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Konfrontative Lage an der Ecke Sonnenallee/Pannierstraße.

© Julius Geiler

Update

Hanau-Gedenkdemo der „Migrantifa“: Tausende Menschen demonstrieren in Berlin-Neukölln – mehrere Festnahmen

Vor vier Jahren erschoss ein 43-Jähriger in Hanau neun Menschen mit Migrationshintergrund. Bei einer Gedenkdemo in der Sonnenallee ging es einigen Teilnehmern jedoch vor allem um Gaza.

| Update:

Mehrere Tausend Menschen haben am Montagabend in Neukölln demonstriert, um an den rechtsextremen Anschlag von Hanau vor vier Jahren zu erinnern. Die Polizei sprach am Dienstagvormittag von 3200 Teilnehmern. Vereinzelt sei es zu Fällen von Volksverhetzung, Beleidigungen, körperlichen Angriffen und der Verwendung von Symbolen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen gekommen, sagte ein Polizeisprecher.

Auf der Gedenkdemo hatten sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Palästina solidarisiert und auch eine verbotene, da israelfeindliche Parole gerufen.
Auf der Gedenkdemo hatten sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Palästina solidarisiert und auch eine verbotene, da israelfeindliche Parole gerufen.

© Julius Geiler

Gegen 22.30 Uhr beendeten die Veranstalter die Versammlung. Die Polizei, die mit 250 Kräften im Einsatz war, nahm im Anschluss mehrere Demonstranten fest. Insgesamt beschränkten die Einsatzkräfte den Angaben zufolge 15 Demo-Teilnehmer in ihrer Freiheit. Sie leiteten 21 Ermittlungsverfahren ein, unter anderem wegen des Verdachts der versuchten Gefangenenbefreiung, Unterschlagung, Beleidigung, versuchter gefährlicher Körperverletzung sowie Widerstands gegen und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte.

Zwei Polizeibeamte wurden dabei verletzt, konnten ihren Dienst aber fortsetzen. Noch vor Demo-Beginn hatten Unbekannte entlang der geplanten Demo-Strecke 15 Straßenschilder mit den Namen der Opfer aus Hanau überklebt. 

Zunächst hieß es von der Polizei, es habe nur wenige Zwischenfälle gegeben. So seien Demonstranten auf ein Hausdach geklettert, hätten dort Nebeltöpfe gezündet und ein Plakat ausgerollt. Welche politische Botschaft mit dem Plakat verbreitet werden sollte, war nach Angaben des Sprechers wegen des regnerischen Wetters nicht zu sehen.

„Resistance“, das englische Wort für Widerstand, steht in leuchtenden Buchstaben in den ersten Reihen des Protests.
„Resistance“, das englische Wort für Widerstand, steht in leuchtenden Buchstaben in den ersten Reihen des Protests.

© Julius Geiler

Gegen 21.15 Uhr skandierte der Palästina-Block den Slogan „From the river to the sea, Palestine will be free“. Die Polizei wies die Gruppe per Lautsprecher darauf hin, dass die Verwendung der israelfeindlichen Parole als strafbar gilt, und nahm daraufhin einen sogenannten Rädelsführer, also Anstifter der Gruppe, fest. Beamte und Demonstranten standen sich dann an der Sonnenallee, Ecke Pannierstraße angespannt gegenüber, nachdem die Rufe trotz wiederholter Aufforderung der Veranstalter zunächst nicht eingestellt wurden.

Die Lage war am späten Abend angespannt.
Die Lage war am späten Abend angespannt.

© Julius Geiler

Zu Beginn der Gedenkdemonstration hatten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor dem S-Bahnhof Sonnenallee versammelt. Im weiteren Verlauf schlossen sich trotz strömenden Regens immer mehr Menschen dem Demozug an.

Vor allem im mittleren Block des Protests waren fast ausschließlich Parolen in Zusammenhang mit Palästina zu hören. Der Anschlag von Hanau spielte zumindest in den Sprechchören keine große Rolle. Die Slogans „Viva, Viva Palästina“ und „Freiheit für Palästina“ wurden über Stunden skandiert.

 „Von Hanau bis nach Gaza“ steht auf einem Plakat.
 „Von Hanau bis nach Gaza“ steht auf einem Plakat.

© Julius Geiler

Organisiert wurde die Demonstration von der linksradikalen Gruppierung Migrantifa, die sich deutschlandweit in einzelnen Ortsgruppen in Reaktion auf den rechtsextremen Terror von Hanau gegründet hatte.

Aufgerufen zu der Demonstration hatten gleichzeitig pro-palästinensische Initiativen wie „Palästina Spricht“ und „Young Struggle“, die in den vergangenen Monaten immer wieder durch israelfeindliche Parolen aufgefallen waren.

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Die Angehörigen der Überlebenden von Hanau hatten sich auch dieses Jahr gewünscht, dass ihr Gedenken „nicht instrumentalisiert wird“. Zumindest einige der Teilnehmer ließen sich von diesem Wunsch jedoch nicht beeindrucken. So trug eine Frau ein Schild mit der Parole „Von Hanau bis nach Gaza“ bei sich.

Die Route der Demonstration verlief über die Sonnenallee bis zum Hermannplatz. In der ersten Reihe des Protests war in leuchtenden Buchstaben das englische Wort „Resistance“ (Widerstand) zu lesen. Vom Lautsprecherwagen ertönten Slogans wie: „Nazis morden, der Staat schiebt ab, das ist das gleiche Rassistenpack“. In mehreren Reden wurde vor allem die fehlende politische und polizeiliche Aufarbeitung des Anschlags von Hanau thematisiert.

Tagsüber war bereits bei der Berlinale an die Opfer des Anschlags erinnert worden. Auf dem roten Teppich vor dem Berlinale-Palast versammelten sich dafür Filmschaffende.

In Hanau hatte am 19. Februar 2020 ein 43-jähriger Deutscher neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Danach tötete er seine Mutter und sich selbst. (mit dpa)

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