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 Der EU-Binnenmarktkommisssar Thierry Breton spricht auf einer Pressekonferenz.

© AFP/KENZO TRIBOUILLARD

Update

Streit mit von der Leyen: Frankreichs EU-Kommissar Thierry Breton tritt zurück

Der mächtige Binnenmarktkommissar kündigt seinen Rücktritt an. In einem Brief erhebt er schwere Vorwürfe gegen die Kommissionspräsidentin. Der Élysée-Palast hat bereits einen Nachfolger vorgeschlagen.

Stand:

Überraschend hat Thierry Breton am Montag seinen Rücktritt als EU-Kommissar bekannt gegeben. Auch dem neuen Kabinett werde er nicht angehören. Das kündigte der 69-jährige Franzose in einem am Montagmorgen veröffentlichten Brief an. Darin erhob er auch gegenüber Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schwere Vorwürfe. Er erklärte, dass sie Frankreich unter Druck gesetzt habe, einen anderen Kandidaten für seine Nachfolge vorzuschlagen. Davon habe er „vor einigen Tagen“ erfahren.

„Ich trete mit sofortiger Wirkung von meinem Amt als Europäischer Kommissar zurück“, schreibt Breton in dem an von der Leyen adressierten Brief, den er bei X veröffentlichte. Ihrem Kabinett gehörte der Franzose seit Dezember 2019 an und galt als einer der mächtigsten Kommissare. Als Binnenmarktkommissar war er unter anderem für die Industrie- und Digitalpolitik der EU zuständig und setzte sich etwa für eine stärkere Regulierung großer Digitalkonzerne wie Google, Apple und Meta ein.

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Bisher wurde erwartet, dass Breton auch in der neuen Kommission ein wichtiges Ressort erhalten würde. Gerüchten zufolge war er sogar als Vizepräsident im Gespräch. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte ihn im Juli offiziell für eine zweite Amtszeit als EU-Kommissar vorgeschlagen.

Breton wirft von der Leyen persönliche Gründe vor

Das Verhältnis zwischen Breton und von der Leyen galt allerdings seit Langem als angespannt. Letztere arbeitet gerade daran, ihr neues Kabinett zusammenzustellen. Dafür hatte die CDU-Politikerin von den Mitgliedsländern verlangt, je einen Mann und eine Frau für das Amt in der Kommission vorzuschlagen. Neben Frankreich hielt sich allerdings mehr als die Hälfte der 27 EU-Staaten nicht an diese Vorgabe. Das Personaltableau soll morgen in Straßburg öffentlich vorgestellt werden.

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In Bretons Rückzugsschreiben heißt es, von der Leyen habe Frankreich einen mutmaßlich einflussreicheren Posten angeboten. Er solle dafür aus dem Kabinett gestrichen werden. Breton warf der EU-Kommissionspräsidentin vor, „aus persönlichen Gründen“ gehandelt und diese „in keinem Fall direkt“ mit ihm besprochen zu haben. „Man wird Ihnen nun einen anderen Kandidaten vorschlagen“, schrieb der Franzose.

Am Morgen veröffentlichte Breton auf X zusammen mit seinem Rücktrittsschreiben einen Porträtrahmen mit leerer Leinwand und dem Titel: „Mein offizielles Porträt für die nächste Amtszeit der Europäischen Kommission“.

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Frankreich schlägt Außenminister Séjourné vor

Weder von der Leyen noch ihr Büro kommentierten die Vorwürfe Bretons bisher direkt. „Die Präsidentin nimmt Thierry Bretons Rücktritt zur Kenntnis und dankt ihm für seine Arbeit als Kommissar während des gesamten Mandats“, erklärte die Sprecherin in Brüssel.

Emmanuel Macron scheint von Bretons Entschluss allerdings nicht überrascht worden sein. Gegen Mittag hieß es, Frankreich schlage den amtierenden Außenminister Stéphane Séjourné als neuen EU-Kommissar vor. Dieser solle in Brüssel für die „Souveränität der Industrie und die europäische Wettbewerbsfähigkeit“ einstehen, teilte der Élysée-Palast am Montag in Paris mit. Séjourné sei dafür wegen seines „europäischen Engagements“ bestens qualifiziert. Der 39-Jährige war in der letzten Legislaturperiode Vorsitzender der liberalen Renew-Fraktion im EU-Parlament, bevor er Anfang des Jahres als Außenminister nach Paris wechselte.

In Berlin und anderen europäischen Hauptstädten dürfte der Abgang Bretons nicht allzu großes Bedauern auslösen. Regierungsvertreter hatten dem Franzosen in der Vergangenheit immer wieder vorgeworfen, einseitig die wirtschaftspolitischen Interessen seines Heimatlandes zu vertreten, obwohl Kommissionsvertreter eigentlich unabhängig von den nationalen Interessen einzelner Regierungen agieren sollen.

Zudem wurde etwa kritisch gesehen, dass sich Breton zuletzt unabgesprochen mit dem US-amerikanischen Tech-Milliardär Elon Musk anlegte.

Der EU-Abgeordnete Fabio De Masi (Bündnis Sahra Wagenknecht) kritisierte von der Leyens mutmaßliches Vorgehen. „Ursula von der Leyen hält sich offenbar für Ludwig XIV“, schrieb de Masi am Montagvormittag auf X.

Ressorts müssten nach sachlichen Kriterien zugeschnitten und mit den EU-Haushaltsmitteln verantwortlich umgegangen werden. Der BSW-Politiker forderte von der Leyen auf, den Vorfall im EU-Parlament aufzuklären. (mit AFP, Reuters, dpa)

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