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Für die Neuwahlen des Bundestags sieht sich die Stadt Berlin gut vorbereitet.

© Getty Images/Steffi Loos

Berlin hat jetzt Übung: Wie die Hauptstadt eine erneute Wahl-Blamage verhindern will

Die Durchführung der Bundestagswahl 2021 wurde zum Desaster. Mit dem Ende der Ampelregierung stehen nun Neuwahlen an. Wie es Berlin diesmal besser machen will und welche Risiken bleiben.

Stand:

Unzumutbar lange Schlangen, falsche Stimmzettel, zu lang geöffnete Wahllokale. 2021 erlebte Berlin ein Wahldesaster, das zu zwei Wiederholungswahlen führte. Warum das Land sich dieses Mal besser vorbereitet sieht – und warum dennoch Risiken bleiben:

1. Vorbereitung

Berlin ist gewappnet, verspricht der Landeswahlleiter Stephan Bröchler. Bereits als die ersten Gerüchte über ein Ampel-Aus aufkamen, hätten Bröchler und sein Landeswahlamt verschiedene Szenarien für eine Neuwahl ausgearbeitet. „Uns trifft das nicht unvorbereitet“, sagte Bröchler dem Tagesspiegel.

Seit Bundeskanzler Olaf Scholz die Koalition für beendet erklärt hat, haben bereits mehrere Termine mit der Innenverwaltung, den Bezirken und der Bundeswahlleiterin stattgefunden. Zudem sei man mit Druckereien im Gespräch, damit alle Stimmzettel rechtzeitig geliefert werden. Anders als 2021 würden die Stimmzettel auch noch mal auf Richtigkeit kontrolliert, sagte Bröchler.

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Für die praktische Durchführung der Wahl in Berlin sind die Bezirke zuständig. Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel (SPD) sagte dem Tagesspiegel: „Unser Wahlamt ist sehr gut aufgestellt und steckt mitten in den Vorbereitungen für die Bundestagswahl.“ Bereits bis Ende November soll die Begehung möglicher Wahllokale abgeschlossen sein, damit diese dann verbindlich festgelegt werden können. „Im Anschluss werden dann die ehrenamtlichen Wahlhelfenden eingeteilt“, sagte Hikel. Berlinweit werden 30.000 Wahlhelfende gebraucht.

2. Lehren aus 2021

Die Chaos-Wahl von 2021 hat ein politisches Beben in Berlin ausgelöst und nicht zuletzt die Amtszeit von Franziska Giffey (SPD) als Regierende Bürgermeisterin vorzeitig beendet. Politisch wollten die Verantwortlichen – allen voran der damalige Innensenator Andreas Geisel – zwar keine Verantwortung übernehmen, dennoch war allen klar, dass die Wahlorganisation in Berlin reformiert werden muss. Eine Expertenkommission erarbeitet eine Reihe von Vorschlägen, wovon einige, wenngleich noch nicht alle, umgesetzt sind.

Allen voran wurde die Stellung des Landeswahlleiters deutlich gestärkt. Anstatt einer Geschäftsstelle kann er nun auf eine eigene Behörde – das Landeswahlamt – zugreifen, die aktuell sieben statt wie vorher drei hauptamtliche Mitarbeiter hat. Zudem wurden die Schulungsangebote für Wahlhelfer überarbeitet und das Erfrischungsgeld für diese auf 100 bis 120 Euro angehoben.

Nicht zu vernachlässigen ist auch die hohe Aufmerksamkeit, die seit 2021 auf jeder Wahl in Berlin liegt. Ein erneutes Desaster wäre eine Blamage für Berlin, die Anspannung ist bei allen Beteiligten entsprechend hoch.

3. Erfahrung

Es klingt banal, aber durch die Chaos-Wahl 2021 hat Berlin mittlerweile reichlich Erfahrung in der Durchführung von Wahlen. Bestimmte Abläufe sind eingeübt. Allein seit 2021 fanden vier große Abstimmungen statt, zwei davon – die beiden Wahlwiederholungen – mussten ebenfalls im Winter und mit kurzem Vorlauf organisiert werden. Dazu kam der Klimavolksentscheid und die Europawahl. Alle Abstimmungen verliefen ohne größere Pannen.

4. Die externen Umstände

Bei der Pannenwahl 2021 kamen mehrere Faktoren zusammen. Die chaotische Wahlvorbereitung wurde potenziert durch den Umfang der Wahl, neben der Bundestagswahl fand gleichzeitig die Abgeordnetenhauswahl und der Volksentscheid „DW enteignen“ statt. Zudem liefen an diesem Tag Tausende Marathon-Läufer durch die Stadt, weshalb zahlreiche Straßen gesperrt waren. Dadurch erreichten zum Beispiel Nachlieferungen von Stimmzettel manche Wahllokale später oder gar nicht. Und: Die Wahl fand noch unter Coronabedingungen statt.

All das droht Berlin am 23. Februar 2025 nicht. Und auch einen Termin in den Schulferien, in denen viele mögliche Wahlhelfer im Urlaub sein werden, bleibt Berlin erspart. Die Winterferien enden in Berlin am 8. Februar. Worauf sich der Landeswahlleiter hingegen einstellen muss, ist schlechtes Wetter. Bei Schnee und Eis könnte der Zugang zu Wahllokalen erschwert sein. „Auch das haben wir im Blick“, sagte Landeswahlleiter Bröchler dem Tagesspiegel. Er sei in Gesprächen mit den Bezirken, entsprechende Räumungsdienste vorzuhalten.

5. Risiken

Nichtsdestotrotz wird die Wahl, wie für alle anderen Bundesländer auch, eine Herausforderung. „Das wird kein Spaziergang“, sagte Bröchler. Zwar sei es gut, dass man nun Klarheit habe. „Nur zwei Wochen später wäre für die Qualität der Wahl dennoch der überzeugendere Termin.“

Bröchler treibt vor allem die kurzen Fristen um. Der Briefwahlzeitraum würde im Regelfall bereits am 13. Januar beginnen. Auch wenn dieser Termin sich sehr wahrscheinlich noch nach hinten verschiebt, sei das „sehr, sehr eng getaktet“, sagte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Dienstag.

Zudem ist die Wahlorganisation immer noch nicht auf dem Stand, wie sie Landeswahlleiter Bröchler für nötig erachtet. Der Reformprozess nach der Wahl 2021 ist noch nicht abgeschlossen. So sind etwa immer noch nicht alle zusätzlichen Stellen in den Bezirkswahlämtern besetzt. Auch eine Änderung des Landeswahlgesetzes, das Bröchler mehr Durchgriffsrechte gegenüber den Bezirken geben soll, steht noch aus.

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