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Verbündet gegen den Westen: Chinas Staatschef Xi Jinping (links) und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin.

© Imago/Ria Novosti/SNA

Chinas Blick auf Trumps Ukraine-Diplomatie: „Peking fühlt sich in seiner Unterstützung für Putin bestätigt“

US-Präsident Trump macht Kremlchef Putin vor den Europäern salonfähig. Was schlussfolgert Chinas Präsident Xi daraus? Eine Position der Stärke zahle sich aus, sagt Expertin Janka Oertel.

Stand:

Frau Oertel, nach dem Supergipfel mit den Europäern ohne Waffenruhe und vagen Sicherheitsgarantien für die Ukraine scheint es offenkundig: Trump lässt Putin gewähren. Was schlussfolgert Chinas Führung daraus?
In Peking kann man sich zurücklehnen und das Spektakel beobachten, es gibt keinen direkten Handlungsdruck.

Die Tatsache, dass der ukrainische Präsident fünf Staats- und Regierungschefs, den Nato-Generalsekretär und die EU-Kommissionspräsidentin als Bodyguards benötigt, um in Washington Gehör zu finden, sagt einiges aus.

Aggression zahlt sich aus, auch das könnte eine Erkenntnis für Peking sein, oder?
Ich denke, die Erkenntnis ist, dass man immer aus einer Position der Stärke verhandeln sollte – militärisch, wirtschaftlich und diplomatisch – und nie in die Lage kommen darf, Schwäche eingestehen zu müssen oder keine Alternativen zu haben.

Dies ist handlungsleitend für die chinesische Führung in ihren Außen- und Wirtschaftsbeziehungen. Man wird sich durch die Ereignisse der vergangenen Wochen in diesem Vorgehen bestätigt sehen.

Ist ein von Trump unbehelligter Putin für China ein Zeichen, dass es machtpolitisch im Kampf gegen den Westen zu Recht auf Russland setzt?
Ja. Die Tatsache, dass die Beziehungen zu Russland und Putin durch Trump wieder vollkommen salonfähig scheinen, ist eine Bestätigung für Peking, dass eine Unterstützung Moskaus langfristig in seinem Interesse ist. Stabilität im chinesisch-russischen Verhältnis ist aus strategischen und sicherheitspolitischen Gründen zentral, der Westen ist am Ende flatterhaft.

Kein Partner der USA im Indopazifik kann derzeit sicher sein, ob die USA ihren Allianzverpflichtungen und Beistandsversprechen nachkommen.

Janka Oertel, Direktorin des Asien-Programms beim European Council on Foreign Relations

Trotz seiner großen Nähe zum Kreml gibt sich Chinas Machthaber Xi Jinping gerne als Friedenstifter, der den Krieg in der Ukraine beenden möchte. Wie glaubhaft ist das?
Der deutsche Außenminister Johann Wadephul hat es gerade in Japan sehr treffend formuliert: Russlands Krieg wird durch Pekings Unterstützung entscheidend ermöglicht. Mit Neutralität oder Frieden stiften hat das wenig zu tun.

Es ist aber Aufgabe der Europäer, dies nicht nur anzumerken, sondern auch Konsequenzen aufzuzeigen. Bislang hatte es für die chinesische Führung keine Kosten, sich so direkt in die europäische Sicherheitsordnung einzumischen. Es wäre an der Zeit, dies zu ändern.

Wie groß ist das Interesse der Machthaber in Peking, dass sich Amerika in der Ukraine militärisch und politisch engagiert, um freie Hand im Indopazifik zu haben?
Eine so direkte Ableitung ist zu einfach. In Peking macht man sich keine Illusionen darüber, wo die Prioritäten weiter Teile des US-Apparates liegen – und das ist im Indopazifik. Ob das für Trump wirklich genauso der Fall ist, steht auf einem anderen Blatt. 

US-Präsident Donald Trump (links) und Chinas Staatschef Xi Jinping.

© dpa/AP/Susan Walsh

Was bedeutet das mit Blick auf eine mögliche Invasion Taiwans?
Für die chinesische Führung steht und fällt eine Entscheidung über militärisches Vorgehen in der Taiwanstraße sicherlich nicht mit dem Fortgang oder Ende des Kriegs in der Ukraine.

Eine mögliche Lektion ist jedoch, dass es sich lohnen kann, in kurzer Zeit Fakten zu schaffen und damit die USA und den Westen insgesamt unter Zugzwang zu bringen.

Schon 1989 bei der Niederschlagung der Protestbewegung ging die chinesische Führung davon aus, dass eine internationale Ächtung, die Fähigkeit des Westens, Empörung aufrechtzuerhalten, nicht von Dauer sein würde – und lag damit durchaus richtig. 

Trump wird nicht einschreiten, wenn Peking mit einer Militäraktion gegen Taiwan Ernst macht?
Kein Partner der USA im Indopazifik kann derzeit sicher sein, ob die USA ihren Allianzverpflichtungen und Beistandsversprechen nachkommen.

Die Intervention Trumps im Iran hat allerdings deutlich gemacht, dass er durchaus willens und bereit ist, militärische Macht einzusetzen. Die Unberechenbarkeit bleibt hoch – auch für Peking.

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