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Thema

Taliban

Die Resolution 1378 des UN-Sicherheitsrates über die Zukunft Afghanistans ist sehr offen formuliert, was Aktivitäten anderer Staaten im Lande angeht: Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen werden aufgefordert, die Sicherheit der Teile Afghanistans zu unterstützen, die nicht von den Taliban kontrolliert werden. Zivilbevölkerung, internationale Autoritäten, humanitäre Organisationen und die UN-Organisationen selbst brauchten Schutz, heißt es.

Das Verwirrspiel um den Aufenthaltsort des islamischen Fundamentalistenführers Osama bin Laden dauert an: Bin Laden sei weiterhin "Gast" der Taliban, sagte Taliban-Botschafter Abdul Salam Saif am Sonntag im pakistanischen Islamabad. Die radikalislamische Miliz werde den mutmaßlichen Terroristen "bis zum letzten Augenblick" beschützen, sein Aufenthaltsort sei den Taliban jedoch nicht bekannt.

Alle Planspiele scheinen wieder einmal vergebens: Nachdem die Taliban-Gegner in Afghanistan mit der Einnahme Kabuls Tatsachen geschaffen haben, drohte der Plan von Ex-König Sahir Schah bloße Makulatur zu werden. Das Konzept des von UN und Anti-Terror-Koalition unterstützten Ex-Königs sieht die Bildung einer Übergangsregierung vor, an der alle Volksgruppen des Landes beteiligt werden sollten.

Von Elke Windisch

Zum Thema Online Spezial: Terror und die Folgen Schwerpunkt: Wege jenseits der Bomben Fotostrecke: Krieg in Afghanistan Die inzwischen weite Teile Afghanistans beherrschende Nordallianz hat zugestimmt, dass die Verhandlungen über die künftige Regierung auf neutralem Boden stattfinden, möglicherweise in Bonn. Nach anfänglichem Beharren auf Kabul als Konferenzort sagte ihr Außenminister Abdullah Abdullah am Sonntag in Taschkent, alle von den UN vorgeschlagenen Treffpunkte in Deutschland, Österreich oder der Schweiz seien akzeptabel.

Zum Thema Online Spezial: Terror und die Folgen Schwerpunkt: Wege jenseits der Bomben Fotostrecke: Krieg in Afghanistan Die Nordallianz vertreibt die Taliban aus einer Region nach der anderen. Fast überall ist der Jubel der Afghanen groß.

Der gesuchte Topterrorist Osama bin Laden hat Afghanistan nach Angaben des Taliban-Vertreters in Pakistan, Salam Saif, verlassen. Die Taliban-Miliz wisse nicht, wo sich bin Laden aufhalte, sagte Saif am Samstag.

Zum Thema Online Spezial: Terror und die Folgen Schwerpunkt: Wege jenseits der Bomben Fotostrecke: Krieg in Afghanistan Die Warnungen der Hilfsorganisationen klingen noch in den Ohren: Wenn nicht vor Wintereinbruch Hunderttausende afghanische Binnenflüchtlinge und Bewohner entlegener Bergdörfer mit Nahrung versorgt werden, komme jede Hilfe zu spät. Nun hat der Winter begonnen, und die Taliban sind kein Hindernis mehr.

Wie schnell die Standpunkte doch wechseln. Vor einer Woche noch war zwischen den großen Mehrheiten von Regierung und Opposition unstreitig, dass Deutschland sich an den Bemühungen gegen den weltweiten Terrorismus beteiligen müsse und dass gegenüber dieser Herausforderung das Schielen auf parteipolitische Vorteile zurückzutreten habe.

Trotz des andauernden Widerstands der Taliban in ihrer Hochburg Kandahar treibt die Nordallianz in Afghanistan die Bildung einer Regierung auf breiter Basis voran. Der international immer noch anerkannte frühere Präsident Burhanuddin Rabbani kehrte am Samstag nach fünf Jahren im Exil nach Kabul zurück und kündigte an, er wolle "sobald wie möglich" eine Regierung unter Einbeziehung aller Bevölkerungsgruppen bilden.

Von Hans Monath

Für Gerhard Schröder hätte die Nachrichtenlage aus Afghanistan sich kaum günstiger entwickeln können. Just in jenen Tagen, in denen er die in den Koalitionsparteien heftig umstrittene Entscheidung über die Bereitstellung von Bundeswehreinheiten zur Bekämpfung des Terrorismus durch den Bundestag presste, schienen die Meldungen aus dem Kriegsgebiet die Kritiker dieses Einsatzes wichtiger Argumente zu berauben: In schneller Folge eroberte die gegen die Taliban kämpfende und von massiven US-Luftangriffen unterstützte Nordallianz zunächst die Mehrzahl der wichtigen afghanischen Städte.

