
© André Görke
80 Jahre Kriegsende in Spandau: Geschichtsabende, Stolpersteine, Spaziergänge, Paris-Reise
Zeitzeugen, Jugendfußballturniere, Dorf-Spaziergänge, spannende Ausstellungen und noch viel mehr. Und Spandaus Bürgermeister reist in die Partnerstadt nach Paris.
Stand:
80 Jahre Kriegsende in Berlin-Spandau: An vielen Orten wird in den kommenden Tagen erinnert, mit Kranzniederlegungen, Lesungen, Ausstellungen, aber auch Jugendfußballturnieren und Dorfspaziergängen. Hier eine kleine Auswahl für Spandau - und ganz oben ein Bild aus dem Jahr 1944, als Spandaus Wahrzeichen, die Altstadtkirche St. Nikolai, in Flammen stand. Mehr dazu weiter unter.
1 Spandaus Bürgermeister zur Kranzniederlegung in Paris
Seit 1959 pflegt Spandau mit Asnières-sur-Seine eine Partnerschaft. Die Stadt hat 90.000 Einwohner und liegt nur vier Kilometer Luftlinie vom Eiffelturm an der Pariser Seine. Vor Ort gibt’s eine „Allée de Berlin Spandau“, die zu einer Schule führt. Auf den Steinen am Rand steht dort: „Wie heißt du?“ Oder: „Guten Tag“.

© dpa/Aurelien Morissard
Am 8. Mai wird Bürgermeister Frank Bewig, CDU, nach Paris reisen, um in Spandaus Partnerstadt am Kriegsdenkmal einen Kranz niederzulegen.
2 Bürgermeister lädt ins Rathaus ein

© André Görke
Auch im Rathaus Spandau wird an das Kriegsende erinnert - und zwar im „Bürgersaal“. Für die Veranstaltung muss man sich allerdings bis zum 9. Mai anmelden. Spandaus Bürgermeister Frank Bewig, CDU, hat dann am 13. Mai, 17-19 Uhr interessante Gäste im Haus: u.a. Doris Müller-Toovey vom Luftwaffenmuseum am Flugplatz Gatow oder auch Karl-Heinz Bannasch (viele Jahre Chef des Vereins „Heimatkundliche Vereinigung Spandau 1954“). Dazu wird ein Zeitzeugenbericht von Wolfgang Hofmann zu hören sein.
„Gerade in Zeiten, in denen Frieden und Demokratie keine Selbstverständlichkeit mehr sind, muss Spandau als Teil dieser historischen Erfahrung auch ein Ort des Lernens, der Aufarbeitung und des Zusammenhalts bleiben“, sagt Bürgermeister Bewig.
3 Hitler-Büste auf der Zitadelle

© André Görke
Kaum jemand kennt sich so gut mit Geschichte aus wie Urte Evert („Der Abriss des Kriegsverbrechergefängnisses war ein Fehler“). Sie ist Militärhistorikerin, Museumschefin der Zitadelle und versteckt umstrittene Nazi-Kunst nicht verschämt im Keller, sondern stellt sie kommentiert aus. Evert lädt am 6. Mai, 16 Uhr, zur Führung ins Schaudepot der Zitadelle: „Wenn Hitler aus dem Erdreich kommt – Führung zu ehemals vergrabenen Büsten und Denkmälern.“
4 Geschichtsspaziergang: Nazis und Nervengas in der Zitadelle

© André Görke
Die Zitadelle - das Wahrzeichen Spandaus - hat selbst eine düstere Vergangenheit. Zwischen 1935 und 1945 beherbergte die Festung neben der Altstadt die „Heeresgasschutzlaboratorien“. „Sie dienten der Entwicklung von Gasschutzausrüstungen und vor allem der Erforschung neuartiger Nervengase wie Tabun, Sarin und Soman für Kriegszwecke“, berichtet die Zitadelle und lädt am 10. Mai, 12 Uhr, zu einem lehrreichen Geschichtsspaziergang. Treffpunkt ist das Torhaus.
5 Stolpersteine putzen

