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Ein ziemlich voller CSD: Hunderttausende ziehen durch Berlin – kurzes Vergnügen mit Tokio Hotel
In Berlin steigt die große Demo unterm Regenbogen. Ein Wasserrohr nervt. Und anfangs gibt es einige Pfiffe gegen Kai Wegner, während der für queere Rechte wirbt. Der Tag im Blog.
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Von der Leipziger Straße zum Brandenburger Tor: Die Hauptstadt feiert am Samstag das queere Leben. Der Regierende Bürgermeister wirbt für eine Grundgesetzänderung, muss sich aber zugleich Protest anhören. Auf 7,4 Kilometern zieht der Demonstrationszug mit Hunderttausenden durch die Stadt. Am Ende steigt die große Party auf der Straße des 17. Juni. Lesen Sie die Ereignisse des Tages im Blog nach.
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Hunderttausende ziehen durch Berlin – Polizei ist zufrieden
Mit dem Auftritt von Tokio Hotel ist der Hauptteil des Bühnenprogramms am Brandenburger Tor am Samstagabend zu Ende gegangen. DJs übernahmen danach, und in vielen Kneipen und Clubs ging der CSD ohnehin weiter.
Mehrere hunderttausend Menschen waren zuvor durch Berlin gezogen, hatten queeres Leben gefeiert und waren für eine liberale Gesellschaft eingestanden. Die Polizei sprach in einer vorläufigen Bilanz von einem "Einsatz, der grundsätzlich friedlich verlaufen ist". Im Laufe des Tages habe es jedoch "einige wenige Festnahmen" gegeben, nachdem es zu Körperverletzungen bei Konflikten von Teilnehmenden oder auch Diebstählen gekommen war. Wir hoffen, dass die Bilanz auch am Sonntagmorgen noch positiv ausfällt.
Damit beenden wir für diesen Samstag unsere CSD-Berichterstattung. Der Tagesspiegel und sein Ableger Queerspiegel waren mit mehreren Reporterinnen und Reportern im Einsatz, um dieses Großereignis zu begleiten. Vielen Dank für das rege Interesse – und schauen Sie gern wieder vorbei!
Tokio Hotel - ein kurzes Vergnügen
Für viele das Highlight des Abends: Tokio Hotel. Je näher ihr Auftritt rückte, desto voller wurde es vor der Bühne - und desto weiblicher. Bills Outfit war knapp und bunt, die anderen traten in schwarzer Kluft auf.
Die Band spielte ihre Hits, bei „Durch den Monsun“ gab‘s kein Halten mehr. Dann schritten die Musiker mit Pride-Fahnen über die Bühne, bedankten sich bei den Fans. Es folgte die Enttäuschung: Nach gerade einmal 30 Minuten war die Show vorbei, eine Zugabe wurde nicht gespielt.
Jetzt legen DJs auf. Die (weiblichen) Tokio-Hotel-Fans haben den Bereich um die Bühne schon wieder verlassen, andere rücken nach und tanzen zur Musik. Andere feiern weiter in der Stadt. (Charlotte Greipl)

