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Vereister Radweg am Rande Berlins.

© Stefan Jacobs

Update

110 Glätteopfer im Unfallkrankenhaus Berlin: Tage nach dem Wintereinbruch sind noch immer viele Rad- und Gehwege vereist

Dicke Eisschichten bedecken vielerorts den Boden. Das ärgert Radfahrer und gefährdet auch Fußgänger. Allein im UKB wurden über 100 Menschen innerhalb von fünf Tagen behandelt.

Stand:

Eiskalte Temperaturen und der Schnee der vergangenen Tage haben in Berlin vielerorts dicke Eisschichten auf Geh- und Radwegen zur Folge. Während der Winterdienst auf den Gehwegen von Anliegerinnen und Anliegern übernommen werden muss, ist die BSR unter anderem für Fahrbahnen mit Radfahrstreifen, Radwege und bestimmte Plätze und Fußgängerzonen verantwortlich.

Nach Angaben von Karl Grünberg vom ADFC sind insbesondere die Übergänge zwischen Straßen und Radwegen „total gefährlich“. Dort würden Schnee und Eisreste bei der Räumung der BSR liegen bleiben und zu Unfallgefahren führen.

Mitte Januar starb ein Radfahrer nach einem Sturz auf der Prenzlauer Promenade in Pankow. Ein Polizeisprecher hatte mitgeteilt, dass auf dem Übergang von Straße zu Rad- und Gehweg Eis und Schnee lag. Der 56-Jährige ist der erste tödlich verunglückte Radfahrer in diesem Jahr.

Vereister Rad- und Gehweg auf der Karl-Marx-Allee.

© Lionel Kreglinger

Eine weitere Gefahr bestehe darin, dass das Berliner Radwegenetz einem Flickenteppich gleiche, sagte Grünberg. Zwar bemühe sich die BSR, aber trotzdem gebe es Straßen, die nicht geräumt seien. So folgen immer wieder schlecht geräumte Straßen auf gut geräumte Straßen. Um in diesem Wechselspiel der Bedingungen sicher zu fahren, müssten Radfahrerinnen und Radfahrer „total aufpassen“.

Verkehrssicherheit versus Naturschutz

Im BSR Winterdienst seien rund 2300 Beschäftige mit 540 Räum- und Streufahrzeugen beschäftigt, teilte die BSR im November letzten Jahres mit. Dabei hätten die 260 Kilometer der Stadtautobahnen und Bundesfernstraßen oberste Priorität. Dort würden der Schnee geräumt und Auftaumitteln gestreut.

In der Priorisierung folgen 3600 Kilometer Hauptverkehrsstraßen und Straßen mit öffentlichem Personennahverkehr. Auch Fahrradstraßen zählten zu dieser Kategorie, sagte BSR-Sprecher Sebastian Harnisch. Dort würden die Straßen inklusive der darauf befindlichen Radfahrstreifen mit herkömmlichen Winterdienstfahrzeugen geräumt und mit Feuchtsalz gestreut. Hierbei sei allerdings zu beachten, dass der Auftauprozess auf den Radwegen langsamer erfolge, weil sie weniger intensiv genutzt würden, sagte Harnisch.

Nach Angaben der Stadtreinigung werden durch Poller geschützte Radfahrstreifen gesondert mit Spezialfahrzeugen vom Schnee beräumt und mit Feuchtsalz gestreut. Für diese Spezialfahrzeuge sei eine Mindestbreite von 2,10 Metern erforderlich, teilte Harnisch mit.

Auch ausgewiesene Radwege, die mit Winterdienstfahrzeugen befahrbar sind, werden von der BSR geräumt. Laut Straßenreinigungsgesetz besteht hier allerdings ein Auftaumittel-Verbot. Allerdings seien nach Angaben von Harnisch glättefreie Radwege „ohne Auftaumittel nicht machbar“. Auch Splitt oder Sand seien für die Glättebeseitigung auf den Radwegen keine wirksame Alternative. Stattdessen bergen diese „tückische Gefahren“, sagte Harnisch.

Das Problem der Taumittel besteht darin, dass diese schädlich für die Straßenbäume sind. Der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt zufolge diene das Verbot der Auftaumittel der Verhinderung der Überfrachtung des Bodens mit Salz. Denn die Salzfracht im Boden sei ein Hauptproblem der Pflanzenschädigung.

BSR-Sprecher Harnisch hingegen erklärte, dass abstumpfende Mittel wie Splitt oder Sand nicht weniger umweltschädlich seien als Auftaumittel. Diese müssten allerdings mit modernen Streutechniken und in geringer Menge angewendet werden. Auch der Verbund Kommunaler Unternehmen (VKU) spricht sich dafür aus, zunächst besenrein den Schnee zu räumen, bevor in minimaler Dosierung gezielt gestreut wird. Hierfür gebe es positive Erfahrungen aus anderen Städten, auch aus dem europäischen Ausland.

Der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt zufolge hat die Verwaltung zusammen mit der BSR und weiteren betroffenen Institutionen ein neues Winterdienstkonzept für die Sicherheit auf Radwegen ausgearbeitet. Auf Nachfrage erklärte die Verwaltung, dass das Konzept zeitnah veröffentlicht werde. Ob bereits danach gearbeitet wird, blieb zunächst unbeantwortet.

Rund 110 zusätzliche Patienten im UKB

In den vergangenen fünf Tagen mussten rund 110 Patientinnen und Patienten wegen Verletzungen aufgrund der Glätte im Unfallkrankenhaus Berlin in Marzahn-Hellersdorf behandelt werden, teilte Sprecherin Angela Kijewski mit. Viele dieser Patientinnen und Patienten seien noch in stationärer Behandlung. Kijewski zufolge würden die Zahlen zwar langsam sinken, trotzdem würden täglich weiterhin zwischen fünf und zehn Patientinnen und Patienten wegen Glätte-Unfällen hinzukommen.

Die Verletzungen reichen von Prellungen über Knochenbrüche bis hin zu schweren Schädel-Hirn-Traumata, sagte Kijewski. Nach der Belastung durch die vielen Bölleropfer der Silvesternacht füllen im späten Winter typischerweise Glätteopfer die Rettungsstellen. Unfallchirurginnen und Unfallchirurgen seien gut beschäftigt.

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