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Die südkoreanische Armee nimmt an einer Schießübung mit Chunmoo-Raketen nahe der Ostküste teil. Das Land erwägt, Kiew Waffen zu liefern.

© dpa/Defense Ministry

Liefert das Land bald Waffen?: Wie Südkorea die Ukraine militärisch unterstützen könnte

Die Berichte über nordkoreanische Soldaten aufseiten Russlands im Ukraine-Krieg haben Seoul scharf aufhorchen lassen. Bisher hatte das Land Kiew nur humanitär unterstützt, das könnte sich nun ändern.

Stand:

Nach den Berichten über eine mögliche Entsendung nordkoreanischer Soldaten zur Unterstützung Russlands im Ukraine-Krieg hatte Südkorea schnell reagiert. Das Land bestellte nicht nur den russischen Botschafter ein, sondern erwägt nun auch direkte Waffenlieferungen in die Ukraine.

Es würden diplomatische, wirtschaftliche und militärische Maßnahmen gegen verschiedene Szenarien einer militärischen Zusammenarbeit zwischen Nordkorea und Russland vorbereitet, verlautete - so schrieb es die Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag - aus dem Präsidialamt in Seoul. Dazu gehöre auch die Lieferung tödlicher Waffen an die Ukraine, falls sich die Lage verschlechtern sollte.

Südkorea sichert Hilfspaket für Soldaten-Versorgung zu

Bisher hatte Südkorea die Ukraine nur mit humanitärer Hilfe und der Lieferung von Helmen unterstützt. Zu den jüngsten Lieferungen aus Seoul gehörten unter anderem 70 Krankenwagen und zehn Minenräumfahrzeuge. Im August dieses Jahres sagte Südkorea zu, der Ukraine ab diesem Jahr ein mittel- und langfristiges Hilfspaket in Höhe von 2,3 Millionen US-Dollar sowie eines in Höhe von zwölf Millionen US-Dollar für die Versorgung verwundeter ukrainischer Soldaten über den Nato-Treuhandfonds für die Ukraine bereitzustellen.

Wie aber könnte eine Unterstützung der Ukraine mit Waffen durch Seoul aussehen? Das Land verfüge über 3,4 Millionen 105-mm-Granaten, schreibt das ukrainische Magazin „Defense Express“. Die Granaten werden von den ukrainischen Streitkräften besonders dringend benötigt, da die Ukraine mehr als 100 Haubitzen von ihren westlichen Partnern erhalten hat, welche Munition genau dieses Kalibers benötigen.

Bereits im April dieses Jahres hatte die US-amerikanische Denkfabrik „Zentrum für Strategische und Internationale Studien“ (CSIS) erklärt, dass Südkorea über Millionen solcher 105-mm-Granaten verfüge und es klug wäre, sie den ukrainischen Streitkräften zu überlassen. Die Autoren von „Defence Express“ betonen, dass einige der Granaten von Südkorea selbst nicht mehr benötigt werden. Daher könne die Munition weitergegeben werden, ohne dass dies schwerwiegende Folgen für Seoul hätte.

Südkorea verfügt auch über eine Reihe von Langstreckenwaffen

Wenn sich Südkorea tatsächlich dazu entschließen sollte, der Ukraine Waffen zu liefern, dürfte dies zu einer Stärkung der Beziehungen zwischen Kiew und Seoul führen, schreibt Valeriy Ryabykh, Militärexperte und Herausgeber von „Defense Express“. Ryabykh merkt auch an, dass Seoul der Ukraine eine Reihe von Langstreckenwaffen zur Verfügung stellen könnte. Zum Beispiel ballistische Raketen mit einer Reichweite von 120 bis 1000 Kilometern.

Südkorea verfügt über gute Marschflugkörper, vor allem die KTSSM-II, die analog zu den ATACMS zu betrachten sind. Ähnliche Raketen werden bereits für den Verkauf an Polen in Betracht gezogen. Und Polen kauft eine große Anzahl koreanischer K239 Chunmoo-Systeme, die man mit den Himars vergleichen kann“, fügte er hinzu.

Bereits im Sommer hatte der Militärexperte Serhiy Zgurets gesagt, dass das militärische Potenzial Südkoreas die Ukraine und ihre Streitkräfte erheblich stärken könnte. „Dieses Land ist bereits führend in der Herstellung und im Export einer beträchtlichen Anzahl von Waffen, von Panzern, Flugzeugen, Hubschraubern, gepanzerten Mannschaftstransportern, Luftabwehrsystemen und Langstreckenwaffen“, sagte er.

Ihm zufolge verfüge Südkorea über eine Reihe von Vorteilen im Vergleich zu europäischen und amerikanischen Lieferanten. „Erstens: Flexibilität, die Möglichkeit der Kreditvergabe. Zweitens geht das Land dazu über, die Produktion in Lizenz auf dem Territorium des Kunden durchzuführen. Polen nutzt dies derzeit“, erklärt Zgurets.

Entsendet Südkorea Geheimdienstspezialisten?

Aktuell sollen die südkoreanische Regierung und das ukrainische Militär bereits über die Entsendung eines Teams von Geheimdienstspezialisten diskutieren, die sich mit der Thematik Nordkorea sehr gut auskennen. Diese Spezialisten könnten Verhöre durchführen, wenn nordkoreanische Soldaten durch die ukrainischen Streitkräfte gefangengenommen würden, und so der Ukraine weitere Informationen über mögliche Pläne Pjöngjangs liefern.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte die Behauptungen über eine militärische Beteiligung Nordkoreas übrigens als unsinnig bezeichnet. Sein Dmitri Peskow wies Berichte über die jüngste Verlegung als „eine weitere Ente“ zurück. Gleichzeitig unternehme Moskau nach Angaben der US-Denkfabrik „Institute for the Study of War“ (ISW) aber Anstrengungen, um die Spannungen mit Seoul zu verringern.

Nach Ansicht der ISW-Analysten zeigt das Verhalten des Kremls, dass die russische Führung besorgt sei über die Aussicht, dass Südkorea der Ukraine militärische Unterstützung zukommen lassen könnte. „In der Vergangenheit hatte sich Russland um die Gunst Seouls bemüht, um die Folgen seiner wachsenden Abhängigkeit von Nordkorea abzumildern“, erklären die Experten.

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