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Netanjahu macht Druck: Israel will Rauswurf der Hamas-Anführer aus Katar
In der vergangenen Woche griff Israel die Hamas-Führung in Katar an. Auf einem Gipfeltreffen arabischer Staaten soll auch über deren Zukunft gesprochen werden.
Stand:
Die Exil-Führung der Hamas wird für ihre Gastgeber Katar zur Last. Israel droht nach dem Luftangriff auf ein Treffen der von Führungskadern der Terroristen in Doha mit neuen Bombardements, falls Katar die Chefs der Islamisten nicht aus dem Land werfen sollte. Ein neues Exil für die Anführer der Terrorgruppe zu finden, wäre schwierig.
Erste Hinweise auf die Zukunft der Hamas könnte ein arabisch-islamisches Gipfeltreffen in Doha an diesem Montag liefern. Die Staaten der Region wollen über eine gemeinsame Haltung gegen Israel beraten. Auch der Umgang mit der Hamas dürfte besprochen werden.
Khalil al-Haja, der Verhandlungsführer der Hamas bei den Gesprächen über eine Waffenruhe in Gaza, und ein halbes Dutzend weitere Chefs der Terrorgruppe hatten sich am Dienstag in Doha getroffen, um über einen Vorschlag von US-Präsident Donald Trump für eine Waffenruhe zu reden.
Israelische Raketen trafen das Haus, in dem das Treffen stattfand; der Angriff schlug aber fehl: Zwar wurden sechs Wachleute und Berater getötet, doch die Hamas-Chefs überlebten, wie die Terrorgruppe und israelische Medien übereinstimmend meldeten.

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Bei der Zielauswahl hätten sich die israelischen Militärs an den Handysignalen der Hamas-Anführer orientiert, berichtete die arabische Zeitung „Aschark al-Awsat“. Doch die Teilnehmer des Treffens ließen ihre Telefone in einem Nebenraum – das sei vermutlich die Erklärung dafür, dass die Leibwächter starben, aber nicht die Führung der Islamisten.
Israel will die Hamas-Kader wieder angreifen, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte, Katar „oder welche Nation auch immer den Terroristen Zuflucht gewährt“ sollten Mitglieder der Terroristen entweder ausweisen oder zur Rechenschaft ziehen: „Sonst tun wir es.“
Die Hamas-Führung darf seit 2012 in Doha wohnen
Katar lässt Teile der politischen Hamas-Führung seit 2012 in Doha wohnen und konnte sich bisher auf die Zustimmung der USA und Israels berufen, für die der Zugang des Emirats zu der Terrorgruppe nützlich war.
Das habe sich seit dem Terrorangriff auf Israel im Oktober 2023 geändert, sagt Joe Macaron, Nahost-Experte bei der US-Denkfabrik Wilson-Center. Die Hamas-Führung müsse sich Gedanken über ihre künftigen Sicherheitsvorkehrungen machen, sagte Macaron dem Tagesspiegel.
Sollte Katar den Führungskadern die Tür weisen, werden sie es schwer haben, einen neuen Standort in der Region zu finden. Erstens muss jedes Land, das sie aufnimmt, mit israelischen Angriffen rechnen. Und zweitens hat die Hamas als Teil der islamistischen Muslim-Bruderschaft viele Feinde in der Region, darunter Ägypten und Saudi-Arabien.
Auch der Iran, der wichtigste Unterstützer der Islamisten, fällt als neue Bleibe aus: Israel bewies schon im vorigen Jahr mit der Ermordung des damaligen Hamas-Chefs Ismail Hanija, dass Teheran für die Organisation nicht sicher ist. Dasselbe gilt für Syrien und den Libanon.
Ägypten fungiert trotz seiner ideologischen Abneigung gegen die Gruppe zumindest zeitweise als Gastgeberin von Hamas-Delegationen, weil das Land zusammen mit Katar im Gaza-Konflikt vermittelt. Mindestens zwei israelische Attentatsversuche auf Funktionäre der Islamisten in Kairo seien bisher vereitelt worden, meldete das katarische Nachrichtenportal „Middle East Eye“ unter Berufung auf ägyptische Sicherheitskreise.

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Dennoch dürfte Ägypten auch weiter Hamas-Unterhändler empfangen, denn als direkter Nachbar des Gazastreifens hat das Land ein Interesse daran, dass die Verhandlungen über ein Ende des Krieges bald wieder aufgenommen werden.
Ob Präsident Abdel Fattah al-Sisi der Gruppe darüber hinaus ein dauerhaftes Exil bieten würde, ist aber unwahrscheinlich. Schließlich kam Sisi im Jahr 2013 durch einen Putsch gegen die damals regierende Muslim-Bruderschaft an die Macht.
Die Türkei als möglicher Exilort für die Hamas
Ein möglicher Exil-Ort für die Hamas sei die Türkei, meint Experte Macaron. Präsident Recep Tayyip Erdogan steht im Gaza-Krieg auf der Seite der Hamas und gab hochrangigen Hamas-Mitgliedern jahrelang Zuflucht.
Doch auch auf Erdogan ist nicht unbedingt Verlass: Als die Türkei vor zehn Jahren versuchte, ihr Verhältnis zu Israel zu verbessern, mussten etliche Hamas-Funktionäre das Land verlassen. Später hieß Erdogan die Führungskader wieder willkommen.
Der US-Sicherheitsexperte und frühere Pentagon-Mitarbeiter Michael Rubin erwartet, dass Israel bald die Türkei angreift. Die Türkei diene der Hamas schon jetzt als Stützpunkt, schrieb Rubin auf der Internetseite der Denkfabrik American Enterprise Institute.
Nach Israels Angriff auf Katar könnte die Türkei deshalb als nächstes Land an der Reihe sein. Die Nato würde die Türkei nicht schützen, weil die USA und andere Staaten das mit ihrem Veto verhindern würden, meint Rubin.
Auch Nahost-Experte Macaron hält einen israelischen Angriff in der Türkei oder Geheimdienstoperationen für möglich, wenn Erdogan die Hamas-Chefs aufnehmen sollte. Das sei für Israel zwar riskant, sagte Macaron. „Aber mit dem Blanko-Scheck der USA für Netanjahu im Rücken wäre das trotzdem machbar.“
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