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Steigende Kosten bei Kita, Erziehungshilfe und Pflege: Berliner Senat will Ausgaben begrenzen – Träger in Sorge
Der Senat will einen weiteren Anstieg der Kosten für Transferleistungen verhindern. Sozialverbände fürchten, dass es dadurch zur Herabsenkung von Sozialstandards kommt.
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Weil das Land Berlin von Jahr zu Jahr mehr Geld für sogenannte Transferleistungen ausgibt, will der schwarz-rote Senat das Ausgabenniveau künftig deckeln. Finanzsenator Stefan Evers (CDU) forderte eine „signifikante Senkung“ des Risikos weiter steigender Ausgaben und erklärte, ein entsprechender Arbeitsprozess sei durch die Finanzverwaltung gestartet worden.
Bei den für die Erbringungen der Leistungen verantwortlichen Trägern und Wohlfahrtsverbänden steigt angesichts dessen die Nervosität. Sie fürchten Einschnitte im Bereich Soziales, Jugendhilfe und Pflege.
Tatsächlich sind die Kosten für die sogenannten Transferleistungen – etwa Hilfen zur Erziehung, Eingliederungsmaßnahmen oder Pflegekosten – in den vergangenen Jahren rasant angewachsen.
Bei den Hilfen zur Erziehung, mit denen Familien und Kinder in schwierigen Situationen unterstützt werden, stiegen die Ausgaben laut Finanzverwaltung innerhalb von fünf Jahren von 620,7 Millionen Euro auf 853,5 Millionen Euro im Jahr 2024, also um über 37,5 Prozent. Auch bei den vom Land Berlin übernommenen Kita-Kosten haben sich die Ausgaben um 31,7 Prozent erhöht, von 1,9 Milliarden auf 2,5 Milliarden Euro. Bei den Hilfen zur Pflege stiegen die Kosten um 16,7 Prozent von 311,3 Millionen Euro auf 363,1 Millionen Euro. Insgesamt betrugen die Transferkosten nach Angaben der Finanzverwaltung im vergangenen Jahr 4,7 Milliarden Euro.
Die Gründe für die Kostensteigerungen sind nach Angaben der Verwaltung vielfältig und unterscheiden sich für die unterschiedlichen Bereiche. Teils habe es gesetzliche Anpassungen beim Leistungsumfang gegeben, teils gebe es zunehmend komplexe Hilfebedarfe. Aber auch die Entwicklung der Verbraucherpreise und Tarifsteigerungen würden sich niederschlagen.

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Mit dem Thema Vertraute weisen zudem darauf hin, dass etwa bei den Hilfen zur Erziehung auch der angespannte Berliner Wohnungsmarkt zu höheren Kosten führt. Das sei etwa der Fall, wenn Jugendliche, die nicht bei ihrer Familie bleiben können, in einer Einrichtung untergebracht werden müssen, die teuer ist – einfach, weil es aufgrund des Wohnungsmarkts an Alternativen mangelt.
In Zeiten, in denen CDU und SPD Milliarden aus dem überzeichneten Landeshaushalt pressen müssen, soll ein weiterer Anstieg der Kosten unbedingt vermieden werden. Wie genau das erreicht werden soll, ist derzeit noch unklar. Im Abgeordnetenhaus erklärte Evers zuletzt, es sei ein „Arbeitsprozess“ aufgesetzt worden, um „gesicherte Einschätzungen zu den tatsächlichen Transferkostensteigerungen zu bekommen“.
Träger sorgen sich um Kürzungen
Nach Tagesspiegel-Informationen soll es eine Arbeitsgruppe geben, die bis Sommer konkrete Änderungen vorbereitet. Im Ergebnis soll erreicht werden, dass sich die Kostensteigerungen der vergangenen Jahre nicht fortsetzen. Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) und Staatssekretär Aziz Bozkurt (SPD) waren im vergangenen Jahr nach Wien gereist, um sich in der als Vorbild geltenden Stadt über die dortige Organisation der Daseinsfürsorge zu informieren.
Nach Tagesspiegel-Informationen plant der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf ein Pilotprojekt, bei dem die Hilfe für Menschen in psychologischen Ausnahmesituationen anders – und langfristig kostensparender – organisiert werden soll.
Auf Trägerseite wiederum ist die Sorge groß, dass es zu deutlichen Kürzungen kommen könnte. „Ich befürchte, dass schwierige Zeiten auf uns zukommen werden“, erklärte eine Geschäftsführerin hinter vorgehaltener Hand im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Vorstellbar sei, dass neben der Ausgaben-Deckelung auch eine Kürzung im Transferleistungsbereich angestrebt werde. Die Befürchtung ist, dass dies entweder mit Personalkürzung oder mit einer Herabsenkung der Sozialstandards erreicht wird.
Berlin muss allein im kommenden Jahr rund zwei Milliarden Euro sparen. Im Transferbereich wiederum ist der Spielraum klein, schließlich bestehen auf die Leistungen einklagbare gesetzliche Ansprüche. Tagesspiegel-Informationen zufolge soll eine erste Besprechungsunterlage im Senat am 20. März vorgelegt werden. Sie befindet sich aktuell in Abstimmung.
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