
© dpa/Suo Takekuma
Sie eint ein destruktives Interesse: Das Bündnis von Russland, China und Indien ist noch kein Grund zur Panik
Xi, Putin und Modi wollen die Dominanz des Westens brechen. Das reicht noch nicht, um eine alternative Weltordnung aufzubauen.

Stand:
Die Bilder sollen Donald Trump das Fürchten lehren und ihn zum Umdenken bewegen: Indiens Premier Narendra Modi im herzlichen Miteinander mit den Präsidenten Xi Jinping und Wladimir Putin beim Gipfel der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ).
Trump hat Indien mit hohen Strafzöllen belegt, weil es das russische Öl kauft, das Putin nicht mehr im Westen loswird, und so den Angriffskrieg in der Ukraine mitfinanziert. Modis erster Besuch in China seit sieben Jahren gleicht einer Drohung: Indien hat Alternativen zum Bündnis mit den USA.
Sie sind strategische Konkurrenten: China und Indien in Asien; Ägypten und Südafrika in Afrika; Brasilien und Argentinien in Südamerika.
Christoph von Marschall, Diplomatischer Korrespondent der Chefredaktion
Neben den drei Großmächten gehören Belarus, Iran, Kasachstan, Kirgisistan, Pakistan, Tadschikistan und Usbekistan zur Schanghaier Organisation. Sie steht für 40 Prozent der Erdbevölkerung und rund 24 Prozent der Weltwirtschaft.
Wird Trump das beeindrucken? Teils, teils. Gegenüber Indien meint er die wirksameren Druckmittel zu haben. Bei China ist das anders, da hat er die angedrohten Zölle zurückgenommen, als Peking mit Gegenzöllen konterte.
Dieser dezidiert gegen westliche Bevormundung gerichtete Gipfel sollte auch eine Warnung an Deutschland und die EU sein, ihre Optionen bei der Unterstützung der Ukraine sorgfältiger abzuwägen: Auf welche Partner lohnt es, Druck auszuüben, damit sie dem angegriffenen Land helfen und sich von Putin abwenden? Und in welchen Fällen ist der Schaden größer als der Nutzen?
Viele Staaten der Erde betrachten den Ukrainekrieg als einen Regionalkonflikt in Europa zwischen dem Westen und Russland. Es ist nicht ihr Krieg. Sie wollen es sich weder mit Russland verscherzen noch mit China. Xi unterstützt Putins Feldzug verdeckt, aber wohldosiert. Xi möchte ein schwaches, von ihm abhängiges Russland. Und zugleich verhindern, dass der Krieg mit einem Erfolg des Westens endet.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Zwischen Ignoranz und Dämonisierung
Zu diesen neuen antiwestlichen Zusammenschlüssen gehören neben der SOZ auch die BRICS. Deutschland beobachtet sie mit einer widersprüchlichen Unentschlossenheit. Sie schwankt zwischen Ignoranz und Dämonisierung.
Der Name BRICS leitet sich von den Anfangsbuchstaben von Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika ab. Kürzlich sind Ägypten, Äthiopien, Indonesien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate dazugestoßen.
Seit 2020 liegen die BRICS ökonomisch vor den G7. Die addierte Wirtschaftskraft sagt wenig über die geostrategischen Machtverhältnisse aus.
Christoph von Marschall
Die Gruppe repräsentiert die Hälfte der Erdbevölkerung und ein Drittel der Weltwirtschaft. Seit 2020 liegen die BRICS ökonomisch vor den G7, den sieben größten westlichen Industrieländern. Der nominelle Vorsprung wird mit weiteren Neumitgliedern wachsen.
Es wäre also ein Fehler, die SOZ und die BRICS nicht ernst zu nehmen. Aber man soll ihren Einfluss auch nicht überhöhen. Die addierte Wirtschaftskraft sagt wenig über die geostrategischen Machtverhältnisse aus.
Verbindliche Absprachen? Fehlanzeige
SOZ und BRICS sind keine Allianzen wie die G7 oder die Nato oder die EU. Verbindliche Absprachen gibt es nicht. In diesem Club der überwiegend autoritären Herrscher ist jeder sich selbst der Nächste.
Die beste Gegenstrategie des Westens wäre, Indien und anderen Staaten überzeugende Angebote zu machen.
Christoph von Marschall
Sie eint ein destruktives Interesse: Sie wollen die Dominanz des Westens brechen. Aber sie sind nicht bereit, Abstriche an ihren jeweiligen Interessen zu machen, um konstruktiv eine alternative Weltordnung aufzubauen.
Ihre Mitglieder sind strategische Konkurrenten: China und Indien streiten um die Vorherrschaft in Asien; Ägypten und Südafrika um die in Afrika; Brasilien und Argentinien, das unter Präsident Milei den Beitritt zu den BRICS zurücknahm, um die in Südamerika.
Gemeinsame Werte, gemeinsame Märkte, gemeinsame Wirtschafts-, Währungs- und Zollpolitik? Überall Fehlanzeige. Gewiss doch, würden sie ihr militärisches Potenzial konsequent koordinieren, bliebe wohl nur der schwarze Humor aus dem Lied des Wiener Satirikers Georg Kreisler: „Wenn Russland und China zusamm marschiern, kann Österreich kapituliern.“
Aber so weit gehen die neuen Bündnisse eben nicht. Die beste Gegenstrategie des Westens wäre, Indien und anderen schwankenden Staaten überzeugende Angebote zu machen: Eine verlässliche Kooperation mit dem demokratischen Westen ist lohnender als das Flirten mit Xi und Putin. Es könnte freilich sein, dass dies erst wieder möglich ist, wenn Trump das Weiße Haus verlassen hat.
- Belarus
- Brasilien
- China
- Die EU
- Donald Trump
- Indien
- Iran
- Krieg in der Ukraine
- Nato
- Pakistan
- Russland
- USA
- Wladimir Putin
- Xi Jinping
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid:
- false