Cowboy Kaulitz rockt mit Tokio Hotel den CSD
Darauf haben ziemlich viele Leute gewartet: Um kurz nach halb elf betreten Tokio Hotel die Bühne vorm Brandenburger Tor – der Konzert-Höhepunkt beim diesjährigen CSD. Sänger Bill Kaulitz zeigt Haut unterm Cowboy-Outfit, den Hut wirft er bald weg. Viele Fans sind verzückt, Handys gehen in die Höhe. In der allerersten Reihe: Kaulitz-Freundin Heidi Klum.
Drags in Action
So sieht übrigens die Drag-Show aus, die wegen einer Panne pausieren musste. "Drag is political. Drag is not a crime." Sehr lange ging es dann nicht mehr. Inzwischen gibt es eine Umbaupause. Als der Name Tokio Hotel erwähnt wird, rasten die Leute aus.
Zugang vom Norden aus wegen Überfüllung gesperrt
In Erwartung des Auftritts von Tokio Hotel wird es immer voller am Brandenburger Tor. Die Polizei sperrt deshalb einen Zugang zur Partymeile auf der Straße des 17. Juni: von der Yitzhak-Rabin-Straße im Norden aus. Sie führt zwischen Kanzleramt und Reichstag zur Straße des 17. Juni.
Vor Tokio-Hotel-Auftritt: Programm pausiert wegen technischer Probleme
Na, das wird Tokio Hotel nicht unbedingt erfreuen: Erst am Freitag mussten sie wegen technischer Probleme einen Auftritt beim Deichbrand-Festival bei Cuxhaven unterbrechen. Jetzt gibt es schon vor ihrem Gig beim CSD Ärger: Während einer Drag-Queen-Show fallen einzelne Boxen zwischenzeitlich aus, und die Ausfälle werden immer länger und häufiger. Das nervt und ist peinlich - denn das meiste wird Playback gespielt, was spätestens jetzt allen auffällt. Dann gibt es eine Pause. Stille vor der Bühne, wo es immer voller wird - weil viele zu Tokio Hotel wollen. Nach 20 Minuten geht es weiter. Mit einer Drag-Queen. (mit Charlotte Greipl)

"Ich bin HIV positiv": Stilles Gedenken an Aids-Opfer
„Hi, ich bin Barbie Breakout und ich bin HIV positiv.“ Mit diesen Worten beginnt die Aktivistin und Autorin Barbie Breakout ihre Rede. Sie berichtet vom jahrelangen Kampf Betroffener um Hilfe und Aufmerksamkeit und würdigt die Arbeit der Berliner Aids-Hilfe.
Das sonst so fröhliche und laute Publikum kommt dann für eine Minute zum Schweigen - im Gedenken an all jene, die an Aids gestorben sind. (Charlotte Greipl)

Einiges los im Regenbogenkiez
Vor dem Brandenburger Tor drängen sich die Menschen, aber auch im Regenbogenkiez rund um den Nollendorfplatz wird es voller. Nach der Demo ist vor der Party - viele sind noch unterwegs, um Freund:innen zu treffen oder neue Bekanntschaften zu schließen.
Voll werden dürfte es auch auf den zahlreichen Partys: Viele Clubs haben zum CSD eingeladen, queere DJs legen auf. Mit langen Schlangen vor Schwuz, Ritter Butzke, Revier Südost, Festsaal Kreuzberg , SO36, About Blank, Berghain und Co ist zu rechnen.
Polizei rät: Nicht mehr zur Bühne drängen
Nachdem die letzten Wagen die Straße des 17. Juni erreicht haben, tummeln sich immer mehr Menschen auf der Partymeile. Und die Polizei rät nun, nicht weiter nach vorn zur Bühne am Brandenburger Tor zu drängen, weil es dort schon sehr voll sei. "Sie kommen sehr wahrscheinlich nicht mehr hin."
Neben der Anziehungskraft des CSD selbst kann das auch damit zu tun haben, dass für den Abend noch ein Auftritt von Tokio Hotel auf genau dieser Bühne angekündigt ist. Die Polizei sondiert fortlaufend die Lage von einem Hubschrauber aus, der über dem Tiergarten kreist.
Israels Botschafter beim CSD
Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, wurde hingegen beim CSD gesichtet.Israelfeindliche Parolen am Hermannplatz
Blick nach Neukölln: Bei der "Internationalistischen Queer Pride", einer Veranstaltung, die nicht mit dem "großen" Berliner CSD verbunden ist, wurde an diesem Samstag auch die israelfeindliche Parole "From the river to sea Palestine will be free" skandiert. Damit wird dem Staat Israel das Existenzrecht abgesprochen. Auf dem Sream der Veranstaltung war auch der wiederholte Ruf "Free Palestine" zu hören. Bei der Versammlungsbehörde war die Veranstaltung angemeldet als ein "alternativer und politischer Pride-Marsch, der nun zum 3. Mal in Berlin stattfindet und einen Fokus auf antikoloniale, antirassistische und antikapitalistische Freiheitskämpfe hat".
Solidarität mit der queeren Community in Afrika
Eines der zentralen Themen des diesjährigen CSD ist die Solidarität mit der queeren Comminity in Afrika. Aktivist*innen aus Ghana, Uganda und Namibia sind zum diesjährigen CSD gereist und berichten von der teils dramatischen Lage in ihren Heimatländern.Der dritte Stone Wall Award in der Kategorie Internationale Grassroot-Persönlichkeit wird an Angel Maxine vergeben. Sie ist eine trans Musikerin und Aktivistin aus Ghana. Mit ihrer Kampagne #killthebill engagiert sie sich gegen die Einführung eines LGBTIQ-feindlichen Gesetzes in Ghana, des sog. „Gesetz zur Förderung ordentlicher menschlicher Sexualrechte und ghanaischer Familienwerte“.
Die letzten Wagen auf der Straße des 17. Juni

