zum Hauptinhalt
Ein Kamerad der Freiwilligen Feuerwehr errichtet eine mobile Hochwasserschutzwand am deutsch-polnischen Grenzflusses Oder.

© dpa/Patrick Pleul

Update

Hochwasserlage verschärft sich: Oder-Flutwelle nähert sich der deutschen Grenze

Während Nachbarländer mit Aufräumarbeiten beginnen, ist die Gefahr hierzulande noch nicht gebannt. Brandenburg blickt sorgenvoll auf die Oder. Polen kritisiert die Höhe der EU-Hilfen.

Stand:

Während die Pegelstände an der Elbe langsam sinken, bewegt sich die Hochwasserwelle der Oder weiter flussabwärts und nähert sich damit der Grenze zu Deutschland. Die Gebietsverwaltung der grenznahen polnischen Woiwodschaft Lebus rief Hochwasseralarm für die an der Oder gelegenen Regionen aus. Es wird erwartet, dass der Hochwasserscheitel am Sonntag die Kreisstadt Nowa Sol rund 80 Kilometer östlich der Grenze erreicht. Auch in Westpommern laufen die Vorkehrungen für das Hochwasser an.

Bislang galt entlang mehrerer Flussabschnitte bei Frankfurt (Oder), Eisenhüttenstadt und Ratzdorf die niedrigste Alarmstufe. Feuerwehren, Technisches Hilfswerk und andere Organisationen stehen für den Ernstfall bereit. Die Oder-Anrainer wollen mit den seit Tagen laufenden Vorkehrungen Überschwemmungen und große Hochwasser-Schäden verhindern.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) rief dazu auf, sich auf den Ernstfall vorzubereiten. „In einigen Bereichen der Oder kann in den nächsten Tagen die höchste Warnstufe 4 erreicht werden. Deshalb bleiben wir wachsam“, sagte er. Wann genau extremes Hochwasser zu erwarten ist, ist noch unklar.

Bei Alarmstufe 4 geht es um Katastrophenabwehr. Es können größere Flächen überflutet werden – auch in bebauten Gebieten.

Für die Pegel Ratzdorf und Eisenhüttenstadt gilt bereits seit Mittwoch die unterste Alarmstufe. Für Ratzdorf, etwa 40 Kilometer südlich von Frankfurt (Oder), wird laut bisheriger Prognose des Landesumweltamtes am Montagabend mit dem Erreichen der Alarmstufe 3 gerechnet. Im Jahr 1997 hatte die Ortschaft Ratzdorf, wo Oder und Neiße zusammenfließen, eine Hochwasser-Katastrophe mit schweren Schäden erlebt. Seitdem wurde der Hochwasserschutz verbessert.

Alarmstufe 2 soll in Dresden bald aufgehoben werden

Der sehr langgestreckte Scheitel des Elbe-Hochwassers hat den sächsischen Abschnitt passiert. In Dresden soll am Samstagmittag die Alarmstufe 2 aufgehoben werden, wie die Stadt mitteilte. Sowohl in Sachsen als auch im tschechischen Einzugsgebiet der Elbe und Moldau seien keine größeren Niederschläge zu erwarten. Bei Alarmstufe 2 kann es zu Überschwemmungen landwirtschaftlicher Flächen und einzeln stehenden Gebäuden kommen.

Am Freitagmorgen war nur noch in Torgau der Pegel leicht angestiegen. Ab dem Nachmittag ging er jedoch auch hier zurück und lag knapp unter 6,50 Meter. In Dresden wurden am Nachmittag etwas mehr als 5,30 Meter gemessen. Der Normalwert liegt bei 1,42 Meter.

Hochwasserscheitel am Mittwochabend

Der Elbe-Hochwasserscheitel war am Mittwochabend in Sachsen angekommen. Am ersten Pegel Schöna nach der Grenze zu Tschechien erreichte der Fluss mit 6,63 Metern den Höchststand - normal sind dort 1,58 Meter. Auch Dresden passierte er schon über Nacht mit 6,10 Metern, in Riesa bei 6,66 Metern und in Torgau mit um die 6,50 Meter.

Das Wasser fließt sehr langsam ab, auch wegen der Steuerung in den Moldau-Kaskaden zum Schutz der flussabwärts liegenden tschechischen Hauptstadt Prag. Das Landeshochwasserzentrum geht davon aus, dass das womöglich bis Ende September anhält.

