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Corona-Proteste in Berlin: 250 Festnahmen bei „Querdenker“-Demos – Anwohner applaudieren Polizei
Bundestag beschließt Bundes-Notbremse + „Querdenker“ von AfD ins Parlament geschleust + Rund 8000 Teilnehmer bei Protesten + Der Demo-Blog.
Der Bundestag hat am Mittwochnachmittag die Bundes-Notbremse beschlossen. Rund 8000 Teilnehmer demonstrierten bei einer „Querdenken“-Kundgebung rund ums Parlament gegen die Änderung des Infektionsschutzgesetzes. Bereits am Mittag löste die Polizei die Demonstration auf, da sich Teilnehmer nicht an die Masken- und Abstandspflicht hielten. Immer wieder kam es zu Auseinandersetzungen, es gab rund 250 Festnahmen. (Mehr dazu unten im Newsblog.)
Die weiteren Ereignisse im Überblick:
- „Querdenken“-Aktivisten von der AfD in den Bundestag geschleust
- Polizei mit 2200 Beamten im Einsatz, auch Wasserwerfer vor Ort
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Konfrontationen, Festnahmen, Protest: Ende eines Demo-Tages
Rund 250 Festnahmen, zwei aufgelöste Demos - das ist die Bilanz der Proteste gegen die Bundes-Notbremse, die am Mittwoch im Bundestag beschlossen wurde. Es kam zu Konfrontationen mit der Polizei und dabei immer wieder zu Gewalt. Anders als im vergangenen Jahr blieb ein Einsatz von Wasserwerfern jedoch aus. Bis zu 8000 Demonstranten waren unterwegs. Am Abend beruhigte sich die Lage. Wer sich da so alles mit den "Querdenkern" versammelt hat und wie der Tag verlief, können Sie in der folgenden Zusammenfassung lesen. Dort haben die Reporterin Madlen Haarbach und die Reporter Julius Geiler und Christoph M. Kluge ihre Eindrücke zusammengetragen.So lief die Corona-Demo am Mittwoch
Ausschreitungen und Festnahmen bei Demonstration gegen Corona-Maßnahmen: Während der Bundestag die Notbremse beschließt, protestieren Tausende im Regierungsviertel – oftmals ohne Maske.
2200 Polizeikräfte im Einsatz im Einsatz, rund 250 Festnahmen
Die Berliner Polizei hat nach den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen am Mittwoch eine erste Bilanz gezogen. 250 Personen seien bislang festgenommen worden, vor allem wegen des Verstoßes gegen Hygienemaßnahmen, aber auch vereinzelten Flaschenwürfen, Widerstand gegen die Polizei, tätlichen Angriffen und Gefangenenbefreiung.
Insgesamt seien 2200 Polizeikräfte im Einsatz gewesen, die Berliner Polizei habe dabei Unterstützung aus Brandenburg, Sachsen, Bremen, NRW und der Bundespolizei bekommen.
Situation in Moabit hat sich beruhigt
Nachdem die „Querdenker“ immer wieder Versuche unternahmen, spontane Demonstrationszüge durch Moabit zu starten, ist die Situation aktuell wieder entspannter. Die Menge hat sich ausgedünnt, viele Demonstranten sind offenbar bereits auf dem Heimweg.
In der Paulstraße, Ecke Alt-Moabit stehen jedoch immer noch wenige hundert Menschen an einer Polizeikette, die wiederholt von der Polizei dazu aufgefordert werden, die Straße zu verlassen. Sollten die Personen dem nicht nachkommen, droht die Polizei mit Identitätsfeststellungen. Am Rande wurde eine Gruppe von einigen Minderjährigen festgesetzt. Die Jungen tragen unter anderem Kleidung der Neonazi-Partei „III. Weg“ und sind dem rechtsextremen Milieu zuzuordnen.
Rechtsextreme Youtuber filmen sich gegenseitig

Rechtsextreme Youtuber filmen sich gegenseitig in der Paulstraße. Matthäus W. alias "Aktivist Mann" interviewt den verurteilten Holocaustleugner und selbsternannten "Volkslehrer" Nikolai Nerling. Dabei stehen sie neben einer Anarchiefahne eines anderen Teilnehmers.
Das war der Anlass: Bundestag beschließt Bundes-Notbremse
Der Bundestag hat am Mittwoch eine bundeseinheitliche Notbremse gegen die dritte Corona-Welle beschlossen. Mit der entsprechenden Änderung des Infektionsschutzgesetzes rücken Ausgangsbeschränkungen ab 22 Uhr und weitere Schritte zur Vermeidung von Kontakten näher.
In namentlicher Abstimmung votierten 342 Abgeordnete für das Gesetz. Es gab 250 Nein-Stimmen und 64 Enthaltungen. Zuvor hatten in zweiter Lesung die Fraktionen von Union und SPD dafür gestimmt. AfD, FDP und Linke stimmten gegen das Gesetz. Die Grünen hatten sich enthalten.
Der Bundesrat muss der Änderung nun noch am Donnerstag zustimmen. Lesen Sie mehr über die neuen Regelungen im folgenden Artikel.
Katz und Maus in Moabit - Beifall für die Polizei
Nach Auflösung der Demonstration in der Nähe des Schloss Bellevue versuchen die Corona-Demonstranten die Polizei auszutricksen. Es entwickelt sich ein Katz-und-Maus-Spiel, wie die Videos unseres Reporters Julius Geiler dokumentieren.
Wo eine Polizeikette einmal gelockert wurde, versuchen einzelne einen Durchbruch, dann wollen viele den Sperren entkommen, indem sie (teils mit Fahrrad) durchs Gebüsch pflügen, immer wieder müssen Polizisten einzelne Demonstranten abfangen, die durch ihre Reihen laufen wollen.
Während „Querdenker“ auf die Festnahme eines Mannes mit Megafon mit „ganz Berlin hasst die Polizei“-Parolen reagieren, klatschen Moabiter Anwohner der Polizei aus dem Fenster Applaus und strecken den Daumen nach oben.
Spontandemo eskaliert - Polizeikette durchbrochen