Die letzten Wagen fahren zur Siegessäule. Said (38) und Klara (30) feiern auf dem Wagen von Amazon. Said arbeitet für Amazon in der IT.

Queerbeauftragter Pantisano: Es geht nicht nur um schwule Männer
„Wir haben die gleichen Rechte wie jeder andere auch“, beginnt Alfonso Pantisano, der Queerbeauftragte Berlins, seine Ansprache. Er fordert, sich für die Teile der Community einzusetzen, die bislang vernachlässigt worden seien, insbesondere lesbische, bisexuelle, asexuelle und trans Menschen. Schwule Männer würden sich immer noch zu wichtig nehmen.
Pantisano nennt in seiner Rede konkrete politische Forderungen. Er spricht sich für eine Änderung von Artikel 3 des Grundgesetzes aus, für die Einführung eines modernen Selbstbestimmungsgesetzes und für die Co-Mutterschaft lesbischer Paare.
Und dann spricht Pantisano einen Punkt an, der auch heute viele beschäftigt: die Sicherheitslage der queeren Community. Dass die Sorgen mehr als berechtigt sind, zeigt die homophobe Beleidigung und Verletzung eines Mannes am Nollendorfplatz wenige Stunden zu vor. „Wir spüren jeden Tag die Angst. Hört auf, uns auf die Fresse zu schlagen, und nehmt uns ernst!“
"Was einen Menschen schön macht, ist nicht der Körper"

Auf dem Wagen von eis.de tanzen Alexa (24) und Jasmin (20) in einem Käfig. Jasmin kommt aus Saarbrücken und ist wie Alexa Werbegesicht für eis.de. Für Alexa ist der Tag sehr wichtig, sie möchte heute Body Positivity vermitteln und ein Vorbild für Menschen sein. "Was einen Menschen schön macht, ist nicht der Körper, sondern die Ausstrahlung", sagt sie. Und die hat Alexa.
Ob dieses Rohr hoch genug ist?

Glück gehabt, das Wasserrohr an der Herkulesbrücke scheint ein paar Zentimeter höher zu sein. Als die hohen Wagen hier vorbeifahren, klatschen lediglich einige Feiernde mit den Händen ans Rohr. Auch Menschen mit hohen Highheels und toupierter Frisur passen hier hindurch.

Friedlicher Protest, ausgelassene Party: Hunderttausende beim Christopher Street Day
Der Christopher Street Day in Berlin hat die Massen mobilisiert. Teilnehmende berichten, dass sie selten mehr Leute beim CSD erlebt haben. Die Polizei spricht von mehreren hunderttausend Menschen zwischen Spittelmarkt und Brandenburger Tor.
Wegen der langen Strecke und der großen Lücken zwischen den einzelnen Lastwagen ließe sich das nicht genauer schätzen, sagte ein Sprecher am Abend den Tagesspiegel. Gegen 19.30 Uhr war der Zug so weit vorangekommen, dass sich auch der Bereich um den Nollendorfplatz inzwischen ausdünnte und sich das Geschehen mehr und mehr zum Bereich Großer Stern, Straße des 17. Juni, Brandenburger Tor verlagerte.
Die beste Nachricht: Party und Protest verliefen bisher absolut friedlich. "Wir haben keine nennenswerten Vorkommnisse", sagte der Sprecher.
God save the Queers?
Angehörige der britischen Botschaft nahmen auch am Berliner CSD teil. Mit ganz buntem Union Jack.
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