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Ermittler arbeiten auf der Berliner Stadtautobahn A100 in Höhe der Ausfahrt Alboinstraße.

© Paul Zinken/dpa

Update

Mehrere Verletzte auf Berliner A100: Fahrer nach Berliner Autobahn-Anschlag in Psychiatrie

Sechs Menschen verletzte Sarmad A. mit einem Auto. Danach rollte er einen Gebetsteppich auf der Fahrbahn aus – und wurde festgenommen.

Nach einem mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlag auf der Berliner Stadtautobahn kommt der Tatverdächtige vorläufig in die Psychiatrie. Das habe am Mittwoch ein Haftrichter antragsgemäß entschieden, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Nach mehreren Kollisionen auf der Berliner Stadtautobahn A100 deutet alles auf einen Anschlag hin. Die Ermittler gehen von einem islamistischen Motiv des Täters aus, sagte Martin Steltner, der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, am Mittwoch.

Der 30 Jahre alte mutmaßliche Täter habe regelrecht „Jagd auf Motorradfahrer“ gemacht.

Die Anklagebehörde wirft ihm mindestens drei Fälle von versuchtem Mord vor. „Der Tathergang passt nicht zu einem Unfallgeschehen“, sagte Steltner. Der mutmaßliche Täter, ein Iraker namens Sarmad A., habe an drei Stellen auf der Autobahn wohl absichtlich die Crashs verursacht. Der Staatsschutz hat die Ermittlungsgruppe „Motorrad“ eingesetzt.

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Gegen 18.50 Uhr am Dienstagabend hatten sich auf der A100 drei Zusammenstöße zwischen den Anschlussstellen Wexstraße in Wilmersdorf und Alboinstraße in Tempelhof ereignet.

Der Tatverdächtige hatte mit seinem schwarzen Opel Astra zwei Motorräder gerammt und in Höhe des Innsbrucker Platzes auch einen Roller touchiert. In einem Auto wurden zudem drei Insassen verletzt, als der Täter einen Motorradfahrer auf den Wagen schob.

Nachdem der Autofahrer an der Ausfahrt Alboinstraße aus seinem Opel Astra gestiegen war, soll er eine Munitionskiste auf sein Autodach gestellt haben. Er drohte damit, dass „alle sterben“ würden, wenn sich ihm Polizisten näherten und rief laut Staatsanwaltschaft: „Allahu Akbar!“. Außerdem soll A. einen Gebetsteppich ausgerollt haben.

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Ein Streifenpolizist, zufälligerweise mit arabischem Hintergrund, näherte sich dem Mann, sprach ihn an, zog ihn vom Fahrzeug weg und nahm ihn fest. Danach untersuchten Kriminaltechniker die Kiste. Sie wurde gegen 22.30 Uhr mit einem Wassergewehr aufgeschossen. Sie erwies sich als harmlos und enthielt lediglich Werkzeug. Ein Sprengstoffverdacht erhärtete sich nicht.

Zwei Motorräder hat der Tatverdächtige laut Staatsanwaltschaft gerammt, einen Motoroller touchiert.
Zwei Motorräder hat der Tatverdächtige laut Staatsanwaltschaft gerammt, einen Motoroller touchiert.

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Sechs Menschen waren bei den Zusammenstößen des Autofahrers mit anderen Fahrzeugen erheblich verletzt worden, drei von ihnen schwer. Ein gerammter Motorradfahrer sei so schwer verletzt worden, dass er noch immer in Lebensgefahr schwebe. Es sei nicht klar, ob er durchkomme, hieß es aus Sicherheitskreisen. Der Mann habe schwerste Verletzungen an Kopf und Wirbelsäule.

Staatsanwaltschaft: Hinweise auf psychische Labilität

Bei dem Tatverdächtigen handelt es sich um einen Bagdad geborenen Iraker, der in Deutschland einen Duldungsstatus besitzt und bis Oktober 2019 in einer Berliner Flüchtlingsunterkunft gelebt haben soll. Danach soll er in Reinickendorf gelebt haben – aber nicht in einem Flüchtlingsheim. Er war der Polizei bereits wegen kleinerer Delikte bekannt, allerdings nicht als islamistischer Gefährder im Visier der Sicherheitsbehörden.

Der Tatort auf der A100 am Mittwoch.
Der Tatort auf der A100 am Mittwoch.

© REUTERS/Fabrizio Bensch

Der Mann gilt als psychisch labil und kam im August 2018 in die Psychiatrie, wurde aber nach kurzer Zeit wieder entlassen. Es gibt Hinweise, dass der Mann Kontakte in die islamistische Szene hatte, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft am Mittwoch bestätigte. Weitere Details nannte er auf Nachfrage nicht. Auf seiner Facebook-Seite hatte der Iraker am Tattag Fotos des Autos, mit dem er später absichtlich mehrere Fahrzeuge rammte, sowie religiöse Sprüche gepostet.

