zum Hauptinhalt
Joe Biden dankt Olaf Scholz

© AFP / AFP/Andrew Caballero-Reynolds

Update

Die große Erleichterung : So reagieren die USA auf die Panzer-Einigung mit Deutschland

Lange wurde darum gerungen, unter welchen Bedingungen Deutschland Leopard 2 liefert. Die Einigung wird nun begrüßt – aber auch als längst überfällig bezeichnet.

| Update:

Die Erleichterung über die neue Panzer-Allianz ist groß – so groß, dass die zwischenzeitlichen Misstöne zwischen Washington und Berlin schnell vergessen werden sollen.

Deutschland schickt „in einem ersten Schritt“, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch bestätigte, 14 Kampfpanzer vom Typ Leopard-2 in die Ukraine. Zudem erlaubt die Bundesregierung auch den Bündnispartnern, Leopard-Panzer zu schicken. Die USA wiederum liefern 31 Abrams Kampfpanzer, das entspricht einem ukrainischen Bataillon. Das Training an den Panzern wird zeitnah beginnen. Bis die Panzer in der Ukraine sind, könnten allerdings Monate vergehen.

US-Präsident Joe Biden sagte zu der Lieferung: „Die Panzer sind keine offensive Gefahr für Russland, es gibt keine Gefahr einer Offensive auf russisches Territorium. Wenn die russischen Truppen sich nach Russland zurückziehen, wo sie hingehören, dann wäre dieser Krieg heute zu Ende.“ Biden dankte Bundeskanzler Olaf Scholz und sagte: „Deutschland hat einen wichtigen Schritt nach vorne gemacht.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert die Panzerlieferungen seit längerem. Das Zögern des Westens, so erklärte er vor wenigen Tagen, töte Ukrainer. Groß ist vor allem die Sorge vor einer russischen Offensive in den kommenden Wochen. Die jetzige Einigung, so wird gehofft, könnte das Kräfteverhältnis auf dem Schlachtfeld signifikant zugunsten der Ukraine verändern.

Die deutsche Botschaft in Washington twitterte am Mittwochmorgen den Hashtag #FreetheLeopards. US-Medien kommentierten den Durchbruch als wichtige Kehrtwende, die ein drohendes transatlantisches Zerwürfnis in einer entscheidenden Phase des Krieges gerade noch verhindere.

Von dem „Flurschaden“ auf internationaler Ebene durch das lange Zögern von Olaf Scholz, wie es die Opposition in Deutschland beklagt, will der Bundeskanzler nichts wissen. Seine Partei feiert ihn dafür, dass er geliefert und ein starkes Panzer-Bündnis geschmiedet habe.

Beide Länder wollen verhindern, zur Kriegspartei zu werden

Die US-Regierung hatte lange damit argumentiert, dass eine Lieferung der Abrams-Panzer in der derzeitigen Lage keinen Sinn mache. Dies sei aufwändig und würde erst mit deutlicher Verspätung erfolgen. Da Berlin aber ohne eine Beteiligung der USA nicht voranschreiten wollte, gab Biden am Ende nach. Für beide Länder bedeutet dieser Schritt eine neue Stufe bei der Unterstützung Kiews. Beide wollen verhindern, zur Kriegspartei zu werden.

Vorausgegangen waren quälend lange Wochen, in denen der Druck auf Deutschland wuchs. Bei einem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein soll es zu entnervten Diskussionen gekommen sein, immer wieder war die Rede davon, dass Deutschland sich mit Scholz‘ zögerlicher Haltung isoliere. Eine Einigung blieb aus. „Was ist mit Deutschland los?“ fragte nicht nur die „Washington Post“ noch am Dienstagmorgen.

Gleichzeitig versuchten amerikanische Senatoren und Kongressabgeordnete beider Parteien herauszufinden, ob sich die deutsche Blockade damit lockern ließe, dass Washington wenigstens eine kleine, symbolische Zahl an Kampfpanzern liefert – sogar von einem einzigen Panzer war die Rede.

Wie US-Medien berichteten, hatte etwa der demokratische Abgeordnete Seth Moulton aus Massachusetts darüber mit Scholz beim Weltwirtschaftsforum in Davos gesprochen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Der Abgeordnete Moulton, ein ehemaliger Angehöriger der Eliteeinheit Marines, hatte die sich abzeichnende Einigung am Dienstagabend begrüßt, sagte aber auch, sie hätte bereits vor Wochen getroffen werden sollen.

