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Vollbremsung für Werk in Grünheide?: Tesla stellt Batterie-Herstellung in Deutschland in Frage
Der Elektroautokonzern will seine Batterie-Strategie ändern. Die Auswirkungen auf die fast fertige Batteriefabrik im Grünheider Tesla-Werk sind unklar.
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Für das fast fertige Batteriewerk in der Tesla-Gigafactory Berlin-Brandenburg droht vielleicht ein Rückschlag. Am Donnerstag führte ein Bericht des „Wall Street Journal“ (WSJ) zu Unruhe, wonach der US-Elektroautobauer Tesla seine Pläne zur Herstellung von Batterien in Deutschland aussetzen will, was unmittelbar das Werk im brandenburgischen Grünheide beträfe.
Danach will das US-Unternehmen seine globale Batterie-Strategie ändern, um von neuen milliardenschweren Steueranreizen in den USA zu profitieren. Elon Musk, sonst auf Twitter rege aktiv, kommentierte diese Meldungen nicht. Auch von Tesla gab es am Donnerstag dafür keine Bestätigung.
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) geht aktuell jedenfalls nicht von einem Totalstopp Teslas für seine Batteriepläne am Standort der Gigafabrik aus. „Wir haben keine Informationen, dass irgendetwas verlagert werden soll. Grundsätzlich bleibt der Ausbau wie geplant“, sagte Steinbach am Donnerstag dem Tagesspiegel.
Das ist ganz klar ein Angriff auf den europäischen Markt.
Jörg Steinbach, Brandenburgs Wirtschaftsminister
Es gebe „gewisse Informationen, dass es zu Änderungen in Priorisierungen kommen“ könne. „Es ist nicht auszuschließen, dass sich an den Zeitplänen etwas ändern kann“, sagte Steinbach in Bezug auf die Batteriefabrik. „Aber der Ausbau in Grünheide, sowohl was die Geräte betrifft als auch beim Personal, geht davon unbeeinflusst weiter.“ Er betonte: „Das Autowerk ist davon nicht betroffen.“
Allerdings schloss Steinbach Auswirkungen eines Strategiewechsels von Tesla für Grünheide auch nicht aus. Er verwies auf das jüngst von US-Präsident Joe Biden unterzeichnete neue Gesetz („Inflation Reduction Act“), das unter anderem milliardenschwere Steueranreize für E-Autobauer vorsieht. Käufer von E-Fahrzeugen haben demnach Anspruch auf eine Steuergutschrift von 7500 Dollar pro Kauf, wenn die Batterien der Autos bestimmte Kriterien erfüllen.
„Das ist ganz klar ein Angriff auf den europäischen Markt“, sagte Steinbach. Dadurch werde „versucht, amerikanische Unternehmen wieder zurückzuholen mit enormen Zuschüssen“, so der Wirtschaftsminister. „Die Reaktion darauf muss aus Brüssel kommen. Die EU müsste uns in der Lage versetzen, auf solche Entwicklungen auch beihilferechtlich anders reagieren zu können und damit die Augenhöhe mit den USA wieder herzustellen.“

© Foto: Thorsten Metzner
In der Batteriefabrik in Grünheide (geschätztes Investitionsvolumen vier Milliarden Euro, 2000 Jobs) will Tesla nach den bisherigen Plänen die Batteriezellen einer neuen Generation herstellen, die für längere Reichweiten der E-Fahrzeuge sorgt. Die Bundesregierung hatte dafür bereits eine mit der EU abgestimmte Förderung von 1,1 Milliarden Euro zugesagt, auf die Tesla überraschend verzichtete.
Erst vergangenes Wochenende hatte der US-Elektroautobauer auf seinem Informationstag für die Bevölkerung der Region in Hangelsberg neben seinen Erweiterungsplänen, dem Wasserverbrauch, dem Logistikkonzept mit einem Stand auch über die Batteriezellfertigung informiert.
In dem hochmodernen Werk, so wurde von einem Tesla-Mitarbeiter des Batterie-Teams erklärt, sollen in einem Trockenelektrodenverfahren pro Sekunde 16 Batteriezellen hergestellt werden. Auf die Frage wann Produktionsbeginn sei, hieß es Tesla-typisch: „So schnell wie möglich“.

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Eine Nicht-Inbetriebnahme des Batteriewerkes wäre für Tesla zudem mit dem Risiko verbunden, dass die geplante Erweiterung des Grünheider Werkes um 100 Hektar für einen Güterbahnhof, Lager- und Logistikflächen noch schwieriger würde. Diese begründet Tesla mit nicht ausreichendem Platz im bisherigen 300-Hektar-Areal.
Die Abstimmung im Gemeindeparlament, um dafür das nötige Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans zu starten, ist bereits verschoben worden. Grünheides Bürgermeister Arne Christiani bestätigte, dass es nicht auf der Tagesordnung der September-Sitzung stehe, es auf Ende des Jahres hinauslaufe.
Bürgerinitiativen und Umweltverbände machen gegen die Erweiterung mobil. Nach den Meldungen um Teslas Batteriepläne fordern die Freien Wähler im Landtag einen Verzicht auf die Erweiterung. „Wir gehen davon aus, dass die Hallen als Lagerkapazitäten zur besseren Absicherung der Lieferketten genutzt werden können“, erklärte der Abgeordnete Philip Zeschmann. Der Zukauf weiterer Flächen an Wald und im Wasserschutzgebiet für diesen Zweck werde damit „überflüssig“.
Brandenburgs Linke-Fraktions- und Parteichef Sebastian Walter kommentierte die Meldungen so: „Elon Musk ist ein knallharter Geschäftsmann und eben kein Heilsbringer“. Er erinnerte daran, dass der Konzernchef sein Werk in Grünheide als „gigantischen Geldverbrennungsofen“ bezeichnet hatte. Fraglich sei weiterhin, so Walter, „ob die Erweiterungspläne früh oder später von Tesla in Grünheide auch aufgegeben werden.“
In der Gigafactory läuft seit März die Autoproduktion, die unter Hochdruck weiter hochgefahren wird. Gerade hat Tesla als neues Ziel ausgegeben, ab Anfang 2023 dort wöchentlich 5000 Fahrzeuge vom Band rollen zu lassen, was die Hälfte der angepeilten Gesamtkapazität von 500 000 Fahrzeuge jährlich wäre. Derzeit dürften es mehr als 2000 Fahrzeuge pro Woche sein. In der Fabrik arbeiten 6000 Menschen und 180 Auszubildende, womit Tesla größter Industriearbeitgeber und größter Ausbildungsbetrieb der Hauptstadtregion ist.
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