mashhadani gegenüber der Behörde aus, er sei gegen 11.13 Uhr, nach Einfahrt des Zuges, im U-Bahnhof Rathaus Neukölln mehrfach heftig von hinten gestoßen worden. Anschließend habe ihm der Mann mit dem Tod gedroht. Verletzungen habe Al-Mashhadani nicht erlitten, jedoch über Schmerzen geklagt.
Staatsschutz der Berliner Polizei ermittelt
Die Personenbeschreibung des mutmaßlichen Täters liege der Polizei vor. Erkenntnisse über die Personalien des Mannes habe man bislang jedoch nicht erlangt, sagte der Sprecher weiter.
In einer Mitteilung der deutsch-arabischen Schule werden die optischen Merkmale des Angreifers wie folgt beschrieben: „männlich, europäisches Erscheinungsbild, etwa 176 cm groß, schwarzes Haar, schwarzer Schnurrbart, langer schwarzer Mantel, rote palästinensische Kufiya um den Hals, Brillenträger“.
Die Polizei werte derzeit Videoaufnahmen aus dem U-Bahnhof aus und suche nach möglichen Zeugen des Vorfalls, teilte der Behördensprecher weiter mit. Die Ermittlungen leitet der Polizeiliche Staatsschutz, der für politisch motivierte Straftaten zuständig ist.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) verurteilte noch am Freitagabend „diese feige Tat“. Wegners Solidarität gelte Al-Mashhadani, der sich für Dialog und Verständigung einsetze: „Berlin gehört denen, die Brücken bauen – nicht denen, die Hass verbreiten.“
Die Kurdische Gemeinde Deutschland bezeichnete den Angriff in einem Beitrag auf der Plattform X ebenfalls als „feige“ und „abscheulich“. „Die volle Solidarität der Kurdischen Gemeinde Deutschland gilt Prof. Al-Mashhadani. Er ist nicht allein. Wir stehen an seiner Seite gegen die Feinde unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, hieß es in der Mitteilung.
Al-Mashhadani kritisiert islamistische Netzwerke
Hudhaifa Al-Mashhadani gilt als Kritiker islamistischer Netzwerke. Der Schulleiter setzt sich für einen arabisch-israelischen Austausch ein und wurde von Sympathisanten der klerikalfaschistischen Hamas bedroht.
„Der Vorfall macht erneut deutlich, dass die akademische, gesellschaftliche und aufklärerische Arbeit von Prof. Dr. Al-Mashhadani – insbesondere sein Engagement gegen Extremismus, seine Präventionsarbeit, sein Einsatz für interkulturellen Dialog und seine klare Haltung gegen Radikalisierung – nicht im Interesse extremistischer und antidemokratischer Milieus liegt“, teilte die deutsch-arabische Sprachschule „Ibn Khaldun“ mit. „Politisch-islamistische Netzwerke“ und „radikal-linke“ Akteure versuchten zunehmen, demokratische Stimmen einzuschüchtern.
Seit Monaten steht die Sprachschule unter Polizeischutz. In diesem Jahr kamen neue Schülerinnen in die säkulare Einrichtung, die über einen Kopftuchzwang in ihren bisherigen Moscheegemeinden berichteten. Insgesamt hat sich die Sicherheitslage seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 und dem darauf folgenden Krieg im Gaza-Streifen in Neukölln verschärft.
Die Neuköllner Sprachschule wurde 1974 gegründet und ist nach dem tunesischen Gelehrten Ibn Khaldun benannt, der als Vater der modernen Soziologie in der arabisch-islamischen Welt gilt. Das Lehrkonzept ist eines der wenigen säkularen in Neukölln, oft wird im Bezirk Arabisch-Unterricht vor allem in Moscheen angeboten
Enges Verhältnis zu Bezirksbürgermeister Hikel
Zu Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) pflegt die Schule ein gutes Verhältnis. Auch Hikel wurde wegen seiner Haltung gegen namhafte Clans und Islamisten diverser Couleur angefeindet. Vergangenes Wochenende erklärte der SPD-Politiker, zur Wahl 2026 nicht mehr für das Amt des Bürgermeisters kandidieren zu wollen.
Hikel begründete dies mit dem aus seiner Sicht zu schlechten Ergebnis auf der zuständigen SPD-Versammlung: Nur 68,5 Prozent der Delegierten wählten ihn am vergangenen Sonnabend zum örtlichen Spitzenkandidaten. Zuvor war er aus der eigenen Partei heraus kritisiert worden, weil er „antimuslimischen Rassismus“ nicht ernst genug genommen haben soll und sich zu häufig bei Verbundeinsätzen gegen Clankriminalität zeige.
Nach Hikels Rückzug kritisierte auch Al-Mashhadani die Neuköllner SPD. Diese versuche, Hikel zu isolieren. In der lokalen SPD gebe es „gewisse parteiinterne Gruppen“, die „Sympathien für Positionen zeigen, die Hamas-nahe oder radikal-islamische Ideologien nicht klar genug ablehnen“.
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