Der republikanische Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, äußerte sich ähnlich. Die Entscheidung sei überfällig, sagte McConnell. „Jetzt, da Berlin diesen Schritt macht, hoffe und erwarte ich, dass Deutschland und andere europäische Staaten, die die Panzer vorrätig haben, sich sofort daran machen, sie in die Ukraine zu schicken.“

Der republikanische Senator Lindsey Graham, der vor wenigen Tagen mit mehreren Kongressmitgliedern in Kiew war, hatte zuvor erklärt, alle Bündnis-Rhetorik klinge hohl, wenn sich die USA, Deutschland und andere Staaten nicht in der Panzer-Frage einigen könnten. Auch er begrüßte nun den Durchbruch.

Der demokratische Senator Richard Blumenthal, der mit Graham zusammen in Kiew war, erklärte auf CNN, die Entscheidung komme in einer extrem gefährlichen Phase für die Ukrainer, die ein Wendepunkt im Ukraine-Krieg sein könnte. „Die Zeit ist nicht auf ihrer Seite. Sie brauchen die Panzer im Grunde morgen, nicht erst in Wochen.“

Die Panzer würden eine wichtige Botschaft an den russischen Präsidenten Wladimir Putin senden: Er könne die westliche Allianz nicht spalten, wie er es geplant hatte. Gleichzeitig sollten die Partner aber auch sicherstellen, dass es künftig zu solchen Verzögerungen nicht mehr kommen dürfe, sagte Blumenthal. „Die Verzögerungen fordern ihren Tribut auf dem Schlachtfeld.“

Richard Fontaine, Geschäftsführer des Center for a New American Security in Washington, sagte dem Tagesspiegel: „Alles ist gut. Es gibt große Anerkennung für die deutsche Entscheidung zu den Panzern für die Ukraine.“ Anerkannt werde in Washington auch die „Komplexität“ des Entscheidungsfindungsprozesses bei diesen Themen angesichts der deutschen Geschichte und der aktuellen politischen Lage. „Die Panzer können zum ,game-changer’ auf dem Schlachtfeld werden, und Berlin hat die richtige Entscheidung getroffen.“

Aber auch kritischere Stimmen sind zu hören. „Der einzige Grund, warum die USA M1-Panzer in die Ukraine schicken, ist es, Deutschland die politische Deckung zu geben, die es braucht“, sagte der Verteidigungsexperte Mark Cancian der Nachrichtenagentur Reuters.

Andere sehen die Verantwortung in Washington. Die USA hätten sich „viel Kopfschmerzen und öffentliche Zwietracht ersparen können“, wenn die Biden-Regierung früher umgeschwenkt wäre, sagte Peter Rough, Sicherheitsexperte beim Hudson Institute, dem „Handelsblatt“. Die jetzige Entscheidung habe aber „Deutschlands Leoparden freigesetzt und den Ukrainern eine Chance für eine kämpferische Gegenoffensive gegeben. Es ist ein gutes Ergebnis nach einem schlechten Prozess“.

Ein wichtiger Punkt ist die Frage, wann die amerikanischen Panzer geliefert werden können, und: Wie sie finanziert werden. Wie hochrangige Regierungsmitarbeiter bei einem Telefonat mit Journalisten erläuterte, soll die Abwicklung über einen Fonds mit dem Namen Ukraine Security Assistance Initiative (USAI) erfolgen.

Damit kann die US-Regierung Waffen aus der Privatindustrie beziehen, die sie nicht auf Lager hat. Zum Beispiel könnten Abrams-Panzer von verbündeten Ländern wie Polen zurückgekauft werden, die dann nach umfangreichen Wartung zurück in die Ukraine gebracht werden könnten.

Schnell wird das alles nicht gehen. Es war wohl auch kein Zufall, dass die Regierungsvertreter mehrfach den Ausdruck „langfristige Unterstützung“ verwendeten. Die jetzige Einigung ermöglicht Deutschland, Panzer zu schicken.

Die amerikanischen werden erst in mehreren Monaten folgen, vielleicht auch erst in einem Jahr. Die Botschaft, die gesendet wird, lautet dennoch: Das Bündnis hält zusammen, auch wenn es manchmal dauert, bis eine Lösung gefunden ist.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false