Chaotische Szenen am Helgoländer Ufer. Spontandemo bricht vom Schloss Bellevue auf, bricht durch Polizeikette. Demonstranten rennen, Beamte überholen sie. Zug wird an der Thomasiusstraße gestoppt. CS-Gas liegt in der Luft. Polizei setzt einzelne Personen fest. Die Spontandemo zieht in der entgegengesetzten Richtung weiter.
Auch Versammlung vor Schloss Bellevue aufgelöst
Bevor sie überhaupt beginnen konnte, erklärte die Berliner Polizei die Versammlung der „Basis“-Partei für aufgelöst. Grund, auch hier: massive Auflagenverstöße. Derzeit machen die Demonstranten keine Anstalten, die Straße vor dem Schloss Bellevue zu verlassen.
Kundgebung am Schloss Bellevue
Die Kundgebung am Schloss Bellevue beginnt. Sie wurde von der Kleinpartei "Die Basis" organisiert. Durchsage der Polizei: Teilnehmende sollen Masken tragen und Abstand halten. Auch der Anmelder fordert alle auf, sich an die Auflagen zu halten. Sonst werde die Polizei die Versammlung auflösen. Doch die meisten lehnen das offenbar ab.


Spaziergang im Park
Begleitet von der Polizei läuft eine große Gruppe von Demonstranten parallel zur Straße des 17. Juni in Richtung Großer Stern. Es wirkt wie ein entspannter Spaziergang.

Querdenker ziehen weiter
Abmarsch. Eine größere Menschenmenge setzt sich in Bewegung und entfernt in südwestlicher Richtung vom Brandenburger Tor. Polizeiketten verwehren den Weg zurück zur Straße des 17. Juni. Auf dem Ahornsteig bleibt ein Teil der Menschen stehen. Die Polizei drängt sie zum Gehen. Ein Teil der Demonstrierenden will offenbar zum Schloss Bellevue ziehen.

Wirre Diskussionen mit der Polizei
Querdenker-Picknick im Tiergarten. Kleingruppen sitzen auf der Wiese. Die Polizei fordert sie zum Gehen auf, doch die wollen nicht. Eine Frau brüllt einen Beamten an: "Sie verstoßen gegen das Grundgesetz!" Ein Mann wirft der Polizei vor, sich wie im Nationalsozialismus zu verhalten: "Damals haben auch alle nur Befehle befolgt!"
Einige Demonstrant:innen raunen sich einen Treffpunkt zu. Um 16 Uhr soll am Schloss Bellevue protestiert werden.
Einige Demonstrant:innen raunen sich einen Treffpunkt zu. Um 16 Uhr soll am Schloss Bellevue protestiert werden.

"Querdenken"-Demo gegen Bundes-Notbremse - der Überblick
Bis zu 8000 Demonstranten hatten sich am Mittwoch in Berlin versammelt, um gegen die Einführung der Bundes-Notbremse zu protestieren, die der Bundestag am Nachmittag beschloss. Während das Parlament die Änderungen am Infektionsschutzgesetz debattierte, kam es im Rahmen der sogenannten "Querdenken"-Demonstrationen zu Ausschreitungen und Widerstand gegen die Polizei. Etwa 2200 Beamte waren im Einsatz, die Polizei war mit Wasserwerfern vor Ort, setzte diese aber zunächst nicht ein.
Bis zum Nachmittag kam es zu über 150 Festnahmen überwiegend wegen des Verstoßes gegen die Hygienemaßnahmen, aber auch wegen des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Bislang weiß man nach Angaben der Polizei von drei verletzten Polizisten.
Am Mittag wurde der Protest auf der Straße des 17. Juni von der Polizei aufgelöst, da sich Teilnehmer trotz mehrfacher Hinweise nicht an die Masken- und Abstandspflicht gehalten hatten. Viele Demo-Teilnehmer verstreuten sich daraufhin in den Tiergarten, andere bildeten Sitzblockaden.
Es kam teilweise zu Eskalationen und Festnahmen. Die Polizei wurde zum Teil von Demonstranten eingekesselt und massiv bedrängt und mit Gegenständen beworfen. Einige Demonstranten wurden festgenommen, die Polizei setzte wiederholt Pfefferspray ein. Auch am Brandenburger Tor kam es zu Eskalationen. Einzelne Medien berichteten auch von Übergriffen auf Pressevertreter.
Die Lage ist weiterhin angespannt. Am Nachmittag verlagerte sich der Protest zum Schloss Bellevue, dem Sitz des Bundespräsidenten. Am Donnerstag muss das Gesetz allerdings erst noch den Bundesrat als Vertretung der Länder passieren.
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