Frankfurt erwartet in der ersten Wochenhälfte ernste Lage

Am Pegel Frankfurt (Oder) stiegen die Wasserstände kontinuierlich, sodass am Donnerstagnachmittag die Alarmstufe 1 ausgerufen wurde, wie das Landesamt für Umwelt mitteilte.

Die Oder-Stadt rechnete am Wochenende zwar vorerst nicht mit einer Zuspitzung der Situation. In der ersten Wochenhälfte werde dann aber die Alarmstufe 3 erwartet, sagte ein Sprecher. Richtwert dafür ist ein Wasserstand von sechs Metern. Es sei noch unklar, ob die Wasserstände mehrere Tage auf einem hohen Niveau blieben, sagte der Sprecher. Deiche, Schutzwände und Sandsäcke sollen große Wassermassen abhalten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Außerdem wurde am Donnerstagabend eine mobile Hochwasser-Schutzwand fertig montiert. Die Stadt hat für Anwohner eine Hotline eingerichtet, die nach ihren Angaben gut genutzt wird. „Viele Menschen sind sehr in Sorge“, sagte ein Sprecher.

Bewohner einer Asylbewerberunterkunft helfen in Frankfurt an der Oder bei einem freiwilligen Einsatz beim Befüllen von Sandsäcken.

© dpa/Patrick Pleul

Zudem bietet Frankfurt dem polnischen Nachbarort Slubice Unterstützung an. Für die Stadt, die deutlich tiefer liegt als Frankfurt, könnte die Lage brisanter werden.

Die Lage in Polen

In der Nacht zu Freitag kämpften Feuerwehrleute, Soldaten und Einwohner im niederschlesischen Brzeg Dolny 35 Kilometer nordwestlich von Breslau (Wroclaw) um den Erhalt der Deiche, in denen sich mehrere Sickerstellen aufgetan hatten. Der Wasserstand betrug dort 9,33 Meter und könnte noch auf 9,45 Meter steigen, wie das Meteorologische Institut auf X mitteilte. Normal ist ein Stand von etwa 4,60 Metern. Das jetzt prognostizierte Maximum liegt aber noch unter den Werten des Oderhochwassers von 1997.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

In Breslau tagte erneut der Krisenstab mit dem polnischen Regierungschef Donald Tusk. Auf Höhe der Stadt mit 630.000 Einwohnern sei der Wasserpegel im Vergleich zum Vortag bereits um zehn Zentimeter gefallen, sagte der Leiter des Meteorologischen Instituts. Für die kommenden Tage ist für große Teile Polens trockenes und sonniges Wetter vorhergesagt.

Polen hält EU-Hilfen für nicht ausreichend

Polens Finanzminister Andrzej Domanski hält die von der EU in Aussicht gestellte Milliarden-Hilfe zur Bewältigung der schlimmsten Überschwemmungen seit mindestens zwei Jahrzehnten für angemessen, wenn auch vermutlich für nicht ausreichend. „Wir wissen, dass die Verluste sehr hoch sind, sehr hoch, auch wenn wir die genaue Zahl noch nicht kennen“, sagte er am Freitag in einem Interview mit dem Sender TVN.

„Also denke ich, dass dieser Betrag, diese fünf Milliarden Euro für Polen angemessen sind. Das bedeutet aber keineswegs, dass dieser Betrag ausreicht, um alle Verluste abzudecken.“ Die EU-Kommission hatte den von den schweren Überschwemmungen betroffenen osteuropäischen Ländern am Donnerstag Hilfen in Milliardenhöhe zugesagt.

Aufräumarbeiten in Mittel- und Osteuropa haben begonnen

In den Hochwassergebieten von Polen über Tschechien bis nach Österreich haben mittlerweile die Aufräumarbeiten begonnen, doch die Lage entspannt sich nur langsam. Die Einsatzkräfte haben vielerorts noch mit den Wassermassen zu kämpfen. In Polen und Tschechien unterstützen auch Soldaten. Allerdings geben die Behörden noch keine Entwarnung. Bislang kamen in Mittel- und Osteuropa mehr als 20 Menschen ums Leben. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })