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Die Deutsch-Russin wird im Berliner Universitätsklinikum Charité behandelt.

© Berliner Polizei

Update

Mutter von Kreml-Kritiker auf Isolierstation: Bundeswehr untersucht Nowitschok-Verdacht in Berlin

Die Mutter des russischen Oppositionellen Wladimir Kara-Mursa wird in der Charité behandelt. Der Verdacht auf eine Vergiftung schreckte die Sicherheitsbehörden auf, bestätigte sich zunächst aber nicht.

Sie wusste, was es bedeutet, wenn der Kreml Giftanschläge auf Kritiker verübt. Denn ihr Sohn, der russische Oppositionelle Wladimir Kara-Mursa, überlebte vor Jahren bereits zwei solcher Attacken. Am Dienstag rief die Frau, die seit Jahren in Berlin lebt, den Rettungsdienst. Denn an ihrer Türklinke befand sich eine Flüssigkeit. Nachdem sie sie berührt hatte, wurde ihr übel.

Die Frau kam am Morgen ins Martin-Luther-Krankenhaus in Schmargendorf, die Polizei wurde informiert, weil sie „zum gefährdeten Personenkreis“ gehöre, wie ein Polizeisprecher später sagte. Die Betroffene, die die russische und deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, äußerte den Verdacht, vergiftet worden zu sein.

Bei Sergej Skripal war Nowitschok auf der Türklinke

Nach Tagesspiegel-Informationen aus Sicherheitskreisen bestand deshalb zunächst ein Verdacht auf Vergiftung mit dem Nervengift Nowitschok. Dabei spielte auch die Türklinke eine Rolle. Im britischen Salisbury waren 2018 der ehemalige russische Spion Sergej Skripal und seine Tochter mit Nowitschok vergiftet worden. Die mutmaßlichen Täter, die später als Mitarbeiter des Militärgeheimdienstes GRU identifiziert wurden, hatten das Nervengift offenbar auf die Türklinke von Skripals Haus aufgetragen.

Kara-Mursas Mutter kam noch am Dienstag auf die Sonderisolierstation der Charité. Der Kreml-Kritiker erklärte aber schon am Abend, der Verdacht einer Vergiftung habe sich zunächst nicht bestätigt. Dennoch wurde seine Mutter auch am Mittwoch weiter in der Charité behandelt.

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Das Ergebnis eines ersten Blut-Schnelltests vom Dienstag war nach Tagesspiegel-Informationen aus Sicherheitskreisen negativ. Am Abend sind in der Charité weitere Proben entnommen worden, es erfolgten weitere umfangreiche Blutanalysen – mithilfe der Bundeswehr. Die Ergebnisse lagen bis Mittwochnachmittag noch nicht vor.

Die Proben wurden nach Tagesspiegel-Informationen nach München geschickt. Die Bundeswehr betreibt dort ein Institut für Pharmakologie und Toxikologie. In dem streng gesicherten Labor arbeiten Spezialisten für chemische Kampfstoffe und Gifte. Sie hatten schon 2020 nachgewiesen, dass der russische Oppositionelle Alexej Nawalny mit dem Nervengift Nowitschok vergiftet worden war.

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Die Polizei leitete bereits am Dienstag Ermittlungen wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdeliktes ein. Zudem wurde die Wohnung der Betroffenen abgesucht. Kara-Mursa zeigte sich erleichtert. „Meine Mutter ist tatsächlich in einem Krankenhaus in Berlin, aber Gott sei Dank hat sich der Verdacht einer Vergiftung oder eines Herzinfarkts nicht bestätigt“, schrieb er auf X.

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Kreml-Kritiker war im August freigekommen

Kara-Mursa ist einer der bekanntesten Oppositionellen seines Landes. Im April 2022 war er in Moskau festgenommen und später wegen Hochverrats zu einer langen Haftstrafe verurteilt worden. Vor vier Monaten kam er im Rahmen eines großen Gefangenenaustausches frei. Nach seiner Freilassung reiste er aber nicht sofort in die USA, wo seine Familie lebt, sondern nach Deutschland. Seine Mutter lebt nach Tagesspiegel-Informationen schon länger in Berlin.

Im Gegenzug für die Freilassung von Kara-Mursa und weiterer russischer Oppositioneller ließ Deutschland den sogenannten Tiergartenmörder frei, der 2019 als Mitglied einer Eliteeinheit des russischen Geheimdienstes in Berlin einen tschetschenischstämmigen Georgier erschossen hatte.

Kara-Mursa wurde zwei Mal – 2015 und 2017 – selbst Opfer eines Giftanschlags in Russland und überlebte nur knapp. Mit welcher Substanz er vergiftet worden war, wurde nie bekannt. Es könnte sich allerdings um ein Nervengift gehandelt haben. In den vergangenen Jahren gab es auch außerhalb Russlands mehrere Fälle, in denen Oppositionelle über Symptome klagten, die durch eine Vergiftung hervorgerufen worden sein könnten.

Es ist klar, dass bei so einem Vorfall sofort die Alarmglocken hochgehen. Moskaus Arm reicht bis nach Berlin und Putin schreckt nicht davor zurück, Kritiker aus dem Weg zu räumen.

Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP)

Benjmain Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP), zeigte sich am Dienstagabend erleichtert. „Wir sind erst einmal froh, dass es der Frau momentan gut geht und hoffen, dass das auch in den nächsten Tagen so bleibt“, sagte Jendro. „Es ist klar, dass bei so einem Vorfall sofort die Alarmglocken hochgehen, denn der russische Despot hat mehrfach unter Beweis gestellt, dass Moskaus Arm auch bis nach Berlin reicht und er nicht davor zurückschreckt, Kritiker aus dem Weg zu räumen.“

Berlins Behörden seien „personell und technisch eigentlich nicht auf derartige terroristische Bedrohungslagen vorbereitet“, sagte der GdP-Sprecher. Umso beeindruckender sei die Effizienz, mit der Polizisten und Mediziner „das ganz große Besteck aufgefahren haben“. Nötig seien Strukturen, um Beamte von Polizei und Feuerwehr vor Nervengiften und chemischen Gefahrstoffen zu schützen.

Alexej Nawalny war 2020 mehrere Wochen in der Charité

Mit dem Nervengift Nowitschok war der russische Oppositionelle Alexej Nawalny im August 2020 vergiftet worden, er wurde wenig später in die Berliner Charité verlegt und dort für mehrere Wochen behandelt. Nach seiner Rückkehr nach Russland im Januar 2021 wurde er festgenommen und in mehreren Prozessen zu insgesamt 19 Jahren Aufenthalt in einem Straflager verurteilt.

Im Februar 2024 starb der zu dem Zeitpunkt 47-Jährige unerwartet in einem sibirischen Straflager. Von verschiedener Seite aus wurde der Verdacht geäußert, dass Nawalny ermordet worden sei.

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