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"Es rafft die Alten dahin, aber die Jungen überstehen diese Infektion nahezu mühelos." Das "funk"-Satirevideo "Corona rettet die Welt" sorgt derzeit für massive Empörung.

© KWS

Update

„funk“-Satirebeitrag „Corona rettet die Welt“: RBB verweist auf Freiheit der Kunst

Das öffentlich-rechtliche Jugendangebot "funk" will auch nach dem Satirebeitrag „Corona rettet die Welt“ die Krise weiter mit Humor meistern.

Als der Presserat, das Selbstkontrollgremium der deutschen Presse, am Montagmorgen das Postfach mit den eingegangenen Beschwerden öffnete, lagen darin 400 Beschwerden zum Satirebeitrag „Corona rettet die Welt“.

Das Youtube-Video von Satiriker Schlecky Silberstein ist Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Jugendangebots „funk“ von ARD und ZDF. Das Angebot wird ausschließlich über das Internet verbreitet, einen linearen Sender dazu gibt es nicht.

In dem Satirebeitrag beschäftigt sich das so genannte „Bohemian Browser Ballett“ mit dem Coronavirus. Es heißt dort unter anderem: „Interessant, wie fair dieses Virus dabei ist. Es rafft die Alten dahin, aber die Jungen überstehen diese Infektion nahezu mühelos. Das ist nur gerecht, immerhin hat die Generation 65 plus diesen Planeten in den vergangenen 50 Jahren voll an die Wand gefahren.“

Ein „menschenverachtenden Beitrag“

Nach Ansicht der Beschwerdeführer handelt es sich bei dem Video um einen „menschenverachtenden Beitrag“. Die Beschwerden machen überwiegend die Ziffer 1 (Menschenwürde) und 12 (Diskriminierungen) des Pressekodex geltend, wie der Presserat auf Anfrage des Tagesspiegels am Montagmorgen mitteilte. Dies gelte gerade in Zeiten, in denen sich viele Menschen sich um ihre Eltern und Großeltern Sorgen machen.

Die Beschwerden gegen das „funk“-Satireangebot haben allerdings ein Problem. Der Presserat ist für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht zuständig und verweist daraum auf die zuständigen Stellen in den Sendern: also auf die ARD-Rundfunkräte und den ZDF-Fernsehrat. Beim ZDF-Gremium sind bis Montagmittag 42 Zuschriften eingegangen. Auf ein Statement verzichten die Mainzer, da es sich beim "Bohemian Browser Ballett" um keine ZDF-Produktion handelt. Innerhalb der ARD ist der SWR der federführende Sender für das Jugendangebot "funk". Beim Südwestrundfunk sind bis Montagnachmittag zehn Beschwerden eingegangen.

Beauftragt und abgenommen hat den Beitrag indes der Rundfunk Berlin-Brandenburg. "Wir bedauern sehr, dass sich durch das Video Menschen verletzt oder diskriminiert gefühlt haben. Wir müssen uns als verantwortlicher Sender fragen, ob wir Reaktionen, wie wir sie jetzt erleben, hätten voraussehen und vermeiden können", teilte der RBG auf Nachfrage mit. "Diese Diskussion führen wir, und wir führen sie selbstkritisch. Eine grundsätzliche Debatte über Kunst- oder Meinungsfreiheit führen wir nicht, beides steht für den RBB außer Frage", erklärt der Sender weiter. "Die Kunst ist ist frei, das ist bei Dieter Nuhr so, das ist auch beim "Boehmian Browser Ballett" so."

Entschuldigung mit Verweis auf "schwarzen Humor"

Inzwischen hat das Jugendangebot "funk" offiziell auf die Kritik an dem Beitrag reagiert: "Es war nie unsere Absicht oder auch die Absicht des Bohemian Browser Balletts, alte Menschen zu diskriminieren oder zu beleidigen. Deshalb wollen wir gerne, wie es auch das Team des Bohemian Browser Balletts bereits getan hat, uns bei allen entschuldigen, die sich durch das Video verletzt gefühlt haben.  Hiermit sprechen wir auch für den rbb, der die Videos des Bohemian Browser Balletts redaktionell betreut", heißt es in einer Mitteilung, die mit den beiden "funk"-Chefs Florian Hager und Sophie Burkhardt abgestimmt wurde. Das Video soll auf Youtube verbleiben, aber nicht weiter aktiv gestreut werden, teilte "funk" mit. Außerdem soll der Satirebeitrag "kontextualisiert" werden, auch wenn es "immer seltsam ist, Humor erklären zu müssen"

In dem Statement wird allerdings auf die besondere Ausrichtung des Satireformats von Schlecky Silberstein verwiesen: "Ein sich wiederholendes Stil-Element bei Videos des Bohemian Browser Balletts ist, dass radikale Positionen persiflierend eingenommen werden", heißt es dort. Tatsächlich könne man das aktuell kritisierte Video in diese Art der Satire einreihen. "Die Perspektive eines radikalen Umweltschützers wird satirisch-persiflierend eingenommen und dabei werden auch die Probleme einer solchen Position deutlich, die ja bis zum Ende gedacht zur Selbstabschaffung der Menschen führen müsste. Tatsächlich wird aus dieser Rolle heraus im Video gesprochen und wir vermuten, dass dies jenseits von Krisenzeiten auch verstanden worden wäre, selbst von Menschen, die diese Art von – zugegebenermaßen schwarzem – Humor vielleicht nicht besonders lustig oder geschmackvoll gefunden hätten." 

"Krise mit Humor meistern"

Abschließend stellt sich das Jugendangebot die Frage, ob "wir in und um die Corona-Krise herum wirklich weiter Satire machen" sollen? Die Antwort: "Auch wenn das kritisierte Videos zeigt, was in der aktuellen Zeit beim Verständnis von Satire alles schief gehen kann: Wir brauchen auch Humor um diese Krise zu meistern!"

Und weiter: "Wir sind überzeugt: Kunst kann helfen, diese Zeiten durchzustehen und deshalb stellen wir uns hinter die Künstler*innen, selbst wenn sie in diesen Zeiten mehr Gefahr denn je laufen, den Ton nicht richtig zu treffen oder aber, missinterpretiert zu werden. Die Erfahrungen, die wir gerade machen, helfen uns, hier besser zu werden." Das ist nach "Corona rettet die Welt" allerdings auch dringend geboten.  

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