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Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán spricht auf einer Pressekonferenz.

© Reuters/Radovan Stoklasa

Update

Initiative für mehr Druck auf Mitglied Ungarn: EU-Abgeordnete wollen Orbán offenbar alle Mittel aus Brüssel streichen

Die bisherigen Sanktionen der EU gegen das Mitgliedsland seien nicht ausreichend, urteilen Politiker in Brüssel einem Medienbericht zufolge. Daher fordern sie einen drastischen Schritt gegen Budapest.

Stand:

Ungarn ist Mitglied der Europäischen Union – und in der EU heftig umstritten. Immer wieder torpediert die Regierung des nationalistischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, auch bestärkt von US-Präsident Donald Trump, die Brüsseler Politik und der westlichen Partner.

Es geht dabei beispielsweise um die Unterstützung der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland oder den Umgang mit Minderheiten und Nichtregierungsorganisationen. Jüngst beendete Orban mit dem Austritt Ungarns aus dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) die bisher einheitliche Haltung der EU zur internationalen Justiz.

Wer sich null um die Achtung der EU-Werte kümmert, hat null Euro aus dem EU-Budget verdient.

 Moritz Körner, FDP-Europapolitiker 

Wegen der enorm hohen Korruption und den Vorwürfen, dass eine unabhängige Justiz nicht vorhanden sei, wurden Ungarn in den vergangenen Jahren bereits Milliarden Euro der dem Land eigentlich zustehenden EU-Gelder eingefroren.

Nun gibt es einem Medienbericht zufolge eine fraktionsübergreifende Initiative von insgesamt 26 Abgeordneten in Brüssel. Das Ziel: Die EU-Kommission soll Orbán alle Gelder EU-Mittel streichen. Dies berichtet die ARD unter Berufung auf einen dem Studio Brüssel vorliegenden Brief an Haushaltskommissar Piotr Serafin von Abgeordneten der Christdemokraten, Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen.

Der FDP-Europapolitiker Moritz Körner sagte demnach:. „Wer sich null um die Achtung der EU-Werte kümmert, hat null Euro aus dem EU-Budget verdient.“ Der Agentur AFP sagte er: „Wir haben das Gefühl, dass die Kommission das Problem unter den Teppich kehren will.“ Es müsse „jetzt“ gehandelt werden

Sein Kollege Daniel Freund von den Grünen hat den Brief dem Bericht zufolge initiiert, er gehört im EU-Parlament zu den vehementesten Rechtsstaatsverfechtern. Es gehe darum, im Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften die finanziellen Interessen der EU und damit der europäischen Steuerzahler zu schützen.

„Allerdings sehen wir, dass in diesen zweieinhalb Jahren, in denen Sanktionen gelten, sich vor Ort nichts verbessert hat“, sagte Freund demnach.

Ganz im Gegenteil sehe man nun „im Wochentakt weitere Angriffe auf die unabhängige Zivilgesellschaft, auf freie Medien, auf freie Meinungsäußerung, auch weiter auf die Unabhängigkeit der Justiz. Und deswegen sagen wir jetzt sehr, sehr klar: Das muss ein Ende haben.“

Umstrittene Politik der Orbán-Regierung

Orbáns Regierung erließ Mitte März ein Gesetz, das die Versammlungsfreiheit stark einschränkt und die für Juni geplante Pride Parade verbietet, wo unter anderem für die Rechte von schwulen, bisexuellen und transsexuellen Menschen demonstriert werden soll.

Am 13. Mai verschärfte die Führung in Budapest auch noch einmal ihr Vorgehen gegen Nichtregierungsorganisationen, die sie als Bedrohung für die Souveränität des Landes einstuft.

Die Regierung schafft sich damit die Möglichkeit, NGOs auf eine schwarze Liste zu setzen, sie finanziell zu beschränken und gegebenenfalls zu sanktionieren.

Orbán pflegt gutes Verhältnis auch zu Putin

Und am Dienstag billigte das ungarische Parlament mit den Stimmen des Regierungslagers den Austritt aus dem IStGH.  Bisher gehören alle 27 EU-Länder zu den 125 Vertragsstaaten des IStGH.

Die ungarische Regierung hatte den Austritt aus dem Weltgerichtshof mit Sitz in Den Haag bereits Anfang April angekündigt, als der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf Einladung seines ungarischen Amtskollegen Viktor Orbán Budapest besuchte. 

Gegen Netanjahu liegt ein Haftbefehl des IStGH wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen israelischer Truppen im palästinensischen Gazastreifen vor. Nach den Statuten des Gerichtshofs hätte Ungarn Netanjahu festnehmen müssen. Orbán hatte vor dem Besuch klargestellt, dass Ungarn den Haftbefehl ignorieren werde.

Ähnlich hatte er sich bereits 2023 im Fall des russischen Präsidenten Wladimir Putin geäußert, gegen den ebenfalls ein Haftbefehl des IStGH wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine vorliegt. Orbán pflegt ein relativ gutes Verhältnis zum Kremlherrscher und reiste auch – mit der EU nicht abgesprochen – zu Putin nach Moskau und deklarierte den Besuch als Friedensinitiative.

Im Jahr 2022 hatte die EU ein sogenanntes Konditionalitäts-Verfahren gegen Ungarn eingeleitet und die Auszahlung von EU-Geldern wegen mangelnder Kontrolle und Transparenz blockiert, wie auch AFP schreibt. Als Antwort darauf unternahm die Regierung Orban Reformen, darunter die Einrichtung der Integrationsbehörde.

Die Blockade eines Teiles der Finanzmittel wurde so aufgehoben, rund 19 Milliarden Euro blieben eingefroren. Anfang des Jahres lief eine erste Frist für einen Teil dieses Geldes aus, Ungarn verlor rund eine Milliarde Euro endgültig.

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