© André Görke
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Spandau lädt zum Putzen von Stolpersteinputzen ein. Wo in diesem Jahr? In der Spandauer Neustadt, Roonstraße 16, gleich neben dem Freiherr-vom-Stein-Gymnasium nahe dem Falkenseer Platz. „Nora Richter sowie Lorin Deniz von den Jugendgeschichtswerkstatt Spandau und ich werden die Geschichten der Familien Jonas und Weiss, von Erich Meier und den Ehepaaren Goldberg und Hannes erzählen.“ Das teilt Gudrun O’Daniel-Elmen mit. Sie ist die engagierte Erinnerungsbeauftragte der Spandauer Kirche. Wann? 10. Mai, 11 Uhr.
6 Geschichtstour: „Juden in Kladow“

© André Görke
Auch in den Ortsteilen möchten Vereine an ihre Nachbarn und ihre Geschichte erinnern - zum Beispiel das „Kladower Forum“ (300 Leute, gegründet 1985). Die „Werkstatt Geschichte“ um Peter Streubel lädt zu ihrer nächsten Dorfgeschichtlichen Wanderung am Sonnabend, 10. Mai. Der Titel diesmal: „Juden in Kladow“. Die Route führt vom Fraenkel-Garten am Havelufer quer durch den Ortskern. So sind beispielsweise an Wolf Wertheim, Karl Kutschera und zwei Judenretter erinnert. Am Sakrower Kirchweg sind zwei Stolpersteine in den Fußweg eingelassen, die an Familie Schloss erinnert. Diese war vor den Nazis aus der Stadt nach Kladow geflohen, lebte anfangs in Ruhe am Stadtrand, musste dann aber auch dort das Haus den Nazis überlassen - und wurde 1942 im KZ in Riga ermordet.
Die Nazis waren in Kladow sehr präsent: mit ihrem Flugplatz, ihrer „Reichsakademie für Luftfahrt“ (heute Krankenhaus Havelhöhe), vielen Neubausiedlungen und auch der 1935 errichteten Kaserne Hottengrund. www.kladower-forum.de.
7 Neues Jugendfußballturnier gegen Rassismus

© André Görke
Auch Sportvereine möchten Haltung zeigen - wie zum Beispiel in Staaken am Brunsbütteler Damm: „Gemeinsam gegen Rassismus und Antisemitismus“. Das ist das Motto eines Jugendturniers für Fußballer unter 13 Jahren, das von den Spandauer Kickers und dem SC Gatow ausgerichtet wird. Erwartet werden am 8. Mai auch Jugendmannschaften von Hertha BSC, Union oder Makkabi. „Das in Zukunft jährlich stattfindende Turnier ist Teil eines umfassenden Projekts, das Kinder und Jugendliche über das ganze Jahr hinweg für demokratische Werte sensibilisiert“, heißt es in der Ankündigung. Geplant seien u.a. Gedenkstättenbesuche und Workshops mit bekannten Einrichtungen wie dem Anne Frank Zentrum. Eröffnet wird das Turnier durch den Chef des Landessportbundes.
8 Andacht in Spandaus berühmtester Kirche

© André Görke
Sie ist Spandaus bekannteste Kirche: St. Nikolai in der Altstadt. Dort wird am 8. Mai, 12 Uhr, die zentrale Andacht der evangelischen Kirche stattfinden, u.a. mit Spandaus Kirchenchef Florian Kunz. Der Titel: „Andacht zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus und Ende des Zweiten Weltkrieges“.
Lohnenswert ist auch ein Besuch des Spandau-Museums auf der Zitadelle, wo im Obergeschoss ein Bild von St. Nikolai im Krieg hängt: der Kirchturm in Flammen, Spandau zerstört. Erst 1989 bekam die Kirche ihre heutige Turmspitze zurück.
9 Neue Ausstellung „Spandau Prison“