Dieses Bild postete Sarmad A. auf Facebook. Mit diesem Auto rammte er später mehrere Motorradfahrer auf der A100.
Dieses Bild postete Sarmad A. auf Facebook. Mit diesem Auto rammte er später mehrere Motorradfahrer auf der A100.

© Facebook/Sarmad A.

Der Tatverdächtige soll gezielt „Jagd“ auf Motorradfahrer gemacht haben. Auf seinem Facebook-Profil ist er selbst auf einem zu sehen.
Der Tatverdächtige soll gezielt „Jagd“ auf Motorradfahrer gemacht haben. Auf seinem Facebook-Profil ist er selbst auf einem zu sehen.

© Facebook/Sarmad A.

Regierender Bürgermeister Müller „schockiert“

Berlins Regierender Bürgermeister, Michael Müller (SPD), hat entsetzt reagiert. „Es schockiert mich zutiefst, dass der Unfall auf der A100 offenbar absichtlich herbeigeführt wurde und der Vorfall auf der Autobahn von der Ermittlern inzwischen als Anschlag eingestuft wird“, erklärte Müller am Mittwoch.

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„Ich wünsche allen Opfern schnelle Genesung und viel Kraft für diese schwere Zeit. Meine Gedanken sind bei den Verletzten und deren Angehörigen.“ Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) erklärte: „Leider müssen wir von einem islamistischen Anschlag ausgehen.“ Den Verletzten wünsche er schnelle und vollständige Genesung. „Die Zentrale Anlaufstelle wird Kontakt mit den Opfern und Angehörigen suchen.“

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) teilte am Mittwoch mit, man gehe nach jetzigem Stand der Erkenntnisse von einem islamistischen Anschlag aus; ein religiös motivierter Tathintergrund sei nicht auszuschließen. Dies würden jetzt die weiteren Ermittlungen zeigen.

„Ich bin bestürzt, dass Unbeteiligte aus dem Nichts heraus Opfer einer Straftat geworden sind", so Geisel. "Wenn ein Auto gezielt auf Motorradfahrer auffährt, haben diese keine Chance. Ich hoffe, dass die drei Schwerverletzten sich rasch wieder erholen. Einer von ihnen ist Angehöriger der Berliner Feuerwehr, der auf dem Heimweg war. Ihnen allen gelten unsere Genesungswünsche.“

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Auf Twitter teilte Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) am Mittwoch mit: „Leider müssen wir von einem islamistischen Anschlag ausgehen. Den Verletzten wünsche ich schnelle und vollständige Genesung. Die Zentrale Anlaufstelle wird Kontakt mit den Opfern und Angehörigen suchen.“ Um 15 Uhr würden Generalstaatsanwältin Margarete Koppers und er im Rechtsausschuss informieren.

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Autobahn stundenlang gesperrt

Die A100 war seit Dienstagabend über mehrere Stunden bis in die Nacht in beide Richtungen gesperrt, es bildeten sich lange Staus. Viele Fahrer mussten wegen des kurzzeitigen Sprengstoffverdachts ihre Fahrzeuge verlassen. Auch noch am Mittwochmorgen kam es noch zu erheblichen Einschränkungen. Wegen der Ermittlungen der Polizei gab es Sperrungen auf der südlichen Stadtautobahn. Erst am Nachmittag wurde die Fahrbahn wieder freigegeben.

Ein Polizist bereitet den Einsatz einer Drohne vor auf der A100 in Höhe der Ausfahrt Alboinstraße.
Ein Polizist bereitet den Einsatz einer Drohne vor auf der A100 in Höhe der Ausfahrt Alboinstraße.

© Paul Zinken/dpa

Die Kriminalpolizei hatte für die Untersuchungen hat auch eine Drohne für Video- und Fotoaufnahmen aus der Luft eingesetzt. Während die Drohne flog, mussten aus Sicherheitsgründen beide Fahrtrichtungen der Autobahn gesperrt werden.

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Das stark beschädigte Auto des Fahrers stand zuletzt auf der Autobahnausfahrt Alboinstraße in Berlin-Tempelhof in Fahrtrichtung Osten und Neukölln. Dort in der Nähe hatte sich wohl der dritte Crash ereignet. Auf der Fahrbahn lagen einige Trümmer und ein Motorradhelm. Ein Motorrad war quer in die Front des Wagens geklemmt, wie auf Fotos zu sehen war. Offenbar hatte der Fahrer das Motorrad mit großer Gewalt gerammt. (mit dpa)

In einer früheren Version des Textes stand, dass Sarmad A. in einer Flüchtlingsunterkunft in Reinickendorf gelebt habe – das war nicht richtig, es handelte sich dabei um den Bezirk Treptow-Köpenick. Wir haben den Fehler korrigiert.

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