
© Tsp / Seval Tekdal
„Ihr alle werdet dafür büßen“: Propalästinensische Demonstration zog durch Berlin-Kreuzberg
Am Samstagnachmittag bekundeten Menschen beim sogenannten Siegeszug in Kreuzberg ihre Solidarität mit Palästinenser:innen im Gazastreifen. Die Begegnung mit einer Gegendemo verlief ohne Vorfälle.
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Unter dem Motto „Solidarity with Palestine Stop the Gaza Genocide – No weapons for Israel“ wurde am Samstagnachmittag in Berlin demonstriert. Die auch als Siegeszug bezeichnete Demo startete um 14 Uhr am Oranienplatz und bewegte sich durch Kreuzberg in Richtung Hohenstaufenplatz in der Nähe des U-Bahnhofs Schönleinstraße.
Kurz nach dem Beginn bewegte sich die Zahl der Teilnehmenden im zweistelligen Bereich. Sie hatten sich am Sonnabendnachmittag am Oranienplatz versammelt, um ihre Solidarität mit den Palästinenser:innen im Gazastreifen zu bekunden.
Die Polizei war mit Mannschaftswagen vor Ort und begleitete die Demonstration vor und hinter der Menge. Zusätzlich liefen Beamte in Zweierreihe rechts vom Demozug auf dem Bürgersteig mit.

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Die Demonstrierenden skandierten sich am Oranienplatz mit einem ersten „Free Free Palestine“-Ruf warm, zwei Trommler:innen bereiteten sich auf den Demozug vor.
Die Demonstrierenden waren mit Kufiyas bekleidet, einige von ihnen hatten palästinensische Fahnen dabei. Auch Fahnen der Antifa und der Partei MeRa25 waren zu sehen. Viele Kinder waren vor Ort, einige von ihnen durften den Demozug mit kleinen Trommeln begleiten.
„Ich bin heute hier, weil ich für ein freies Palästina bin“, sagte Thomas. Er ist Jude und Mitglied der „Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost“, sein Vater hat das Konzentrationslager überlebt, viele seiner Verwandten sind in den Konzentrationslagern von den Nazis ermordet worden. „Diese Vernichtung und das Unrecht an den Jüd:innen damals veranlasst mich heute, für die Palästinenser:innen und gegen das ihnen angetane Unrecht zu demonstrieren.“

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„Der Vernichtungskrieg im Livestream, dem die ganze Welt 15 Monate, fast 500 Tage lang zugesehen hat, ist vorbei, schämt euch! Wir feiern heute unseren Sieg“ – mit diesen Worten setzte sich der Demozug langsam in Bewegung. „Der Gazastreifen hat die imperialistischen Kräfte, den israelischen Besatzer, in die Knie gezwungen!“ Die Aussagen wurden zumindest zu Beginn immer erst auf Deutsch und dann auf Arabisch ins Mikrofon gesprochen.
Ein herzlicher Dank „an die deutschen und jüdischen Geschwister in Berlin, die sich an die Seite der Palästinenser:innen und gegen das Unrecht gestellt haben“ wurde ausgesprochen. Es habe in ihren Reihen in den letzten 15 Monaten keinen einzigen antisemitischen Vorfall gegeben, trotzdem distanzierten sie sich weiterhin von jeder Art des Antisemitismus, so der Mann am Mikro. Sie würden so lange kämpfen, bis Palästina endlich frei ist, „ein freier Staat mit Jerusalem als seiner heiligen Hauptstadt.“

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„467 Tage durfte Israel den Gazastreifen in ein apokalyptisches Brachland verwandeln“, sagte Carolina Rehmann von MeRa25. Sie kritisierte die Bundesregierung für ihre „Komplizenschaft im Genozid“ durch Waffenlieferungen und die Verteidigung Israels vor dem Internationalen Gerichtshof. Nach ihrer Rede rief die Menge „Viva, viva Palästina“.
Am Kottbusser Tor angekommen, waren die Redebeiträge überwiegend auf Arabisch. „Gaza hat trotz des Blutes gesiegt“, war beim Zug von dort in Richtung Kottbusser Brücke zu hören. „Wir haben eure Taten dokumentiert. Genauso, wie ihr unsere Toten live dokumentiert habt. Und Ihr alle, alle, vom kleinsten Bullen bis hin zu Olaf Scholz, werdet dafür büßen.“ „You will see, you will see – Palestine will be free“ skandierte die Menge.
Später wurden die „kleinsten Bullen“ dann auch noch direkt vom Redner angesprochen: „Ihr seid Vasallen der zionistischen Bundesregierung“, hieß es da – von einem Polizisten mit einem mild-müden Lächeln quittiert.
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Auf der Kottbusser Brücke wartete eine Gegendemonstration – eine Gruppe Menschen mit der israelischen Staatsflagge, auch eine Berlin-Flagge war dabei.

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„Und zu unserer Rechten sehen wir den Hampelmann-Verein, der gekommen ist, um uns zum Sieg zu gratulieren“, sagte der Demonstrations-Anführer. „Viva, viva Palestine, Palestine will never die“, rief die Menge den Gegendemonstranten im Vorbeigehen entgegen. Die Begegnung verlief ansonsten ohne Vorfälle.
Danach bewegte sich der Demozug planmäßig über den Kottbusser Damm. Gegen 16 Uhr kam er am Ziel, am Hohenstaufenplatz, an. „Der wahre, der legitime Vertreter des palästinensischen Volkes ist der Widerstand“, sagte der Veranstalter dort. Zu Musik wurde darum gebeten, den Platz geordnet zu verlassen und die Demo damit aufzulösen.
Nach Auflösung der Demo kam es neben dem Hohenstaufenplatz zu Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Demonstrierenden und der Polizei. Parolen der Antifa wie „Alle Polizisten Mörder und Faschisten“ und „Fuck the Police“ gerufen. Die Stimmung war angespannt. Die Polizisten zogen Helme auf, es fuhren einige Mannschaftswagen auf.
Am Abend sprach die Polizei davon, dass es mehrfach zu Straftaten wie verbotenen Parolen oder dem Abbrennen von Pyrotechnik gekommen sei. Mehrere Demonstranten seien daraufhin zur Feststellung der Personalien vorübergehend festgenommen worden. Mehrfach seien auch Flaschen in Richtung Polizei geworfen worden.
Ein Tatverdächtiger, der wegen tätlichen Angriffs festgenommen wurde, musste mit körperlicher Gewalt festgehalten werden, wie die Polizei auf X mitteilte. Er habe nach seiner Festnahme offenbar einen Ohnmachtsanfall simuliert. Ein Video davon kursiere in sozialen Netzwerken. „Nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wurde er unverletzt und bei vollem Bewusstsein entlassen“, hieß es.
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Zur Demonstration waren 500 Teilnehmer worden. Nach Angaben der Berliner Polizei waren es mit etwa 350 allerdings deutlich weniger.
Die Lage im Gazastreifen hatte sich in dem letzten über ein Jahr seit Kriegsausbruch kontinuierlich verschlechtert, internationale Vermittlungsversuche zwischen Israel und der islamistischen Hamas waren bis zuletzt erfolglos geblieben.
Am Sonntag soll eine Waffenruhe zwischen den Kriegsparteien in Kraft treten. Sie soll zunächst für 42 Tage gelten, in der Zeit sollen 33 der insgesamt 98 Geiseln der Hamas freikommen. Im Gegenzug will die israelische Regierung hunderte palästinensische Inhaftierte aus ihren Gefängnissen entlassen. (mit dpa)
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