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Das Wrack eines Autos steht nach einem tödlichen Unfall im Mai 2024 auf der Tauentzienstraße.

© dpa/Michael Ukas

Update

Unfallstatistik der Berliner Polizei: Mehr Tote, mehr Verletzte und mehr Autorennen

Es gibt kaum gute Nachrichten in der polizeilichen Unfallstatistik für 2024. So starben 55 Menschen, 22 mehr als im Vorjahr. Nur die Gesamtzahl der Verkehrsunfälle sank leicht auf 133.000.

Stand:

In Berlin ist die Zahl der Verkehrsunfälle im vergangenen Jahr leicht auf 133.365 zurückgegangen. Das geht aus der „Verkehrssicherheitslage“ der Polizei hervor, die am Mittwoch von Polizei und Politik vorgestellt wurde. Der minimale Rückgang um 771 Unfälle ist allerdings nur auf den ersten Blick eine gute Nachricht. Im Fünf-Jahres-Vergleich ist es der zweithöchste Wert.

Die Zahl der Toten stieg drastisch auf 55 an, im Jahr 2023 hatte es mit 33 Toten einen historischen Tiefstand gegeben. Bei etwa 120.000 Unfällen blieb es bei Sachschäden, 34.000 davon waren reine Parkplatzrempler. Bei knapp 14.000 Unfällen gab es Verletzte, die Zahl war in den Vorjahren ähnlich hoch. 16.500 Menschen wurden im Verkehr verletzt, es ist der höchste Wert der vergangenen Jahre. 1920 Menschen wurden schwer verletzt, dies ist der niedrigste Wert in den vergangenen fünf Jahren – und tatsächlich eine gute Nachricht.

Unter den Toten im Jahr 2024 waren 24 Fußgänger, elf Radfahrer, sieben Motorradfahrer, sieben Pkw-Insassen und sechs „Sonstige“ – dazu zählen Quad- und E-Scooter-Fahrer. Aber auch der vierjährige Guy, der bei dem Raserunfall in der Leipziger Straße in Mitte starb, zählt zu den „Sonstigen“: Es saß in der Kinderkarre. Dieser Unfall, bei dem ein 83-jähriger Autofahrer im März den kleinen Jungen und dessen 41-jährige Mutter Emeline tötete, hatte die Stadt 2024 wohl am meisten bewegt.

Der Senior hatte verbotenerweise auf dem Fahrradstreifen den Autostau rechts überholt. Gegen Peter R. wurde kürzlich Anklage wegen fahrlässiger Tötung in zwei Fällen erhoben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, die beiden mit Tempo 89 erfasst zu haben. Erlaubt sind in der Leipziger Straße 30 Kilometer pro Stunde. Kurz vor diesem Unfall hatte die CDU angekündigt, in 30 Hauptstraßen der Stadt wieder Tempo 50 statt Tempo 30 zuzulassen, weil dies Autofahrer zu stark behindere. „Berlin muss mobil und agil sein“, hatte CDU-Fraktionschef Dirk Stettner dies begründet.

Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel, Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU, v.l.) bei der Vorstellung der Unfallstatistik der Polizei.

© picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

Schlagzeilen machte auch ein Unfall mit zwei Toten in Charlottenburg. Im Mai raste ein mit vier Personen besetzter 320-PS-BMW mit hoher Geschwindigkeit auf der Tauentzienstraße gegen eine Granitmauer. Zwei Insassen starben, der Alleinunfall wurde als illegales Autorennen eingestuft.

Die Zahl dieser seit 2018 als Straftat verfolgten Rennen ist 2024 erneut gestiegen, auf 621. Knapp die Hälfte (301) waren Fluchten vor der Polizei. Die Zahl der klassischen Autorennen mit zwei Beteiligten ging von 170 auf 149 zurück. Dies lobte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) als „bemerkenswerten Erfolg polizeilicher Arbeit“. Was die Innensenatorin nicht erwähnte: 2022 hatte die Zahl der Rennen mit 107 deutlich niedriger gelegen.

Spranger nannte es „tragisch“, dass zehn der elf getöteten Radfahrer den Unfall alleine verursacht (acht) oder mit verursacht (zwei) hatten. In diesen Fällen sei der Einfluss polizeilicher Verkehrssicherheitsarbeit zu Ende, die „eigene Verantwortung“ beginne.

Der Fahrradclub ADFC kritisierte am Mittwoch erneut, dass die Polizei mangelhafte Infrastruktur in ihrer Statistik nicht berücksichtige. Die Polizei nenne als Unfallursache bei diesen Alleinunfällen häufig „nicht angepasste Geschwindigkeit“ und ignoriere so die vielfach „kaputte, mangelhafte oder fehlende Radinfrastruktur – etwa Wurzelschäden auf Radwegen“.

Gleichzeitig blieb die Rangfolge der Hauptunfallursachen unverändert: Die meisten Unfälle geschahen durch Fehler beim Abbiegen (rund 11.000), Missachtung der Vorfahrt (rund 4900 Fälle), nicht angepasste Geschwindigkeit (rund 2200 Fälle) und Alkoholeinfluss (rund 1300 Fälle).

Nach Angaben von Innensenatorin Spranger stieg die Zahl der Ordnungswidrigkeiten-Anzeigen von 3,67 Millionen im Jahr 2023 auf 3,84 Millionen. Die meisten davon (2,7 Millionen) waren Parkverstöße. Die Zahl der Verkehrskontrollen ist deutlich gesunken, und zwar von 10.800 auf 8900. Grund ist die Belastung der Beamten mit anderen Einsätzen, zum Beispiel Staatsbesuchen. Die Zahl der sogenannten Einsatzkräftestunden sank um ein Fünftel von knapp 250.000 auf gut 200.000.

Automatische Anlagen brauchen kein Personal und erhöhen ebenfalls die Verkehrssicherheit. Doch für zusätzliche Blitzer hat die Polizei kein Geld, nicht einmal für die in der Anschaffung günstigen und effektiven Anhänger. Wie berichtet, konnte sich Spranger im Senat nicht durchsetzen. Auf Nachfrage sagte sie am Mittwoch: „Fragen Sie bitte den Finanzsenator.“

Immerhin ist im Doppelhaushalt Geld für zusätzliches Personal in der Bußgeldstelle eingeplant. Zuletzt wanderten wegen Überlastung zahlreiche Bescheide in den Mülleimer.

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