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Einsatzfahrzeuge der Polizei bei einem Einsatz vor dem Ostbahnhof (Symbolbild)

© IMAGO/Maximilian Koch

Update

Neue Kriminalitätsstatistik für Berlin: Tötungsdelikte und Jugendgruppengewalt nehmen deutlich zu

Die Polizei hat Zahlen für 2024 präsentiert: Tötungsdelikte und auch Einbrüche haben in Berlin im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Auch die Anstiege „Politisch motivierter Kriminalität“ sind deutlich.

Stand:

Die Anzahl an Tötungsdelikten und die Jugendgruppengewalt haben in Berlin im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Das geht aus der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik (PKS) sowie der Statistik für Politisch Motivierte Kriminalität für das Jahr 2024 hervor, die Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel am Donnerstag vorgestellt haben.

„Es gibt ohne Zweifel Entwicklungen in der Kriminalität, die die objektive und subjektive Sicherheit gefährden“, sagte Innensenatorin Spranger. Dagegen wolle sie entschieden vorgehen. Sie betonte aber auch: „Obwohl Berlin in den vergangenen zehn Jahren stark gewachsen ist, ist die Zahl der Straftaten nicht parallel gestiegen.“

Insgesamt haben die erfassten Tötungsdelikte um mehr als 50 Prozent zugenommen. In absoluten Zahlen registrierte die Polizei im Jahr 2023 noch 77 Straftaten in der Kategorie „Mord und Totschlag“. Für das vergangene Jahr sind es 117. In die Kategorie zählen auch versuchte Tötungsdelikte. 98 davon wurden bislang aufgeklärt.

Es gibt ohne Zweifel Entwicklungen in der Kriminalität, die die objektive und subjektive Sicherheit gefährden.

Iris Spranger, Innensenatorin von Berlin

Dazu zählt auch eine Mordserie, bei der ein Palliativmediziner mindestens zehn schwer kranke Menschen getötet haben soll. Polizeipräsidentin Slowik Meisel erklärte, dass im laufenden Jahr noch weitere Todesfälle aus der Serie bekannt werden könnten.

Bei der PKS werden Fälle erst registriert, wenn die Polizei die Ermittlungen abgeschlossen hat. Daher wurden nicht alle 2024 erfassten Delikte auch im selben Jahr begangen.

Die Zahl der Rohheits- und Gewaltdelikte ist erneut angestiegen. So wurden 50.638 Körperverletzungen erfasst, das waren 2.384 mehr als im Vorjahr. Dies führte Slowik Meisel unter anderem auf die Fußball-Europameisterschaft zurück. Die Zahl der Messerangriffe sank leicht im Vergleich zum Vorjahr. Auch zeigt sich ein Anstieg im Bereich Jugendgruppengewalt, die um 17,2 Prozent zugenommen hat.

Zudem ist die Zahl der Gewaltdelikte in Partnerschaften und Familien um 2,3 Prozent auf 19.213 angestiegen. „Damit haben wir den höchsten Wert in den vergangenen zehn Jahren verzeichnen müssen“, sagte Spranger.

Die große Mehrzahl der Betroffenen von häuslicher Gewalt seien Frauen. Im vergangenen Jahr waren neun Frauen von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet worden. Der Senat wolle hier bestehende Präventionsangebote ausbauen und Frauen künftig besser schützen, sagte Spranger. Dazu zähle auch der Einsatz von Fußfesseln für gewalttätige Männer.

Besorgt zeigte Spranger sich über die nach wie vor hohe Zahl der Angriffe auf Einsatzkräfte aus Polizei und Feuerwehr. Die Zahl der Polizeikräfte, die Opfer einer Gewalttat wurden, ist im vergangenen Jahr um 10,2 Prozent auf 10.584 gestiegen. Parallel reduzierte sich die Zahl der attackierten Feuerwehr- und Rettungskräfte um 13,3 Prozent auf 326.

10.584
Polizeikräfte wurden 2024 Opfer einer Gewalttat.

Das hänge vor allem damit zusammen, dass die Polizei nun vermehrt Feuerwehreinsätze schütze, sagte Spranger. Sie forderte, dass die Einsatzkräfte mit einer zeitgemäßen und optimalen Ausrüstung ausgestattet werden müssten.

Antisemitische Straftaten haben sich 2024 verdoppelt

Im Bereich der politisch motivierten Kriminalität hat sich die Anzahl antisemitischer Straftaten im Jahr 2024 von 901 auf 1823 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Ein treibender Faktor sei in diesem Zusammenhang der Nahost-Konflikt. 1036 antisemitische Straftaten wurden im Zusammenhang mit dem Konflikt registriert.

In diesem gesonderten Konfliktfeld stiegen auch die Gewaltdelikte besonders an. Insgesamt haben sie sich sogar vervierfacht. Von der Gewalt seien auch viele Polizeibeamte bei Demonstrationen betroffen, sagte Polizeipräsidentin Slowik Meisel. „Diese Zahlen und die negativen Auswirkungen auf das Leben der jüdischen Gemeinde in Berlin beunruhigen mich sehr“, sagte Innensenatorin Spranger.

Politisch rechte Straftaten nehmen zu

Neben den antisemitischen Straftaten haben auch Straftaten, die mit politisch rechter Gesinnung im Zusammenhang stehen, im vergangenen Jahr seit 2015 einen neuen Rekordwert erreicht. Mit fast 20 Prozent stiegen die erfassten Fälle in diesem Zusammenhang auf 2782 an.

Insgesamt liegt die „Politisch motivierte Kriminalität“ mit mehr als 8000 Fällen weit über dem Zehn-Jahres-Durchschnitt von knapp 5400 Fällen. Queerfeindliche Straftaten wiederum sind allen Trends zum Trotz von 690 auf 579 zurückgegangen. Das führte Spranger insbesondere auf vermehrte präventive Angebote zurück.

Kinder vermehrt Opfer von Misshandlung und Vergewaltigung

Zusätzlich zur Zunahme von Tötungsdelikten sowie rechten und antisemitischen Straftaten werden vermehrt Gewalt- und Vergewaltigungsdelikte gezählt. Sowohl Fälle der Kategorie „Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sexueller Übergriff“ als auch der sexuelle Missbrauch und Vergewaltigungen insbesondere von Kindern haben zugenommen.

Besonders scheinen auch Einbrüche in Kellerräume im Fokus zu stehen. Obwohl die Einbrüche insgesamt abgenommen haben, nahmen diejenigen in „Boden-, Kellerräume und Waschküchen“ laut des Kriminalitätsatlas um 34 Prozent zu.

Rauschgiftdelikte haben hingegen abgenommen. Allerdings habe die Teillegalisierung von Cannabis keinen spürbaren Effekt auf die Arbeit der Polizei, sagte Slowik. Diese könne daran liegen, dass legales Cannabis nicht im großen Rahmen verfügbar sei.

Mit 45,5 Prozent ist die Aufklärungsquote sämtlicher Straftaten genauso hoch wie im vorherigen Jahr. Die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik erfasst sämtliche Delikte, die bei der Polizei ermittelt und als Fall abgeschlossen werden. Eine Verurteilung ist damit nicht verbunden.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte mit Blick auf die neuen Statistiken milliardenschwere Investitionen, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Zudem müsse sich die Polizei stärker auf ihre Kernaufgaben konzentrieren, sagte Landeschef Stephan Weh. „Wir halten hier täglich den Kopf für das hin, was im Abgeordnetenhaus entschieden wird“, erklärte Weh in einer Mitteilung. Aus der Politik fehle allerdings die nötige Rückendeckung.

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