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Wieder wohlgelitten: Baschar al Assad bei seiner Ankunft in Saudi-Arabien.

© REUTERS/SANA

Syriens Rückkehr in die Arabische Liga: Für Diktator Assad hat sich der Krieg gelohnt

Mit unfassbarer Gewalt hat Baschar al Assad den Aufstand in Syrien niedergeschlagen. Dennoch wird er nun von der arabischen Welt rehabilitiert. Wie ist das möglich?

Mit seiner Teilnahme am Gipfel der Arabischen Liga im saudischen Dschidda hat der syrische Präsident Baschar al Assad am Freitag seine lange internationale Isolation beendet. Trotz seines brutalen Krieges gegen das eigene Volk kann der 57-Jährige die Rückkehr in den Kreis der arabischen Staatschefs genießen. Noch vor wenigen Jahren wäre das undenkbar gewesen.

Als Baschar al Assad im Jahr 2000 die Nachfolge seines verstorbenen Vaters Hafez antrat, galt er als Reformer; der ältere Assad hatte Syrien seit 1970 mit harter Hand regiert. Baschar, der in London zum Augenarzt ausgebildet worden war, erhielt beim Amtsantritt viele Vorschusslorbeeren, nicht zuletzt, weil er noch so jung war.

Bei der Präsidentenwahl am 10. Juli 2000 trat er als einziger Kandidat an und erhielt 97 Prozent der Stimmen. Bald darauf ließ er Aktivisten festnehmen, die für mehr Demokratie eintraten – der angebliche Reformer entpuppte sich als eisenharter Gewaltherrscher.

Russlands Einsatz sicherte dem Herrscher die Macht

Elf Jahre später griffen die Aufstände des Arabischen Frühlings auf Syrien über, Assad reagierte mit einem brutalen Militäreinsatz. Damit begann ein Krieg, der Hunderttausende Menschen getötet und zwölf Millionen weitere zu Flüchtlingen innerhalb und außerhalb des Landes gemacht hat. Die wirtschaftlichen Schäden des Konflikts belaufen sich auf Hunderte Milliarden Dollar.

Weite Teile Syriens wurden vom Regime und Russland in Schutt und Asche gebombt (Archivbild).
Weite Teile Syriens wurden vom Regime und Russland in Schutt und Asche gebombt (Archivbild).

© REUTERS/HOSAM KATAN

In den ersten Kriegsjahren geriet Assad im Kampf gegen die von ausländischen Akteuren wie der Türkei und den Golf-Staaten unterstützten Rebellen in die Defensive. Das Blatt wendete sich 2015, als Russland auf Assads Seite in den Krieg eingriff. Auch iranische Einheiten und mit Teheran verbündete Milizen halfen ihm; heute kontrolliert er wieder rund zwei Drittel des syrischen Staatsgebietes.

Folter, Giftgaseinsatz, Verschleppungen – das syrische Regime schreckt im Kampf gegen seine Gegner vor nichts zurück. UN-Berichterstatter werfen Assads Streitkräften und der russischen Luftwaffe gezielte Angriffe auf Krankenhäuser und Schulen vor. 

15
Millionen Syrer sind auf Hilfslieferungen angewiesen.

Der Krieg, internationale Sanktionen und die Finanzkrise im benachbarten Libanon stürzten die syrische Wirtschaft in eine tiefe Krise. Rund 15 Millionen von 21 Millionen Syrern sind heute auf Hilfslieferungen angewiesen. Trotzdem wackelt Assads Stuhl nicht. Er kontrolliert die Armee und die Geheimdienste, die jeden Widerstand im Keim ersticken.

Assad kann mit Milliarden aus der Golfregion rechnen

Seit einigen Jahren knüpft der syrische Präsident zudem wieder Kontakte zu anderen arabischen Staaten. Im Herbst 2020 schickte Oman als erster Golfstaat seit 2012 einen Botschafter nach Syrien. Nach dem Erdbeben im Norden Syriens im Februar reisten viele Politiker der Region nach Damaskus, um Hilfe anzubieten. Assad konnte zu offiziellen Besuchen nach Oman und in die Vereinigten Arabischen Emirate fliegen.

Saudi-Arabien und andere Staaten der Region, die bei Ausbruch des Syrien-Krieges 2011 bewaffnete Rebellen gegen den syrischen Präsidenten unterstützten, wollen ihre Beziehungen zu Assad normalisieren.

So versuchen die Araber, den Schmuggel der Droge Captagon aus Syrien in die Nachbarländer zu stoppen, den Einfluss des Iran in Syrien zurückzudrängen und sich für eine Beteiligung am Wiederaufbau Syriens in Position zu bringen. Nach Medienberichten kann Assad mit Milliardenzahlungen reicher Golf-Staaten rechnen.

USA und Europa verschärfen ihre Sanktionen

Deutschland und andere westliche Staaten sind gegen die Normalisierung und halten an dem Ziel fest, Assad international zu isolieren, um ihn zu Kompromissen in den UN-geführten Verhandlungen über eine neue syrische Verfassung zu zwingen. USA und EU hatten ihre Sanktionen gegen Syrien erst vor wenigen Wochen verschärft, im US-Kongress sind neue Strafmaßnahmen im Gespräch.

Deutschland ist als außenpolitischer Akteur nicht wichtig genug für Saudi-Arabien.

Sebastian Sons, Experte für die Golfregion

Eine Wiederannäherung solle an konkrete Zugeständnisse Assads geknüpft werden, forderte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock diese Woche bei einem Besuch in Dschidda.

Die arabischen Staaten denken nicht daran, dem Ratschlag aus Berlin zu folgen. „Deutschland ist als außenpolitischer Akteur nicht wichtig genug für Saudi-Arabien“, sagt Sebastian Sons, Experte für die Golf-Region bei der Denkfabrik Carpo in Bonn.

„Appelle funktionieren nicht, weil Saudi-Arabien eine selbstständige und diversifizierte Außenpolitik betreibt und auch mit Blick auf Syrien eigene Ziele verfolgt, etwa bei der Grenzkontrolle, dem Drogenschmuggel und dem wirtschaftlichen Wiederaufbau“, sagt Sons. „Der Westen spielt dabei keine Rolle.“

Die Reise zum Gipfel von Dschidda war der endgültige Durchbruch für Assad. Das Treffen dürfte der Auftakt zu weiteren Auslandsreisen des syrischen Machthabers sein: Die Vereinigten Arabischen Emirate haben ihn bereits zur Weltklimakonferenz COP28 im November nach Dubai eingeladen.

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