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„Je früher der Wahltermin, desto größer der Druck“: Berlin bereitet sich auf Neuwahlen des Deutschen Bundestags vor
Nach dem Bruch der Ampel-Koalition im Bund steht eine vorzeitige Neuwahl an. Berlins Landeswahlleiter hat nun viel Arbeit vor sich – aber auch schon eine gewisse Routine entwickelt.
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Berlins Landeswahlleiter Stephan Bröchler sieht Berlin gut gewappnet für die anstehende Neuwahl des Deutschen Bundestags – gleichzeitig spricht er von einer großen Herausforderung für alle Beteiligten. „Uns trifft das nicht unvorbereitet“, sagte Bröchler dem Tagesspiegel. Bereits vor Wochen hätten er und sein Landeswahlamt Szenarien für eventuelle Neuwahlen erarbeitet. „Die müssen wir jetzt in die Praxis umsetzen“, sagte Bröchler. „Das ist eine große Herausforderung. Nicht nur für das Landeswahlamt, sondern auch für die Bezirke und die Parteien.“
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte am Mittwochabend angekündigt, am 15. Januar im Deutschen Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen und Neuwahlen für Ende März in Aussicht gestellt. Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) forderte Scholz dagegen auf, spätestens Anfang kommender Woche die Vertrauensfrage zu stellen. In diesem Fall könnten Neuwahlen bereits im Januar 2025 stattfinden.
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„Je früher der Wahltermin ist, desto größer wird der Aufwand und der Druck“, sagte Bröchler. Klar sei aber: „Wenn der Gesetzgeber, der Deutsche Bundestag, dem Kanzler das Vertrauen entzieht und der Bundespräsident Neuwahlen anordnet, dann werden wir das umsetzen müssen.“ Das werde „viele, viele Überstunden bedeuten“, sagte Bröchler. „Es würde während er Weihnachtszeit gearbeitet werden müssen.“
Fünfte große Abstimmung innerhalb von zwei Jahren
Die Bezirke, die für die Durchführung von Wahlen verantwortlich sind, fordern zügige finanzielle Klarheit vom Berliner Senat. „Damit wir schnell zusätzliches Personal für die Organisation einstellen können, braucht es schnell eine Ansage der Senatsinnenverwaltung zur Kostenübernahme“, sagte Carsten Spallek (CDU), Bezirksstadtrat für Bürgerdienste in Mitte, dem Tagesspiegel. Es gebe keine andere Möglichkeit, als sich jetzt schon vorzubereiten. „Aber wir haben die Kosten für die Vorbereitung der Bundestagswahl in diesem Jahr nicht etatisiert“, sagte Spallek.
Für Berlin wäre eine Neuwahl die insgesamt fünfte große Abstimmung innerhalb von knapp zwei Jahren. 2021 gab es bei der Wahl zum Deutschen Bundestag und zum Abgeordnetenhaus zahlreiche Pannen, woraufhin die Abgeordnetenhauswahl vollständig und die Bundestagswahl zum Teil wiederholt werden mussten. Dazu kam der Klima-Volksentscheid 2023 und die Europawahl 2024.
Landeswahlleiter Bröchler sprach davon, dass man in der Vorbereitung kurzfristiger Wahlen mittlerweile „ein bisschen Übung“ habe. Dennoch gab er zu bedenken, dass ein Wahltermin bereits Ende Januar insbesondere auch die Parteien vor Probleme stellen würde. Diese müssten in extrem kurzer Zeit Kandidatenlisten wählen und einen Wahlkampf organisieren.
In den Berliner Landesverbänden der Parteien sieht man sich jedoch ähnlich wie im Landeswahlamt gut aufgestellt „Wir sind in Berlin zwischenzeitlich darin geübt, Wahlkampf auch kurzfristig vorzubereiten und zu führen“, teilten die Grünen-Landesvorsitzenden Philmon Ghirmai und Nina Stahr mit. Der Landesverband sei „organisatorisch und politisch für alle Szenarien vorbereitet“.
Kristin Brinker, Chefin der Berliner AfD, erklärte: „Wir haben das Glück, die Landesliste bereits gewählt zu haben.“ Tatsächlich sind alle anderen Parteien noch nicht so weit und müssen die Zeitpläne für die Nominierung ihrer Bundestagskandidaten nun möglicherweise straffen.
Regierungschef Wegner: „Ampel hinterlässt einen Scherbenhaufen“
Finanziell lassen sich die Parteien nicht in die Karten schauen. „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aktuell noch keine Angaben zum Budget machen werden“, erklärte Johannes Liess aus der Linke-Parteizentrale. Genau wie CDU-Geschäftsführer Dirk Reitze erklärte Liess, die Vorbereitungen auf den Wahlkampf seien bereits vor Mittwochabend gestartet. „Das sind organisatorische Maschinenräume, die einfach anfangen zu laufen“, erklärte Reitze.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) reagierte bereits am Mittwochabend auf das vorzeitige Ende der Ampelregierung. „Die Ampel hinterlässt einen Scherbenhaufen und ungelöste Aufgaben“, sagte Wegner. „Deutschland braucht eine klare Richtung und eine Regierung, die geschlossen und entschlossen nach innen und nach außen handelt – im Interesse der Menschen und der Zukunft unseres Landes.“
Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) machte wie Bundeskanzler Scholz FDP-Finanzminister Christian Lindner für das Regierungsscheitern verantwortlich. Dieser habe „die Verantwortung für das Land hinter die Profilierung seiner Person und seiner Partei gestellt“. (mit cla)
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