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Die untergehende Sonne scheint im jajr 2022 auf das Sowjetische Ehrenmal im Treptower Park in Berlin.

© dpa/Christophe Gateau

Streit zum Weltkriegsgedenken: Das Verbot von Sowjet-Flaggen in Berlin ist ein Fehler

Vor dem 80. Jahrestag zur Befreiung vom Faschismus gibt es Streit über das Zeigen bestimmter Flaggen. Ein Berliner Gericht hat nun entschieden: Sowjetische Symbole sind untersagt.

Hannes Heine
Ein Kommentar von Hannes Heine

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Sicher, in den nächsten Tagen werden am Ehrenmal für die gefallenen Soldaten der Roten Armee in Treptow auch russische Nationalisten auftauchen. Womöglich huldigen einige Besucher dem Kreml-Herrscher Wladimir Putin und verbrämen die russischen Massaker in der Ukraine als „Widerstand“ gegen den allzu freien Westen.

Nun hat Berlins Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren entschieden, dass dort zu den traditionellen Gedenkveranstaltungen am 8. und 9. Mai sowjetische Flaggen verboten bleiben. Ein Fehler.

Sowjetische Flaggen könnten als „Sympathiebekundung“ für den Krieg verstanden werden, teilte das Gericht mit. Es drohe der „Eindruck eines Siegeszuges“, was die „Würde der Opfer“ und „den öffentlichen Frieden“ beeinträchtige. Bitte was!?

Die Sowjetunion war ein multiethnischer Staat, an der Spitze der herrschenden Kommunisten, der Betriebe und des Sicherheitsapparats standen Männer und Frauen aus zahlreichen Nationen, darunter viele Ukrainer. In der Roten Armee, die Deutschland im Mai 1945 vom Nazi-Terror befreite, dienten Soldaten aus allen Regionen der Sowjetunion.

Vor allem verdammte Putin im Februar 2022, als er Bombardierung und Invasion anordnete, vor Millionenpublikum den Sowjetgründer Wladimir Iljitsch Lenin, der die Ukraine als Staat erschaffen habe (was so nicht stimmt). Tatsächlich stand Lenin den einzelnen Sowjetrepubliken zunächst Autonomierechte zu. Putin sprach von einer „Zeitbombe“, die unter dem Sowjetimperium platziert worden sei. Russland ist Rechtsnachfolger der Sowjetunion, doch das macht das heutige Regime in Moskau nicht zu Kommunisten.

Politisch sendet das Urteil nicht nur mit dem Blick auf das letzte Jahrhundert irritierende Signale. Weltweit ist die Linke in der Ukraine-Frage gespalten. Nicht wenige unterstützen die Ukrainer, lehnen jedenfalls Moskaus Krieg ab. Sie werden sich fragen, warum deutsche Richter die Putin’sche Herrschaft in die Nähe einer sozialistischen, wenngleich untergegangenen Idee rücken.

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