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Menschen stehen vor dem Berliner Landesamt für Einwanderung.

© dpa/Britta Pedersen

Hilfe für Erdbeben-Opfer: Bald mehr Visa-Termine im Berliner Einwanderungsamt

Betroffene kritisieren die bürokratischen Hürden für Visa. Berlin will zumindest in einem Fall für Beschleunigung sorgen.

Ihren Liebsten helfen und sie schnell in Sicherheit bringen – das ist das drängende Anliegen vieler Berlinerinnen und Berliner, deren Familienangehörige vom verheerenden Erbeben im syrisch-türkischen Grenzgebiet betroffen sind. Doch so einfach, wie es anfänglich klang, ist es nicht.

Um schnell an ein Visum für Verwandte ersten oder zweiten Grades zu kommen, müssen Berliner eine Verpflichtungserklärung beim Landesamt für Einwanderung (LEA) abgeben. Mit dieser Erklärung verpflichten sie sich dazu, alle anfallenden Kosten ihrer Verwandten für die Dauer ihres Deutschlandaufenthalts zu übernehmen. 100 vom Einwanderungsamt freigeschaltete Zusatztermine waren in dieser Woche innerhalb kürzester Zeit vergeben.

Ziel ist, ab nächster oder spätestens übernächster Woche 500 bis 600 Termine pro Woche anzubieten.

Engelhard Mazanke, Direktor des Landesamts für Einwanderung

Das LEA will das Verfahren nun beschleunigen. Am Freitagabend wurde auf der Homepage des Amts ein Kontaktformular freigeschaltet, auf der sich ausschließlich Verwandte türkischer Staatsbürger, die vom Erdbeben betroffen sind, für einen Termin anmelden können. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat nach Angaben des LEA 13 Nachwuchskräfte abgeordnet, die ab Anfang März bei der Bearbeitung der Erklärungen unterstützen sollen. „Ziel ist, ab nächster oder spätestens übernächster Woche 500 bis 600 Termine pro Woche anzubieten“, sagte Engelhard Mazanke, der Direktor des LEA, dem Tagesspiegel.

Hürden für Visa

Hintergrund sind die Erleichterungen zur Visa-Vergabe für vom Erdbeben Betroffene, die die Bundesregierung beschlossen hat. Auch wenn die Visavergabe vereinfacht wurde, so müssen Betroffene eine Vielzahl von Bedingungen erfüllen. Ein Verwandter ersten oder zweiten Grades in Deutschland muss für sie bürgen – und die Verpflichtungserklärung ausfüllen. Allerdings kann diese Erklärung nicht jeder ausstellen: Nur Menschen, die etwa die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen oder einen Aufenthaltstitel nach dem Aufenthalts- oder dem Freizügigkeitsgesetz haben, können ihre Verwandten einladen. Auch ein ausreichendes Einkommen ist eine Voraussetzung.

Viele wissen das offenbar nicht: „Wir stellen im Moment nicht nur fest, dass die Not groß ist, sondern auch, dass viele Menschen vergeblich Verwandte einladen wollen“, sagte Lea-Chef Mazanke. Das Einwanderungsamt hat deswegen am Freitagabend eine ausführliche Auflistung der relevanten Informationen auf seine Homepage gestellt.

Die Berliner Landesregierung hatte Solidarität und konkrete Unterstützung für die Menschen kurz nach dem Unglück angekündigt. Am Dienstag bekräftigte Integrationssenatorin Katja Kipping (Linke) diese Haltung. „Berlin nutzt alle Möglichkeiten, die das Bundesaufenthaltsrecht uns gibt“, sagte Kipping. Die Möglichkeiten seien allerdings begrenzt.

Kritik an Voraussetzungen

Zu begrenzt – so sehen es viele Menschen, die unmittelbar von der Katastrophe betroffen sind. So kritisiert etwa Ayşe Demir, Vorstandssprecherin des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg, dass nur Verwandte ersten oder zweiten Grades nach Deutschland geholt werden können. Der Begriff Familie sei in bestimmten Kulturkreisen ein anderer. „Auch mein Onkel und meine Tante sind für mich Familie“, sagt Demir. Es sei zudem eine „unfaire Praxis“, dass Menschen mit einer befristeten Aufenthaltsgenehmigung, die aber ein gutes Einkommen hätten, niemanden herholen können.

Ähnlich sieht es auch Ali Ertan Toprak, Vorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschlands. „Wir haben die Visaerleichterungen begrüßt, aber die Kriterien sind für viele der Betroffenen zu hoch – sowohl hier als auch in der Türkei“, sagt er. Er fordert auch ein Visum für sechs statt nur für drei Monate. „Bis man die bürokratischen Punkte erledigt hat, ist schon ein Monat vorbei.“

Wie viele der 528 deutschen Visa, die bislang für Erdbebenopfer ausgestellt wurden, an Menschen mit Berliner Verwandten gingen, ist unklar. Das Auswärtige Amt erfasst nicht, wohin die Personen ziehen. Auch die Berliner Innenverwaltung konnte keine Angaben dazu machen.

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