© promo/Museum/Royal Air Force
Wann beginnt eigentlich die angekündigte Ausstellung zum Kriegsverbrechergefängnis, das einst in Spandau stand und dann 1987 abgerissen worden ist? Auch dazu gibt es jetzt mehr Details: Die Ausstellung „Spandau Prison – 1877 bis 1987“ läuft vom 15. August bis Mai 2026 im Zeughaus Zitadelle. Der Fokus liegt auf den Jahren 1933-1945. In dem Gefängnis an der Wilhelmstraße Ecke Gatower Straße saß Rudolf Heß bis 1987 ein.
Aber warum wird diese Ausstellung nun schon ab Mai gezeigt? „Anfang Mai war zwar der Krieg in Spandau beendet und am 8. Mai dann auch in ganz Berlin, aber der Zweite Weltkrieg endete erst im August“, hat Museumschefin Urte Evert mal im Tagesspiegel erklärt.
10 Erinnern an Wladimir Gall und die Rote Armee
Apropos Zitadelle: Die Geschichte ist eng verbunden mit dem Rotarmisten Wladimir Gall, der 1945 ein Blutbad verhindert haben soll.
Er soll die verschanzten Nazis im Innern der Festung zur Aufgabe überredet haben, weshalb der Weg rund um die Zitadelle seinen Namen trägt. Dort will u.a. das Spandauer Bündnis gegen Rechts am 7. Mai, 18.30 Uhr, an Gall und die Rote Armee erinnern. „Uns Deutschen die Befreiung zu bringen, war nur durch entschlossenes Handeln der Roten Armee möglich“, heißt es in der Einladung

© André Görke
11 Gedenken auf Berlins größtem Friedhof
In Kooperation mit dem „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ wird Stadtrat Thorsten Schatz, CDU, am 8. Mai, 14 Uhr, auf dem Friedhof In den Kisseln einen Kranz ablegen.

© Doris Spiekermann-Klaas TSP
12 Poesie auf dem jüdischen Kulturschiff zum Kriegsende
Seit 1995 existiert der Mascha–Kaléko-Weg am Gutspark Neukladow. Die Künstlerin war 1938 vor den Nazis in die USA geflohen und siedelte später nach Jerusalem über. Vor 50 Jahren starb die Schriftstellerin, die in ihren Werken von Kladow schwärmte und dort womöglich ein Wochenendhäuschen hatte. Am 9. Mai, 19.30 Uhr, erzählt Judith Kessler ihre Geschichte auf dem jüdischen Kulturschiff in Spandau (neben der Dischingerbrücke am Rathaus). Es werde „eine Reise durch Leben und Poesie der Lyrikerin“, begleitet von Piano-Musik. 25 Euro.

© André Görke/TSP
13 Spandaus Kriegsende in Fotos
Noch ein Ausstellungstipp für den Sommer: Ab 18. August ist im „Gotisches Haus“ (mitten in der Altstadt gelegen) die neue Ausstellung „80 Jahre Kriegsende im Foto – Spandauer Bunkeranlagen“ zu sehen. „Eine Fotoausstellung zur Veränderung der Stadtansicht durch den Zweiten Weltkrieg mit Fokus auf Schutzräume“, heißt es in der Ausstellung.
Mehr aus Spandau lesen Sie in unserem Bezirksnewsletter, der zu unserem digitalen Angebot Tagesspiegel Plus (T+) gehört – wie auch die Newsletter-Ausgaben aus den anderen elf Berliner Bezirken. Bestellbar unter diesem Link hier.
- CDU
- Hertha BSC
- hier im Tagesspiegel
- Jugend
- Kunst in Berlin
- Nationalsozialismus
- Schule
- Stolpersteine
- Zweiter Weltkrieg und Kriegsende
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: