
© Bernd von Jutrczenka/dpa
Bus, Tram und U-Bahn 2024 nochmals unpünktlicher: Berliner Verkehrssenatorin sieht dennoch „nichts zu meckern“
Unpünktlichkeit und Zugausfälle haben sich bei der BVG im vergangenen Jahr verschärft. Verkehrssenatorin Ute Bonde hält die Lage dennoch für gut. Und erntet für ihre Aussagen massive Kritik.
Stand:
Busse, Trams und U-Bahnen in Berlin werden immer unpünktlicher. 2024 sind die Pünktlichkeitswerte in allen Teilbereichen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) erneut gesunken.
Das geht aus einer aktuellen Antwort der Senatsverkehrsverwaltung auf eine Anfrage des Abgeordneten Tino Schopf (SPD) hervor. Ungeachtet dessen, hat Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) jegliche Probleme im Berliner Nahverkehr zurückgewiesen.
Dabei ist die Lage bei der BVG seit Monaten nicht gut. Bus, Tram und U-Bahn hatten 2024 allesamt eine niedrigere durchschnittliche Pünktlichkeit als 2023. Bei der Tram kamen nur noch 86,8 Prozent der Fahrten pünktlich. In 2023 waren es 87,1 Prozent.
BVG setzt jahrelangen Abwärtstrend bei der Pünktlichkeit fort
Im Busbetrieb liegt die durchschnittliche Pünktlichkeit nur noch bei 88 Prozent nach 88,6 Prozent im Vorjahr und auch bei der U-Bahn kamen weniger Züge rechtzeitig an. Hier betrug die Pünktlichkeitsquote im vergangenen Jahr insgesamt 98,3 Prozent nach zuvor 98,4 Prozent. Auch dahinter stehen angesichts der hohen Gesamtzahl an Fahrten im Jahr etliche verspätete Züge mehr als 2023.
Die BVG setzt damit ihren jahrelangen Abwärtstrend fort. Bereits die Werte von 2023 und zuvor 2022 lagen jeweils unter denen des Vorjahres. Was die Zahlen nochmals problematischer macht: Als unpünktlich gilt eine Fahrt erst ab einer Verspätung von mehr als 3:30 Minuten.
Mit Abstand am häufigsten kam U1 im Berliner Untergrund zu spät. Die Pünktlichkeitsquote lag 2024 nur noch bei 94,1 Prozent. Bei den ohnehin schlechten Werten unter den Straßenbahnlinien fällt die Metrotram M8 mit einer durchschnittlichen Pünktlichkeit von 79,4 Prozent nochmals ab.
Wegen der anhaltenden Krise im U-Bahnbetrieb entschieden sich BVG und Senat im Sommer 2024 dazu, auf mehreren Linien den Takt zu reduzieren. Die Fahrplankürzungen bestehen bis heute fort. Erst im September 2025 sollen sie zumindest auf den Kleinprofillinien U1 bis U4 aufgehoben werden.
Auch die Berliner S-Bahn kämpft mit Problemen im Betrieb. Vergangenes Jahr hatten 6,24 Prozent der Züge hatten eine Verspätung von mindestens vier Minuten, rund die Hälfte davon kam sogar mehr als sechs Minuten zu spät. Die im Verkehrsvertrag mit dem Senat vereinbarte Pünktlichkeitsquote von 96 Prozent konnte damit erneut nicht erreicht werden. Zuletzt gelang dies während der Corona-Pandemie 2021.
Krise? Welche Krise?
Berlins Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) zur Situation im Berliner Nahverkehr
Ungeachtet der schlechten Zahlen und reduzierten Fahrplänen hat Berlins Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) eine Krise bei BVG und S-Bahn dementiert. „Krise? Welche Krise?“, fragte Bonde am Donnerstagmorgen im Berliner Abgeordnetenhaus. Kritik an der mittlerweile chronischen Minderleistung der Verkehrsbetriebe stellte sie als völlig überzogen dar.
Stattdessen verwies die Senatorin darauf, dass Berlin die Stadt mit dem „deutschlandweit besten ÖPNV-Netz“ sei. Der Opposition von Linken und Grünen, die die Debatte unter dem Titel „Kürzungen, schlechte Arbeitsbedingungen und Fahrzeugkrise: Senat steuert BVG und S-Bahn ins Chaos“ beantragt hatten, warf sie vor, die Lage politisch motiviert zu dramatisieren.
„BVG und S-Bahn – endlich gibt es einen Senat, der den richtigen Weg einschlägt. Es gibt nichts zu meckern“, hätte der Titel ihrer Meinung nach lauten müssen. Gleich doppelt zitierte sie Kurt Schumacher mit dem Satz: „Politik beginnt mit der Wahrnehmung der Wirklichkeit.“
Das war heute ein Tiefpunkt in der Debatte und an Realitätsverweigerung nicht zu überbieten.
Verkehrspolitiker Kristian Ronneburg (Linke) über die Aussagen von Verkehrssenatorin Ute Bonde zum Berliner Nahverkehr
Kristian Ronneburg, verkehrspolitischer Sprecher der Linksfraktion, warf der Senatorin vor, die Situation zu verkennen. „Dass es keine Krise im Nahverkehr geben würde, entspricht weder den Fakten noch dem Empfinden der Fahrgäste und der BVG-Beschäftigten. Das war heute ein Tiefpunkt in der Debatte und an Realitätsverweigerung nicht zu überbieten“, erklärte Ronneburg im Gespräch mit dem Tagesspiegel.
Antje Kapek, Verkehrsexpertin der Grünen, hatte Bonde bereits zuvor in ihrer Rede scharf attackiert und diese als „Krisensenatorin“ bezeichnet. Im Anschluss erklärte sie: „Durch die getönten Scheiben des Dienstwagens scheint Senatorin Bonde nur eine verzerrte Version der Realität wahrzunehmen.“
Kapek ergänzte: „Wer heute noch nicht mitbekommen hat, dass es eine BVG-Krise gibt, verhöhnt nicht nur die BVG- Mitarbeitenden draußen im Streik, sondern auch die zurück gelassenen Fahrgäste auf den Bahnsteigen Berlins. Die CDU macht Politik gegen die Menschen.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: