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Der Angriff in der katarischen Hauptstadt galt Israel zufolge der Führungsspitze der Hamas.

© REUTERS/IBRAHEEM ABU MUSTAFA

Update

Israels Angriff auf die Hamas-Führung in Katar: USA über Attacke verärgert – UN-Sicherheitsrat plant Dringlichkeitssitzung

Die USA wurden von Israels Angriff auf die Führungsspitze der Hamas in Doha offenbar überrascht. Präsident Trump versicherte Katars Emir telefonisch, eine solche Attacke werde nicht noch einmal vorkommen.

Stand:

Die USA sind vom israelischen Angriff auf die Hamas-Führungsspitze in Katars Hauptstadt Doha offenbar überrascht worden. Wie das Nachrichtenportal „Axios“ unter Berufung auf drei US-Offizielle berichtet, habe die Attacke das Weiße Haus nicht nur fassungslos gemacht, sondern auch verärgert. US-Präsident Trump hatte am Dienstagabend vor Journalisten bereits betont, er sei „nicht begeistert“ davon.

Trumps Sprecherin Leavitt kritisierte den Alleingang Israels scharf: „Ein einseitiger Angriff auf ein souveränes Land und einen engen Verbündeten der USA, das mutig mit uns an Friedenslösungen arbeitet, dient weder israelischen noch amerikanischen Zielen.“ Dennoch sei die Eliminierung von Hamas ein legitimes Ziel. Trump betrachte Katar als starken Partner und sei „sehr betroffen“, dass der Angriff in Doha stattgefunden habe. 

USA warteten auf Reaktion der Hamas zu Friedensvorschlag

Wie der Präsident später bei „TruthSocial“ schrieb, habe er Außenminister Marco Rubio beauftragt, ein Verteidigungsabkommen mit Katar abzuschließen.

Laut „Axios“ ortete das US-Militär am Dienstagmorgen israelische Kampfjets mit Kurs auf die Golfregion. Die Frage nach einer Erklärung wurde von den Israelis erst beantwortet, als bereits Raketen abgefeuert worden waren. Für Empörung sorgte dieser eigenmächtige Schritt insbesondere, weil die USA gerade auf eine Reaktion der Hamas auf einen neuen Friedensvorschlag warteten. Dem hatte angeblich auch Israel zugestimmt.

Nach Informationen des israelischen Senders Channel 12 sah der Entwurf die Übergabe aller lebenden Geiseln vor. Im Gegenzug würde Israels Armee ihre Offensive in der Stadt Gaza einstellen. Beim Treffen der Hamas-Funktionäre in Doha sollte dieser Vorschlag besprochen werden, die US-Regierung rechnete mit einer Antwort bis Ende der Woche.

Als Trump über den Angriff informiert worden war, habe er laut „Axios“ seinen Sondergesandten Steve Witkoff beauftragt, die katarischen Behörden zu warnen. Doch da war es laut einem US-Beamten bereits zu spät, die Raketen schon eingeschlagen.

Telefonate mit Netanjahu und dem Emir von Katar

Kurz nach dem Angriff telefonierte Trump sowohl mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu als auch mit Katars Emir. Netanjahu habe laut Trumps Pressesprecherin versichert, er wolle Frieden und glaube, dass der Angriff diesem Ziel dienen könne. Den Katarern versprach Trump, dass so ein Angriff auf katarischem Boden künftig nicht mehr vorkommen werde.

Israel wies Kritik der USA am Mittwoch zurück. „Wir handeln nicht immer im Interesse der Vereinigten Staaten“, sagte Israels UN-Botschafter Danny Danon einem israelischen Radiosender. „Wir stimmen uns eng miteinander ab und sind dankbar für ihre unglaubliche Unterstützung, aber manchmal treffen wir Entscheidungen und informieren die USA nur“, fügte Danon hinzu. 

Trump hat ein sehr gutes Verhältnis zu Katar. Bei einem Besuch in Doha im Mai schenkte das Emirat Trump ein neues Präsidentenflugzeug.

© dpa/Alex Brandon

Nach Hamas-Angaben waren bei der Attacke sechs Menschen ums Leben gekommen, darunter der Sohn des ranghöchsten Hamas-Anführers im Ausland, Chalil al-Haja, sowie dessen Büroleiter. Israel sei jedoch mit dem Versuch gescheitert, jene in der Gruppe zu töten, die für die Verhandlungen der Waffenruhe zuständig seien. Katar bezeichnete den Angriff als „eklatanten Verstoß gegen alle internationalen Rechte und Normen“ und eine „ernsthafte Gefahr für die Sicherheit“ der Bevölkerung in Katar.

Israels Ministerpräsident Netanjahu sagte, der Angriff sei eine Reaktion auf den tödlichen Anschlag zweier Hamas-Mitglieder in Jerusalem, bei dem am Montag sechs Menschen getötet worden waren, und einen tödlichen Hamas-Angriff auf Soldaten im Gazastreifen.

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen will sich am Mittwoch in einer Dringlichkeitssitzung mit den Angriffen beschäftigen. Die unter anderem von Algerien und Pakistan beantragte Runde werde um 15.00 Uhr (Ortszeit, 21.00 Uhr MESZ) beginnen, erfuhren die Nachrichtenagenturen dpa und AFP aus Diplomatenkreisen.

Kanzler Merz kritisiert Angriff

In einem Telefonat mit dem katarischen Emir kritisierte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) den israelischen Angriff. Die „Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität Katars“ sei „nicht akzeptabel“, sagte Merz laut einer Mitteilung der Bundesregierung.

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Zudem habe Merz Katars „Vermittlungsbemühungen um einen Waffenstillstand in Gaza und die Freilassung der Hamas-Geiseln“ gewürdigt. Der Krieg dürfe sich nicht auf die gesamte Region ausweiten, die Bundesregierung stehe dazu „auch in engem Kontakt mit der israelischen Regierung“, hieß es weiter. 

Zuvor hatten bereits Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) und die Vertreter anderer europäischer Staaten Israels Vorgehen kritisiert. Wadephul bezeichnete den „Schlag“ als „inakzeptabel“ und telefonierte nach Angaben des Auswärtigen Amts mit seinem katarischen und seinem israelischen Amtskollegen.

Mehrere Explosionen waren nach dem israelischen Angriff auf Doha zu hören, Rauch stieg auf.

© REUTERS/IBRAHEEM ABU MUSTAFA

Am Dienstag hatte die israelische Armee „einen präzisen Schlag gegen die Führungsspitze der Terrororganisation Hamas“ in Doha gemeldet. Es war der erste israelische Angriff in dem Golfstaat.

Gemeinsam mit Ägypten und den USA vermittelt Katar im Gaza-Krieg zwischen Israel und der Hamas. Die Verhandlungen um eine Waffenruhe kommen aber seit Monaten nicht voran. An seiner Rolle bei den Gesprächen will Katar laut Regierungschef al-Thani weiter festhalten. Das Vermitteln sei „ein fester Bestandteil der Identität“ des Landes, nichts werde Katar „davon abhalten, diese Rolle in allen Fragen, die uns in der Region betreffen, weiterhin wahrzunehmen“.

Angehörige von Geiseln, die am 7. Oktober von der Hamas nach Gaza verschleppt worden waren, äußerten große Sorge nach dem israelischen Angriff. Man befürchte, die Geiseln könnten nun den Preis für Israels Vorgehen zahlen, hieß es in einer Mitteilung des Forums der Angehörigen. 

„Wir wissen von den Überlebenden, die zurückgekehrt sind, dass die an den Geiseln verübte Rache brutal ist“, hieß es weiter. „Die Chance, sie zurückzubringen, ist jetzt ungewisser als je zuvor – mit einer absoluten Gewissheit: Ihre Zeit läuft ab.“ Im Gazastreifen befinden sich noch 48 Geiseln, davon sind 20 nach israelischen Informationen noch am Leben.

„Die lebenden Geiseln könnten jeden Moment ermordet werden und die Verstorbenen könnten für immer verschwinden.“ Es sei an der Zeit, den Gaza-Krieg zu beenden. „Wir fordern von der israelischen Regierung, uns einen organisierten Plan für ein umfassendes Abkommen zur Rückkehr aller 48 Geiseln vorzulegen.“ (dpa/AFP/Reuters/jmi)

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