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Sarah Nagel

© Linke Neukölln

Streit um Bericht zu Rechtsextremismus in Neukölln: CDU scheitert mit Missbilligungsantrag gegen Linken-Stadträtin

Die Neuköllner CDU kritisierte einen zurückgezogenen Bericht der Jugendstadträtin als „methodisch mangelhaft“. SPD, Grüne und Linke kontern mit Vorwürfen gegen die CDU.

Stand:

Die CDU ist mit einem Missbilligungsantrag gegen die Neuköllner Jugendstadträtin Sarah Nagel (Linke) gescheitert. Am Mittwoch stimmte eine Mehrheit aus SPD, Linken und Grünen gegen den Antrag. Lediglich die AfD sprang der CDU bei – wohl nicht ganz uneigennützig.

Nagel, die in Personalunion auch Beauftragte gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist, hatte Mitte März den ersten Bericht über Rechtsextremismus im Bezirk vorgestellt. Nur wenige Tage später nahm das Bezirksamt den Bericht wieder von der Webseite. Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) verwies auf Tagesspiegel-Anfrage auf „offene rechtliche Fragen“.

Tatsächlich hatte die CDU gegen den Bericht protestiert: Offenbar hatte Nagel den Bericht, anders als üblich, nicht dem übrigen Bezirksamt vor Veröffentlichung vorgelegt und damit anscheinend insbesondere ihre CDU-Kollegen im Amt, den Sozialstadtrat Hannes Rehfeldt und Ordnungsstadtrat Gerrit Kringel, düpiert.

CDU sieht „methodische Mängel“ und „Stigmatisierung“ des Neuköllner Südens

Die CDU forderte daraufhin eine Missbilligung Nagels: Der Bericht weise „methodische Mängel“ auf, würde unter anderem die Abschaffung der Sicherheitsbehörden fordern und den Neuköllner Süden „pauschal stigmatisieren“, sagte der stellvertretende Kreisvorsitzende Christopher Förster dem Tagesspiegel. Auch, dass die AfD gegen den Bericht klagen und einen möglichen Rechtsstreit verursachen könnte, soll nach Tagesspiegel-Informationen eine Rolle gespielt haben. Die Partei, die zwischenzeitlich vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft wurde, wird in dem Bericht mehrfach erwähnt.

In einer Sondersitzung der Bezirksverordnetenversammlung – der ersten in der aktuellen Legislaturperiode – wollte die CDU über einen entsprechenden Missbilligungsantrag abstimmen. Zu Beginn der Diskussion erklärte Bezirksbürgermeister Hikel, dass die Bezirksaufsicht keine Ansätze für Rechtsverstöße erkenne.

Insofern liegt hier ein Grenzfall vor, weil in dem Bericht zwar deutlich wird, dass es sich um Zitate handelt, eine klarstellende Abgrenzung aus Gründen der Neutralität aber sachgerecht wäre.

Martin Hikel, Bezirksbürgermeister, zitiert aus einem Bericht der Bezirksaufsicht

Die kritisierten Passagen seien klar als Zitate von Initiativen und Nichtregierungsorganisationen gekennzeichnet. Einzig, dass der Bericht sich nicht ausdrücklich von den Aussagen der Zitate distanziere, sei womöglich problematisch. Hikel sprach von einem „Grenzfall“, da aus Sicht der Bezirksaufsicht „eine klarstellende Abgrenzung aus Gründen der Neutralität sachgerecht wäre.“

Die CDU hielt dennoch an ihrer ablehnenden Haltung fest. Der Verordnete Markus Oegel sprach davon, dass ein „derartiger Schaden für den Bezirk entstanden“ sei, dass „die BVV aus unserer Sicht reagieren muss“.

Grüne, Linke und SPD kritisieren die CDU

Cordula Klein (SPD) hingegen sprach von einer „breiten und differenzierten Darstellung des Rechtsextremismus im Bezirk.“ Zwar sei der Ablauf vor der Veröffentlichung tatsächlich nicht optimal gewesen. Vielmehr versuche die CDU, einen Bericht zum Thema Rechtsextremismus grundsätzlich zu verhindern.

Ähnlich äußerte sich auch Samira Tanana (Grüne): Die CDU versuche, „einen unbequemen Bericht politisch zu delegitimieren.“ Carla Aßmann von den Linken erklärte: „Man fragt sich schon: Wen will die CDU hier eigentlich schützen? Die Opfer von rechtsextremen Angriffen oder die rechtsextremen Täter?“

Dies wiesen mehrere Verordnete der CDU zurück und betonten vielmehr ihre ablehnende Haltung gegenüber Rechtsextremisten im Allgemeinen und der AfD im Besonderen.

Verordnete der als gesichert rechtsextrem geltenden AfD verglichen den Bericht mit Stasi-Methoden, schwadronierten über linksextreme Verschwörungen und sahen sich selbst als Opfer einer Verleumdungskampagne.

Am Ende stimmten CDU und AfD für die Missbilligung Nagels, erreichten damit aber nicht die Mehrheit. Ein weiterer Antrag von Linken und Grünen, der eine Überarbeitung des Berichts forderte, scheiterte ebenfalls. Daher blieb nun unklar, wann und in welcher Form beziehungsweise ob der Bericht überhaupt wieder veröffentlicht wird.

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