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„Noch nie zuvor hat mich ein Mensch so berührt“: Berliner Schüler erinnern sich an ihre Begegnung mit Margot Friedländer
Die verstorbene Margot Friedländer wollte vor allem junge Menschen erreichen. Um ihnen von der Schoah zu berichten – und um sie zu stärken für Demokratie und gegen Antisemitismus und Hass.
Stand:
Margot Friedländer lagen sie am Herzen: junge Menschen. Ihnen erzählte sie bei unzähligen Veranstaltungen, vor allem in Schulen, aus ihrem Leben. Wie sie als Jüdin erst in Berlin im Untergrund, später im Konzentrationslager Theresienstadt die Schoah überlebte – als einzige ihrer Familie. Im hohen Alter von 88 Jahren kehrte Friedländer 2010 aus den USA nach Berlin zurück. Am Freitag starb sie im Alter von 103 Jahren.
Der Tagesspiegel lässt jene Menschen zu Wort kommen, denen sie sich im Kampf für Demokratie, gegen Antisemitismus, Rassismus und Ausgrenzung gewidmet hat. 13 Schülerinnen und Schüler, aber auch Absolventinnen aus Berlin und Potsdam haben aufgeschrieben, wie sie Margot Friedländer erlebt haben und was sie beeindruckt hat.
Annemie, 19 Jahre: Ich hatte die Chance, Margot Friedländer bei einer Veranstaltung in unserer Schule zu sehen. Es war wirklich überwältigend, diese so starken und ausdrucksvollen Worte von einer so zarten gebrechlichen Frau zu hören. Es war eine der Veranstaltungen, die mich durch die erschütternden Erzählungen noch nachhaltig beeinflusst haben.
Julie, 15 Jahre: Durch Margot Friedländer habe ich gelernt, alle so zu akzeptieren, wie sie sind. Keine Religion, kein Aussehen oder Stand in der Gesellschaft macht einen zu einem anderen Menschen. Wir sind alle Menschen und sollten uns gegenseitig respektieren. Es ist wichtig, seine Mitmenschen nicht nur anzuhören, sondern auch zu versuchen, zu verstehen. Alle Menschen sind auf ihre eigene Weise besonders und verschieden und doch so gleich!
Antonia, 19 Jahre: Ich durfte Margot Friedländer kennenlernen, als sie an unsere Schule kam. Ihre Ausstrahlung und unglaubliche Positivität, trotz allem was sie in ihrem Leben erlebt hat, haben mich sofort beeindruckt. Sie wirkte so nahbar und hat sich allen unseren Fragen gestellt. Sie war einfach eine sehr beeindruckende Persönlichkeit, deren Geschichte wir nun weiterzuerzählen haben. Ich bin sehr dankbar, sie kennengelernt zu haben!
Lee, 17 Jahre: Margot Friedländer hat mich inspiriert, immer für meine Werte einzustehen und mich gegen Diskriminierung stark zu machen.

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Amelie, 16 Jahre: Margot Friedländer hat mich mit ihrer bewegenden Lebensgeschichte und ihrer Persönlichkeit tief beeindruckt. Ihre Worte haben mich inspiriert und mir gezeigt, wie wichtig persönliches Engagement gerade heute ist. Noch nie zuvor hat mich ein Mensch so berührt. Sie hat uns ihre Stärke weitergegeben und deutlich gemacht, dass wir nie vergessen dürfen. Ihre Geschichte weiterzutragen bedeutet für mich, Menschlichkeit über alles zu stellen.
Antonia, 18 Jahre: Als ehemalige Schülerin des Europäischen Gymnasiums Bertha-von-Suttner und Teil der AG Gedenken hatte ich das Privileg, Margot Friedländer persönlich kennenzulernen und ihre Geschichte hautnah zu erleben. Ihre Erzählungen über ihre Flucht, den Verlust ihrer Familie und das Überleben im Nationalsozialismus haben uns Schüler*innen tief bewegt. Besonders beeindruckt hat mich, wie sie trotz all des erlebten Leids immer wieder die Kraft fand, zu kämpfen und niemals aufzugeben. Ihre Worte „Seid Menschen“ haben uns immer wieder daran erinnert, dass es unsere Pflicht ist, füreinander einzustehen und menschlich zu handeln, gerade in einer Zeit, in der solche Werte immer wieder herausgefordert werden. Es war ein einzigartiges Erlebnis, von dieser so starken und mutigen Frau zu lernen.
Jannis, 20 Jahre: Die persönliche Begegnung mit Margot Friedländer werde ich nie vergessen. Ihre eindringliche Bitte, ihre Geschichte weiterzutragen und unsere Demokratie zu schützen – weil sie es nicht mehr lange selbst tun kann – motiviert und bestärkt mich in meinem Engagement bei der Interessengemeinschaft Friedenstaube am Otto-Nagel-Gymnasium.

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Annie-Charmaine, 14 Jahre: Ich hatte das große Glück, dass ich Margot öfter erleben durfte. Ich habe auch im letzten Herbst an unserer Schule eine Lesung mit ihr organisiert. Sie war eine faszinierende Frau, die anderen so viel gegeben hat, aber kaum etwas für sich beanspruchte. Für mich ist sie eine total inspirierende Person und das wird sie auch definitiv bleiben. Sie hat sich immer schick gemacht für ihre Lesungen und war ganz stolz, als sie das Cover von Vogue machen konnte. Alles an ihr hatte eine positive Ausstrahlung, obwohl sie doch so viel Leid erfahren hatte. Sie hat so viel mitgemacht, aber sie war eine sehr starke Frau. Es war faszinierend, wie sie die Bernsteinkette in das Konzentrationslager hineingeschmuggelt hat.
Mein persönlicher Lieblingssatz von Margot ist: Alle Menschen sind gleich. Es gibt kein christliches, kein muslimisches, kein jüdisches Blut. Es gibt nur menschliches Blut. Ich liebe das, denn man sollte alle akzeptieren. Das ist die Botschaft, die sie an uns gerichtet hat. Ich fand es toll, dass sie die Kraft hatte, so viele Bücher zu unterschreiben. Sie war so ein lieber Mensch. Sie möchte nicht nur Menschen, sondern auch Tiere. Sie erinnert mich an eine Schwalbe: Eine ihrer Lieblingsfarben war blau und sie liebte die Freiheit. Wir werden sie niemals vergessen. Sie wird für immer in unseren Herzen weiterleben.
Mila, 17 Jahre: Margot Friedländer hat mir gezeigt, dass es nie überflüssig oder überholt ist, sich für Menschenrechte und gegen Diskriminierung starkzumachen. Sie steht sinnbildlich dafür, dass Menschsein jegliche Form von Ausgrenzung überwinden kann.
Lia, 16 Jahre: Margot Friedländer ins Gesicht zu schauen, während sie damals mit uns sprach. Das hat meine Sicht auf den Holocaust von Grund auf verändert. Zahlen und Fakten aus Geschichtsbüchern nahmen Form an, der Holocaust wurde real(er). Sie zeigte mir die große Verantwortung, die wir Menschen füreinander haben. Die Verantwortung, solche Verbrechen nicht noch einmal zuzulassen. Und sie gab mir das Gefühl, dass wir es schaffen können, diese Verantwortung zu tragen. Sie hatte Vertrauen in uns, und Hoffnung. Ihr Appell hallt bis heute in mir nach: „Seid Menschen. Menschen würden so etwas nicht tun. Was damals geschah, darf nie wieder geschehen.“ Und nie wieder ist jetzt! - mehr denn je.

© Katharina Golze
Schülerin des Abiturjahrgangs: Ich fand es zutiefst berührend, Frau Friedländers Geschichte zu hören und bin extrem beeindruckt und dankbar, dass sie sich bis zum Schluss eingesetzt hat, diese weiterzugeben. Nun liegt es an uns, ihr Vermächtnis und ihre Botschaft weiterzutragen und nach ihr leben.
Schülerin der Klassenstufe 11: Frau Friedländers Besuch an unserer Schule hat mich sehr beeindruckt, und ich denke, das geht den anderen Schülerinnen und Schülern genauso. Es war eine ganz besondere Ehre, sie persönlich treffen zu dürfen. Es liegt nun an uns, ihre Botschaft zu verinnerlichen und zu leben – besonders im aktuellen politischen Klima.
Schülerin der Klassenstufe 7: Margot Friedländer sagte zu uns, dass wir Menschen sein sollen – das werde ich sein. Ich werde sie und ihren Besuch an unserer Schule nie vergessen. (Tsp)
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