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1500 Menschen folgten dem Aufruf des Islamisten-Influencers zur Demonstration vor der ägyptischen Botschaft in Berlin am Sonnabend.

© privat

„Wegners Vorschlag taugt nicht für Verbote“: SPD sieht nach Islamisten-Demo Reformbedarf im Versammlungsrecht

Berlins Senatschef Kai Wegner (CDU) nahm Innensenatorin Iris Spranger (SPD) in die Verantwortung, um Demos von Kalifat-Fans zu verbieten. Nun widerspricht der Koalitionspartner.

Stand:

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) erntet wegen seiner Forderungen zum Verbot von israelfeindlichen Islamisten-Demonstrationen Widerspruch vom Koalitionspartner SPD. Anlass ist die Kundgebung eines Islamisten-Influencers aus dem Umfeld einer verbotenen Partei mit 1500 Teilnehmern.

Dabei wurde ein Eingreifen der arabischen Staaten und einer „Armee der Muslime“ gegen Israel gefordert, um den „Plan Allahs auszuführen“. Dazu gehört auch ein Kalifat im Nahen Osten – also eine religiöse Herrschaft mit der Scharia als oberstes Gesetz. Und vor allem ohne jüdischen Staat.

Wegner verlangte von Spranger, Gesetzesänderung zu prüfen

Wegner hatte gefordert, dass Innensenatorin Iris Spranger (SPD) nun Änderungen am Versammlungsfreiheitsgesetz prüfen müsse, um derlei Aufmärsche von Islamisten zu verbieten. Martin Matz, Innenexperte der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, widersprach nun. Wegners Vorschlag reiche nicht aus, um die Kalifat-Anhänger zu stoppen.

Der Abgeordnete Martin Matz ist innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus.

© Britta Pedersen/dpa

Die Polizei hatte die Demonstration untersagt, doch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) hatte das Verbot wieder aufgehoben. Tenor: Die Polizei hätte erklären müssen, wie bereits durch Auflagen Gewalt und verbotene Parolen verhindert werden können.

Wegner hatte die Entscheidung als unverständlich bezeichnet. Und er nahm Innensenatorin Spranger in die Verantwortung. „Wie in den Richtlinien der Regierungspolitik festgeschrieben, muss der Begriff der öffentlichen Ordnung wieder ins Versammlungsfreiheitsgesetz festgeschrieben werden“, hatte Wegner erklärt. „Die Innenverwaltung sollte jetzt prüfen, welche Änderungen notwendig sind, um Aufmärsche dieser Art künftig wirksam zu verhindern.“

SPD-Innenexperte Matz kritisierte nun Wegners Vorstoß. „Wir haben ohnehin im Koalitionsvertrag vereinbart, die öffentliche Ordnung wieder in das Versammlungsfreiheitsgesetz aufzunehmen“, sagte Matz dem Tagesspiegel. „Doch das und damit auch der Vorschlag von Kai Wegner taugen nicht dafür, solche Kalifat-Kundgebungen wie am Wochenende zu verbieten.“

Von den Gerichten bis hoch zum Bundesverfassungsgericht sei bereits entschieden worden, dass die Gefährdung der öffentlichen Ordnung nicht für ein Versammlungsverbot reiche, erklärte Matz. Wegen solcher Gefährdung könnten nur Auflagen gegen Versammlungen verhängt werden. „Daher müssen wir das Gesetz an entscheidender Stelle ändern“, sagte der SPD-Innenpolitiker.

SPD will Aufruf für Kalifat als Verbotsgrund im Gesetz

„Bislang sind die Regelungsbeispiele für Verbote vor allem darauf beschränkt, wenn dem Nazi-Regime gehuldigt werden soll. Hier müssen wir mehr Beispiele anfügen“, erklärte er. „Für mich gehört der Aufruf zur Bildung eines radikalislamischen Kalifats dazu.“

Aus der Innenverwaltung hieß es, nach der Sommerpause werde die Evaluation des Gesetzes vorliegen. Dann werde beraten, welche Änderungen notwendig sind. Priorität habe in der Koalition einvernehmlich zunächst die nun vorgelegte Reform des Polizeigesetzes gehabt.

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