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Thema

Silvester

Heute Abend im Adlon, gegen 23 Uhr: Hanne Hiob fährt per Fahrstuhl ins Foyer. Die 77 Jahre alte Brecht-Tochter mischt sich unter die Stützen der Gesellschaft, prostet den Zigarre paffenden Magnaten zu und zückt ihr Plakat: "Für die Dummheit".

Von Thomas Loy

Steffi Graf hat ihren juristischen Streit mit den deutschen Finanzbehörden nach Angaben eines Justizsprechers beigelegt. Ein Sprecher des Finanzgerichts Karlsruhe bestätigte einen Bericht des "Spiegels", nach dem die frühere Weltranglisten-Erste eine Klage vor dem Finanzgericht zurückgezogen habe.

Thomas Flierl (PDS) hatte gestern seinen letzten Arbeitstag als Baustadtrat von Mitte, weil im Rahmen der Bezirksfusion kein Posten mehr für ihn übrig war. Der ehemalige Abteilungsleiter im DDR-Ministerium für Kultur war in den zwei Jahren seiner Amtszeit immer wieder in den Schlagzeilen: Im Kampf gegen Werbeplakate am Pariser Platz, gegen Paulchen Panther auf der Plane am Brandenburger Tor, gegen überdimensionale Werbelogos an den Läden Unter den Linden und gegen die Aufstellung von Fahnenmasten vor einem Bundesministerium.

Viele Berliner Kirchengemeinden feiern zum Jahreswechsel Gottesdienste, zwei werden im Fernsehen live übertragen. "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein" heißt am Sonntag um 9 Uhr 30 das Motto im Berliner Dom.

Manchmal werde ihm etwas schwindlig, gesteht Dieter Krein, Präsident des Bundesliga-Neulings Energie Cottbus. Mit einem Saisonetat von 30 Millionen Mark hatte es der Diplomingenieur für Maschinenbau aus Leipzig noch nie zu tun, seit er 1989 zu den Lausitzer Fußballern stieß.

Während Graffiti-Vandalimus bei der S-Bahn in den vergangenen Wochen zugenommen hat, mussten in diesem Jahr an öffentlichen Gebäuden weniger Schmiereien entfernt werden. So haben der Bund 1997 noch 3,2 Millionen Mark und Berlin 5,8 Millionen Mark für die Säuberung ausgegeben, 2000 sind es noch 0,8 und 1,7 Millionen Mark.

Von Annette Kögel

Vor dem größten Hotel des Kurortes Bad Saarow wird am Neujahrstag die Kempinski-Flagge eingeholt. Dann endet das Engagement der Gruppe, die weltweit Häuser der Spitzenklasse führt, am Scharmützelsee.

Von Claus-Dieter Steyer

Wer das Jahr 2000 vor der Leinwand ausklingen lassen will, hat eher schlechte Karten: Wie an Heiligabend machen die meisten Kinos gegen 20 Uhr dicht oder haben zumindest die Spätvorstellung gestrichen. Zu den wenigen Kinos, die am Silvesterabend spielen und anderes als das gängige Programm bieten, zählen das Wilmersdorfer Eva, wo ab 20 Uhr 15 die "Rocky Horror Picture Show" läuft, sowie das Lichtblick in Mitte, wo man um 20 Uhr mit Federico Fellinis melancholischer Tragikomödie "Ginger & Fred" (im Original mit Untertiteln) elegant und ein wenig sentimental das 20.

Es ist schon eine missliche Situation, in der sich die Kinderbuchautorin Lucía drei Tage vor Silvester befindet: allein auf dem Flughafen von Madrid, das Flugzeug verpasst und vom auf die Toilette entschwundenen Ehemann Ramón keine Spur. Statt romantischem Wochenende in Wien bleibt nur die Rückfahrt in die verlassene Wohnung.

Für die Pariser Medien ist die Inhaftierung des Präsidentensohns Jean-Christophe Mitterrand ein großes Fressen. Die linksliberale Tageszeitung "Libération" titelte mit "dem Sturz von Herrn Sohn", das Intelligenzblatt "Le Monde" beschrieb die Affäre als "Schande für Frankreich".

Von Eric Bonse

Vergesst Rio und New York: Wer optimal ins Neue Jahr schlittern will, muss nach Edinburgh: Hier steigt wieder die größte und längste Silvesterparty der Welt. Eine halbe Million Menschen feiern fünf Tage lang die Jahreswende in den Straßen, Pubs, Ballsälen und Diskos der schottischen Hauptstadt.

Von Hendrik Bebber

Die Schauspielerin Hanne Hiob, Tochter von Bertolt Brecht, will Silvester wieder den "Anachronistischen Zug" von Bürgern der Stadt Mahagonny begleiten. Der Theater-Marsch zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor ist Teil einer rollenden Inszenierung der Oper von Brecht und Kurt Weill, "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny".

Der Dichter Sergej Michalkow soll nach Empfehlung eines von Präsident Wladimir Putin eingesetzten Komitees erneut Verfasser des Textes für eine russische Nationalhymne werden. Es wählte aus Dutzenden von Vorschlägen den Text des 87-jährigen Schriftstellers aus, der bereits bei zwei Fassungen der sowjetischen Hymnen als Ko-Autor mitwirkte.

Von der "Knöllchenjagd" und vom nervigen Dauerstau in Potsdam kann Ingrid Stolpe ein Lied singen. Ist das "P-AY", das auf dem Nummernschild ihres weißen Golf zu lesen ist, darauf eine Anspielung?

Von Thorsten Metzner

Nachdem sich viele Bundesbürger über eine weiße Weihnacht freuen konnten, ist auch für die Zeit bis Silvester Winterwetter angesagt. Im Norden und in der Mitte, später auch im Süden schneit es immer wieder, wobei die Niederschläge allerdings auch in Regen übergehen können.

Die Händler im Europa-Center sind mit einem Antrag gescheitert, am Silvester-Wochenende verkaufen zu dürfen. Nach Angaben der Mietergemeinschaft verwies das Landesamt für Arbeitsschutz darauf, dass die Ausnahmemöglichkeiten bereits durch die "Lange Nacht des Shoppings" erschöpft seien, die Ende Oktober in dem Einkaufszentrum am Breitscheidplatz stattgefunden hatte.

Von Cay Dobberke

Die Riesenpakete mit CDs, die auch dieses Jahr wieder ausgepackt werden, müssten eigentlich dazu führen, dass die Unternehmungslust aller Berliner Klassik-Hörer erst einmal eine gute Weile blockiert ist. Würde man einmal zusammenrechnen, wieviel Stunden Musikkonserve allein in Berlin verschenkt werden, käme man sicher auf eine Zahl, die sogar noch die der jährlichen Fehlstunden im Öffentlichen Dienst überträfe.

Je näher Silvester rückt, desto mehr füllen sich die Lagerräume der Feuerwerkshändler. Etwa 2500 Tonnen Knaller, Heuler und Raketen dürfen in den 20 in der Stadt genehmigten Zwischenlagern verstaut werden.

Nach dem Milleniums-Knall zum Jahreswechsel 1999/2000 machte sich bei den deutschen Sektkellereien die Ernüchterung breit. Die hoch geschraubten Erwartungen an das Jahrtausend-Geschäft konnten nicht erfüllt werden; das Plus im Einzelhandelsabsatz lag gerade mal bei drei Prozent.

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