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Das Wrack eines gekenterten Bootes wird am Strand bei Cutro angespült. Bei einem Bootsunglück mit Migranten an der süditalienischen Küste sind Medienberichten zufolge mehrere Menschen ums Leben gekommen.

© picture alliance/dpa/AP

Update

Vor der Küste Süditaliens: Mindestens 60 Migranten nach Bootsunglück ertrunken

Nur wenige Tage vor dem tragischen Unglück wurde in Italien ein neues Gesetz zur Seenotrettung verabschiedet. Doch auch die neue Regelung gilt als problematisch.

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Wieder hat eine Flucht übers Mittelmeer Dutzende Menschen das Leben gekostet. Ihr Boot wurde vom Sturm, der in der Nacht um Sonntag über Italien zog, offenbar gegen die Klippen der kalabrischen Küste geschleudert und zerbrach.

Am frühen Sonntagmorgen wurden in Steccato di Cutro, 20 Kilometer entfern von Crotone, die Leichen von 43 Menschen teils an Land gespült, teils geborgen.

Am Montagmorgen wurden drei weitere Leichen entdeckt, wie Feuerwehr-Kommandant Roberto Fasano im TV-Sender RaiNews24 sagte. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Ansa wurden die leblosen Körper zum Teil einige Kilometer vom Unglücksort Steccato di Cutro entfernt im Wasser und am Strand gefunden.

Sie befanden sich nach Aussagen ihrer überlebenden Leidensgenossinnen auf einem alten Fischkutter, der sie aus der Türkei nach Europa bringen sollte. Demnach war das Schiff mit insgesamt 180 Passagieren aufgebrochen, die meisten aus dem Iran, Afghanistan und Pakistan.

80 Menschen konnten gerettet werden, wie die italienische Küstenwache am Sonntag auf dem Mikrobloggingdienst Twitter mitteilte. Seit gestern Abend sei sie mit der Suche und Rettung der Überlebenden beschäftigt, hieß es weiter.

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Sergio Di Dato, Projektkoordinator Flucht und Migration von „Ärzte ohne Grenzen“ Italien, beklagte am Sonntag, dass im Mittelmeer „weiterhin unaufhörlich Menschen durch ein Vakuum an Rettungskapazitäten“ zu Tode kämen.

Nur wenige Kilometer vor der italienischen Küste seien Dutzende Menschen ertrunken, die ein sicheres Leben in Europa gesucht hätten. „Es ist inhuman, inakzeptabel und unverständlich, dass wir immer wieder Zeugen von diesen vermeidbaren Tragödien werden.“

Unter den Leichen sind auch ein 7-jähriges Kind, ein drei Jahre altes und ein Säugling. Offenbar konnten die Schiffbrüchigen nicht rechtzeitig Hilfe anfordern, als ihr Boot an der Küste zerschellte.

Neues Gesetz zur Seenotrettung problembehaftet

Das neuerliche Unglück ereignet sich wenige Tage, nachdem Italiens Rechtsregierung ihr auch in Brüssel umstrittenes neues Gesetz zur Seenotrettung durchs Parlament gebracht hat.

Anders als vor Jahren sein Amtsvorgänger und Parteifreund Salvini von der rechtsextremen Lega sieht das Gesetz von Innenminister Matteo Piantedosi keine komplette Sperrung der italienischen Häfen mehr für NGO-Schiffe vor, die Schiffsbrüchige aus dem Meer retten.

Es weist ihnen aber statt des nächsten Hafens, wie vom Seerecht vorgeschrieben, teils weit entfernte Häfen im Norden Italiens zu und begrenzt damit ihre Möglichkeiten, bald wieder auszulaufen.

NGOs auch weiterhin juristischen Problemen ausgesetzt

Zugleich sind die Seenotretter weiter juristischen Problemen ausgesetzt: Erst in dieser Woche wurde die „Geo Barents“ festgesetzt, weil sie, so die Behörden, die Daten ihrer Blackbox nicht aufbewahrt hatte.

„Ärzte ohne Grenzen“ habe den italienischen Behörden nun angeboten, psychologische Ersthilfe für die Überlebenden zu leisten. Eine staatlich organisierte Seenotrettung gibt es auf dem Mittelmeer nicht, lediglich die Schiffe privater Hilfsorganisationen halten Ausschau nach in Not geratenen Flüchtlingen und Migranten. 

Trotz der Behinderung der NGOs – denen die Regierung vorwirft, die „Boat People“ erst zur riskanten Reise zu ermutigen – ist die Flucht übers Mittelmeer weitergegangen.

Hunderte erreichten Italiens Küsten selbst in den letzten noch winterlichen und daher besonders gefährlichen Wochen ohne jede Hilfe von Rettungsschiffen.

Mehr Anstrengung nach sicheren Routen gefordert

UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich erschüttert vom „nächsten furchbaren Schiffbruch im Mittelmeer“, wie er zum Auftakt der Sitzung des UN-Menschenrechtsrats in Genf am Montag sagte.

Er ermahnte die internationale Gemeinschaft zu mehr Anstrengungen. „Wir brauchen sichere, geregelte und legale Routen für Migranten und Flüchtlinge. Solange kriminelle Banden die Migrantenrouten kontrollieren, werden Menschen weiterhin verschwinden.“

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