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Innensenatorin begrüßt Entscheidung: Polizei rechnet nach Samidoun-Verbot mit Protesten in Berlin
Die Betätigung des Netzwerks Samidoun wurde auf Bundesebene verboten. Berlins Polizei rechnet mit größeren Demonstrationen. Eine Kundgebung am Donnerstagabend verlief ohne größere Zwischenfälle.
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Die Berliner Polizei geht davon aus, dass die Entscheidung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), das Netzwerk Samidoun und die islamistischen Palästinenserorganisation Hamas zu verbieten, „zu einer Emotionalisierung“ führen wird. Das sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel. Für Donnerstagabend war auf der Sonnenallee in Neukölln eine Versammlung angekündigt. Die Teilnehmerzahl lag der Polizei zufolge „im unteren dreistelligen Bereich“. Es gab demnach keine größeren Zwischenfälle. Journalisten berichteten auf X allerdings von Ausrufen wie „Kindermörder Israel“ und „Palästina bis zum Sieg“.
Auch zu einer pro-palästinensischen Demonstration an diesem Sonnabend, für die bundesweit mobilisiert wird, erwartet die Polizei einen großen Zustrom.
Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) appellierte an die Teilnehmer, sich „trotz aller Emotionen in der aktuellen Lage friedlich zu verhalten, an die Auflagen zu halten und keine Straftaten zu begehen.“ Rechtsbrüche und Straftaten würden konsequent von der Polizei verfolgt, sagte sie dem Tagesspiegel.
Spranger begrüßte das Betätigungsverbot von Samidoun und Hamas. „Es zeigt, dass wir weiterhin entschlossen und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen Antisemitismus und Israelfeindschaft vorgehen“, sagte sie. Das Palästina-Netzwerk Samidoun habe nicht nur den „barbarischen Terrorangriff“ der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober gefeiert.
Es sei auch in den vergangenen Wochen in Berlin „ein zentraler Treiber und Multiplikator israelfeindlicher Propaganda“ gewesen. „Der insbesondere von Samidoun verbreitete Hass bildet den Nährboden für Gewalt gegen Jüdinnen und Juden in unserer Stadt“, erklärte Spranger. Dies gelte auch für die Aktivitäten der Hamas. „Diesem menschenfeindlichen Handeln stellen wir uns konsequent entgegen.“
Die Innensenatorin bedankte sich in diesem Zusammenhang bei der Polizei und den Sicherheitsbehörden der Hauptstadt. Diese hätten mit ihren Informationen zu den Verboten beigetragen.
Stephan Weh, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, bezeichnet das Vorgehen gegen die islamistischen Organisationen als „richtig“ und „längst überfällig“. Es sei wichtig, dass auf Worte auch politische Taten folgen und das Verbot dementsprechend eine Notwendigkeit darstelle. Weh geht davon aus, dass die Entscheidung „in den nächsten Nächten auf unseren Straßen“ zu spüren sei.
Mit den Verboten ist verbunden, dass den Vereinigungen die Betätigung in Deutschland untersagt ist und ihre Kennzeichen öffentlich nicht mehr verwendet werden dürfen. Laut Innenverwaltung wird sich das auf das Demonstrationsgeschehen in Berlin deutlich auswirken. Bei solchen Versammlungen dürften keine Kennzeichen der Vereinigungen mehr gezeigt werden, hieß es.
Für die erwartete pro-palästinensischen Großdemonstration am Sonnabend hatte die Polizei wie üblich bereits zahlreiche Auflagen erlassen. Dazu gehören unter anderem das Verbot, Gegenstände wie Fahnen oder Puppen zu verbrennen, sowie das Verbot von Äußerungen, die zur Vernichtung Israels aufrufen.
Pro-palästinensische Großdemo endet nicht vor dem Brandenburger Tor
Mit wie vielen Einsatzkräften die Polizei am Sonnabend vor Ort sein werde, könne „auch aus taktischen Gründen“ nicht bekannt gegeben werden, sagte eine Sprecherin der Polizei dem Tagesspiegel. Unterstützung aus anderen Bundesländern oder von der Bundespolizei hatte Berlin, Stand Donnerstagnachmittag, nicht angefordert. Allerdings werde die Lage „fortlaufend bewertet“.
Geändert hat sich inzwischen die Route der Demonstration, die unter dem Titel „Demokratische Grundrechte verteidigen: Meinungsfreiheit auch für Palästinenser:innen“ stattfinden soll. Sie wird nicht, wie ursprünglich geplant, vor dem Brandenburger Tor enden, sondern auf dem Potsdamer Platz. Dies habe ein Kooperationsgespräch zwischen Polizei und Anmelder ergeben.
Die Teilnehmer werden demnach um 14 Uhr vom Alexanderplatz starten, über die Karl-Liebknecht-Straße, die Straße Unter den Linden, die Friedrichstraße und schließlich die Leipziger Straße laufen und um 19 Uhr Potsdamer Platz ankommen. Eine Kundgebung unter dem Titel „Solidarität mit den Opfern in Gaza“, die ebenfalls am Sonnabend vor dem Brandenburger Tor stattfinden sollte, wurde laut Polizei abgesagt.
Bereits für Freitag hat die marxistische Hochschulgruppe „Waffen der Kritik“ an der Freien Universität (FU) zu einer Kundgebung in der Mensa II der Universität aufgerufen, „um für die Palästina-Großdemo am Samstag um 14 Uhr am Alexanderplatz zu mobilisieren“. In dem Aufruf heißt es unter anderem: „Wir fordern die FU auf, eine Erklärung zu veröffentlichen, die den Krieg gegen Gaza als Völkermord und den israelischen Staat als das bezeichnet, was er ist: Apartheid.“
Die FU kündigte an, mögliche Schritte gegen die Veranstaltung zu prüfen. Die Veranstaltung sei weder bei der Freien Universität angemeldet noch von ihr genehmigt worden, schrieb die Hochschule auf X (ehemals Twitter). (mit dpa)
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