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Neda Paiabandi (links) und Bonyad Bastanfar haben die Kampgane „Nie wieder leise“ ins Leben gerufen.

© Anna Ibelshäuser

„Sie schafft Räume für Stimmen, die sonst überhört werden“: Kampagne „Nie wieder leise“ wird mit dem „Soul of Stonewall Award“ des Berliner CSD ausgezeichnet

Erstmals in der Geschichte der „Soul of Stonewall Awards“ verleiht der Berliner CSD den Preis an nur eine Organisation. „Nie wieder leise“ heißt sie – und verleiht mehrfach diskriminierten Menschen eine Stimme.

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Seit vielen Jahren ehrt der Berliner CSD mit dem „Soul of Stonewall Award“ Personen und Organisationen für ihre besonderen Verdienste um die Gleichstellung von queeren Menschen. Passend zum CSD-Motto „Nie wieder still!“ wird in diesem Jahr die Kampagne „Nie wieder leise“ ausgezeichnet.

Ins Leben gerufen wurde sie 2023 von Bonyad Bastanfar und Neda Paiabandi. Entstanden sei sie aus der Menschenrechtsinitiative „Woman Life Freedom Unity“, die einzelne Aktivist:innen des iranischen Widerstandskampfs zusammenbringen wollte, erzählt Bastanfar am Telefon. Daraus habe sich dann der Wunsch entwickelt, generell mehrfach diskriminierten, insbesondere aber queeren Menschen, eine Stimme zu geben – die Idee der Kampagne war geboren.

Diese wolle die deutsche Selbstverpflichtung „Nie wieder“, die sich auf den Holocaust bezieht, weiterdenken und ausweiten, sagt Bastanfar. Mit „Woman Life Freedom“, dem Slogan der iranischen Widerstandsbewegung, habe das insofern zu tun, als es insbesondere auch diskriminierte Minderheiten gewesen seien, die im Iran auf die Straße gingen. Iranische Freunde von Bastanfar hätten ihn mit der Bitte kontaktiert, auch Aufmerksamkeit für ihre Sache zu schaffen.

Klarer politischer Anspruch und engagierte Praxis

Und so organisierten sie zum Kölner CSD 2023 einen Truck. „Zehntausende sind hinter unserem Wagen hergelaufen, Zehntausende, die sich insbesondere darüber gefreut haben, dass wir einen rein politischen, ehrenamtlich organisierten Wagen auf die Straße brachten, der mit denen der großen Unternehmen mithalten konnte“, erzählt Bastanfar.

Die Resonanz motivierte: Seither veröffentlichen Bastanfar und Paiabandi zusammen mit einem zehnköpfigen Team der „Woman Life Freedom Unity“ und einigen kreativen Menschen unter #niewiederleise ihre Kampagnen. Diese funktionieren rein digital und beleuchten verschiedene Themen. Sie machen etwa darauf aufmerksam, dass queere migrantische Personen wegen ihrer sexuellen Orientierung keinen Safe Space in der migrantischen Community finden – und gleichzeitig aufgrund von Rassismus aus der queeren Community ausgeschlossen werden. Finanziert wird „Nie wieder leise“ durch Spenden. Bonyad Bastanfar und Neda Paiabandi arbeiten ehrenamtlich neben ihren eigentlichen Berufen.

„Gegen das gesellschaftliche Verstummen“

Der Berliner CSD begründet die Auszeichnung damit, dass die Kampagne durch einen klaren politischen Anspruch überzeuge – „in einer Zeit, in der viele Menschen erneut Bedrohung, Diskriminierung und Ausgrenzung erfahren“. „Nie wieder leise“ richte sich „gegen das gesellschaftliche Verstummen angesichts von Rassismus, Antisemitismus, Queerfeindlichkeit, Frauenhass und anderen Formen der Menschenfeindlichkeit“, so der CSD. „Statt wegzuschauen, fordert sie eine klare Haltung.“

Die Kampagne schaffe „Räume für Stimmen, die sonst überhört werden“ und breche bewusst das Schweigen. Durch Lesungen, Diskussionsformate und öffentliche Aktionen kämen Betroffene selbst zu Wort. „Ihre Perspektiven stehen im Mittelpunkt – nicht über sie wird gesprochen, sondern mit ihnen“. Die Initiative lade dazu ein, sich aktiv an die Seite von Betroffenen zu stellen. „Zuhören, gemeinsam auftreten, sichtbar sein – das ist ihr politischer Anspruch“.

Der „Soul of Stonewall Award“, früher „Zivilcouragepreis“, wird seit 2001 jährlich vergeben – bislang immer an zwei bis fünf Personen oder Organisationen. In diesem Jahr zum ersten Mal nur an eine. „Durch die Fokussierung auf eine:n Preisträger:in verspricht sich der Berliner CSD eine größere Reichweite und stärkere Wirkung“, hieß es zur Begründung.

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