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„Befeuert Rassistische Ressentiments“: Scharfe Kritik an Kai Wegners Aussagen zu Böller-Tätern nach Silvester-Exzess in Berlin
Die Exzesse der Silvesternacht in Berlin sorgen weiter für Debatten. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz meldet sich zu Wort.
Stand:
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat für seine Aussagen zur Abstammung von Silvester-Randalierern am Sonnabend Zurückhaltung und Kritik geerntet. „Wir haben gesehen, dass es sich bei den mutmaßlichen Tätern, die Polizisten, Rettungskräfte und andere Menschen angegriffen oder stark gefährdet haben, zu einem großen Teil um junge Männer mit Migrationshintergrund handelte“, hatte Wegner am Freitagabend der „B.Z.“ erklärt.
Er kündigte darüber hinaus an, die Polizei werde „auf Nachfrage zu den silvestertypischen Straftaten auch die Verteilung auf Nationalitäten und Altersgruppen der Straftäter bekannt geben.“

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Die Polizei wollte Wegners Aussage am Sonnabend zunächst nicht bestätigen. Eine Sprecherin verwies auf eine abschließende Bilanz zum Böllerexzess und zu den Straftaten in der Silvesternacht. Diese Bilanz werde am Montag veröffentlicht, sagte sie. Polizeiintern wird Wegners Aussage nach Tagesspiegel-Informationen allerdings durchaus geteilt. Die Innenverwaltung dagegen erklärte, die Nationalität der Verdächtigen sei für das Verständnis der Straftaten in der Silvesternacht nicht erforderlich.
Aber ein Böllerverbot finde ich irgendwie komisch.
Olaf Scholz (SPD), Bundeskanzler
Stephan Weh, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, bemühte sich um Differenzierung. „Wir brauchen nicht um den heißen Brei herumreden“, sagte er. Zwar handele es sich bei einer Vielzahl derjenigen, die festgenommen wurden oder die sich in sozialen Netzwerken bei Pyrostraftaten streamten, um „Ausländer oder junge Männer mit Migrationshintergrund – und zwar nicht, weil wir uns auf das Äußere verlassen. Wir müssen aber auch ehrlich sein, dass wir zu vielen Straftaten keine Tatverdächtigen haben“, erklärte Weh am Sonnabend.
Vasili Franco, innenpolitischer Sprecher der Berliner Grünen-Fraktion, kritisierte Wegner dagegen scharf. „Sicherheitsdebatten anhand von Hautfarbe oder Herkunft zu führen, ist brandgefährlich. Ein solcher Generalverdacht gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund erleichtert definitiv nicht die Arbeit von Polizei und Justiz“, erklärte Franco.
Er ergänzte: „Der Migrationshintergrund von Tatverdächtigen wird polizeilich nicht erfasst und bietet kriminologisch keinerlei Mehrwert. Wer auf dieser Basis Innenpolitik macht, befeuert lediglich rassistische Ressentiments.“
Innensenatorin will mehr Befugnisse für Länder
Unterdessen hat sich auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zur laufenden Debatte über ein mögliches Böllerverbot geäußert. Er sagte dem Magazin „Stern“: „Ich bin dafür, dass wir ordentliche Regeln haben für das Zeug, das da hergestellt wird. Aber ein Böllerverbot finde ich irgendwie komisch.“
„Nach diesem Jahreswechsel mit fünf Toten bundesweit und Schwer- und Schwerstverletzten, darunter ein siebenjähriger Junge in Berlin, fordere ich alle auf, zum Schutz von Einsatzkräften der Polizei und Feuerwehr sowie Menschen, die Silvester friedlich feiern wollen, umzudenken“, sagte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Sonnabend. Berlin und die anderen Bundesländer bräuchten eine Länderöffnungsklausel im Sprengstoffrecht des Bundes. Darin sei sich mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) einig.
„Länder und Kommunen müssen in der Lage sein, rechtssicher Böllerverbote beziehungsweise definierte Pyro-Erlaubniszonen zum Beispiel in Berliner Bezirken festzulegen“, sagte Spranger. „Ich unterstütze zudem ein schärferes Strafrecht beim Verwenden illegaler, gefährlicher Pyrotechnik.“ Jede Straftat, jeder Angriff auf Einsatzkräfte wie der Feuerwehr und der Polizei müsse „in unserem Rechtsstaat umgehend harte Konsequenzen der Justiz nach sich ziehen“.
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