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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.

© dpa/Jose Luis Magana

Danke-Posts und Interview bei Fox News: Diese beiden Ziele verfolgt Selenskyjs Krisenkommunikation

Nach dem Zerwürfnis mit Donald Trump vor den Augen der Welt ging Wolodymyr Selenskyj medial in die Offensive. Wie ein Experte sein Auftreten einschätzt.

Stand:

Der Eklat im Weißen Haus, der vor den Augen der Welt ausgetragene Streit mit dem US-Präsidenten und seinem Stellvertreter, war kaum vorbei, da ging Wolodymyr Selenskyj zur Offensive über. Dem ukrainischen Staatschef war klar: Den Machtkampf mit Donald Trump und seinem Vize J.D. Vance im Oval Office hatte er verloren, den Kampf um die öffentliche Deutungshoheit konnte er gewinnen.

Selenskyj entschied sich dafür, den vielleicht härtesten Vorwurf von Vance zu entkräften: undankbar zu sein, die militärischen und finanziellen Hilfen der USA im Krieg mit Russland als selbstverständlich hinzunehmen. Rund 30 Minuten reichten aus, um diese Strategie umzusetzen.

Nachdem die ukrainische Delegation das Weiße Haus um kurz vor 14 Uhr (Ortszeit) verlassen hatte, veröffentlichte Selenskyj auf dem Netzwerk X folgende Nachricht: „Danke Amerika, danke für deine Unterstützung, danke für diesen Besuch. Danke Potus, Kongress und dem amerikanischen Volk. Die Ukraine braucht einen gerechten und dauerhaften Frieden, und genau dafür arbeiten wir.“

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Wenig später stellten sich Dutzende Staats- und Regierungschefs auf X hinter Selenskyj und die Ukraine, darunter der polnische Ministerpräsident Donald Tusk, Kanzler Olaf Scholz, dessen potenzieller Nachfolger Friedrich Merz, EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron oder Kanadas Premier Justin Trudeau.

Sie alle bekamen von Selenskyj dieselbe Antwort: „Danke für Ihre Unterstützung“. Die Postings bekamen Zehntausende Likes und erreichten ein Millionenpublikum.

Wer das lediglich für Social-Media-Nettigkeiten hält, der irrt. Der ehemalige Reality-TV-Star Trump weiß um die Macht der Aufmerksamkeit, die im 21. Jahrhundert als Faktor immer näher an die eigentliche politische Macht heranrückt.

Bei Trump sind die Einschaltquoten ein entscheidender Faktor. Das bestätigte er nach dem Streit im Oval Office selbst auf surreale Art. Zu den anwesenden Journalisten sagte der Republikaner: „Das wird großartiges Fernsehen.“

Auf dieses Medium setzte der ukrainische Staatschef dann am frühen Abend. Im republikanischen Haussender Fox News stellte er sich erkennbar abgekämpft den Fragen von Moderator Bret Baier. Dieser fragte Selenskyj gleich zu Beginn, ob er sich bei Trump entschuldigen wolle. „Nein. Ich respektiere den Präsidenten, und ich respektiere das amerikanische Volk und ich denke, dass wir sehr offen und sehr ehrlich sein müssen“, lautete die Antwort.

Im Gespräch mit Baier sagte Selenskyj, dass es nicht um ihn persönlich gehe. Doch schnell wurde klar, dass die nach Trumps Amtsantritt wachsende Kritik an seinem Land den Ukrainer enttäuscht hat. „Wo bleibt die Freundschaft zwischen der Ukraine und den USA?“, fragte er. Eine Antwort darauf konnte er nicht geben.

Dem Strategieberater und US-Wahlkampfexperten Julius van de Laar zufolge musste Selenskyj nach dem Eklat im Weißen Haus sofort auf Krisenkommunikation setzen. Schließlich sei es davor zu einer historischen Zäsur gekommen. „Trump hat in einem minutiös inszenierten Oval-Office-Hinterhalt die seit 80 Jahren bestehende westliche Nachkriegsordnung gezielt gesprengt“, sagte van de Laar dem Tagesspiegel.

Für Selenskyj sei es entscheidend gewesen, sich nach dem abrupt beendeten Besuch im Weißen Haus via X und auch Instagram bei seinen Unterstützern zu bedanken. „Da ging es um die Fragen: Wer steht hinter ihm? Wen muss er an sich binden? Wer darf ihm nicht von der Stange gehen?“

Danach sei es wichtig gewesen, die eigene Sicht auf die Dinge zu erläutern, daher das Interview bei Fox News. „Selenskyj weiß, dass er dort die größte Chance hat, die konservativen Kongressabgeordneten zu erreichen, die Trump nahestehen. Sie entscheiden über weitere Finanzhilfen und Waffenlieferungen.“

Ein dunkler blauer Anzug und ein roter Schlips wären hilfreicher gewesen.

Kampagnenberater Julius van de Laar

Selenskyjs Krisenkommunikation nach dem Treffen mit Trump und Vance ist für van de Laar vor allem eines: machtpolitisch klug. Wenn es in der privaten Wirtschaft zu so einem öffentlichen Eklat komme, griffen dieselben Mechaniken. Für den Politikberater hat der Ukrainer im Vorfeld des Besuchs aber auch einen Fehler gemacht.

„Trump und sein Team haben offenbar gefordert, dass Selenskyj im Weißen Haus einen Anzug trägt.“ Ein Sky-News-Bericht unterstützt die These. Der 47-Jährige entschied sich allerdings wie üblich für Militärkleidung, in diesem Fall einen schwarzen Pulli und eine schwarze Hose. „Da wären ein dunkler blauer Anzug ein roter Schlips hilfreicher gewesen“, so van de Laar.

Danke-Posts auf X und Insta, TV-Quoten und die Frage nach dem richtigen Outfit: willkommen im Weißen Haus von Donald Trump.

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