Die nach Afghanistan entsandten britischen Bodentruppen sollen neben der Vorbereitung humanitärer Hilfsaktionen den islamischen Extremistenführer Osama bin Laden aufspüren. Die etwa hundert Elitesoldaten seien "für sehr spezielle Aufgaben" entsandt worden, sagte der britische Außenminister Jack Straw am Freitag in London.

"Gutes wollen - das Beste tun." Moses MendelssohnZu den Symbolen des Taliban-Regimes gehören braune Luftschlangenbündel, die als Trophäen von Telegraphenmasten und Straßenschildern flattern: Tonbänder beschlagnahmter, aufgerissener Musikkassetten.

Von Caroline Fetscher

Die grünen Rebellen haben Recht: Gerhard Schröder will Afghanistan zu einer deutschen Kolonie machen, um deren Ressourcen für die imperialistische Berliner Republik auszubeuten (Höhlen, Heroin, Kalaschnikows). Wie soll man einem Kaschmir-Kanzler auch trauen, wenn es um den Hindukusch geht?

Vom rasenden Stillstand, den Zeitkritiker in den letzten Jahren so oft beschworen haben, ist nur noch wenig zu spüren. Sogar die Propheten der virtuellen Geschwindigkeit, allen voran ihr französischer Guru Paul Virilio, haben seit dem 11.

Im Osten was Neues: Als Mitglied der Anti-Terror-Koalition macht sich die Türkei unentbehrlich und denkt nach dem Sturz der Taliban schon über die Eröffnung einer Botschaft in Kabul nach. Im Westen nichts Neues: Ankaras Verhältnis zur EU bleibt zwiespältig.

Von Albrecht Meier

Taliban-Chef Mullah Mohammed Omar hat in einem Interview mit der britischen BBC die "Zerstörung Amerikas" angedroht. Das Gespräch wurde in Paschtu über einen Mittelsmann geführt.

Manchmal ist die Geschichte nicht der lange, träge Fluss, als der sie uns meistens erscheint. Dann überschlägt sie sich, wie im Moment in Afghanistan: Noch vor einigen Wochen hatte sich der amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld überrascht gezeigt über die Hartnäckigkeit der Gotteskrieger.

Von Clemens Wergin

In der Berliner Botschaft der Nordallianz herrscht Hochstimmung. "Wir sind alle glücklich, dass das Terrorregime der Taliban in Kabul beendet ist", sagt Botschaftsrat Abed Nadjib.

Von Amory Burchard

Pakistan: Anwalt der TalibanEs gibt wohl niemanden, der unglücklicher ist über die Entwicklung in Afghanistan, als Pakistans Präsident Musharraf. Mit der Einnahme von Kabul durch die Nordallianz muss Pakistan den Jahrzehnte gehegten Traum vom Vasallenstaat im Nachbarland begraben, der ihm im Falles eines Kriegs mit dem Erzfeind Indien eine Rückfallposition geboten hätte, oder wie es die pakistanischen Militärs nennen: strategische Tiefe.

Mit der Vertrauensfrage des Kanzlers geht es am Freitag auch wieder um die - innenpolitische - Macht. Aber die zu Grunde liegende Entscheidung über einen Kriegseinsatz der Bundeswehr ist zugleich eine Frage der Moral.

Von Peter von Becker

Zum Thema Vereinte Nationen: Fünf-Punkte-Plan für Afghanistan Online Spezial: Terror und die Folgen Themenschwerpunkte: Krieg - Afghanistan - Bin Laden - Islam - Fahndung - Bio-Terrorismus Fotostrecke: Krieg in Afghanistan Was ist mühseliger als ausbleibender Erfolg? Der zu schnelle Sieg.

Trotz des Einlenkens einiger Abgeordneter aus den Regierungsfraktionen bleibt der Fortbestand der rot-grünen Koalition unsicher. Unter dem Eindruck der Drohung von Gerhard Schröder (SPD), die Koalition zu beenden, falls bei der Abstimmung über den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan keine Regierungsmehrheit zustande kommt, wollen etliche Skeptiker am Freitag für den Kanzler stimmen.

Keine Entwarnung, nicht einmal eine Atempause: Trotz der militärischen Erfolge der Nord-Allianz in Afghanisan sind die deutschen Sicherheitsbehörden überzeugt, dass die Auseinandersetzung mit den Taliban und Osama bin Laden noch lange dauern wird. Es gebe eine Vielzahl von Informationen, dass sich die Taliban schon Wochen vor dem Fall von Kabul auf einen Guerillakampf vorbereitet haben, sagte Dieter Kaundinya, Abteilungsleiter beim Bundesnachrichtendienst, am Mittwoch auf der Herbsttagung des Bundeskriminalamtes in Wiesbaden.

Von Frank Jansen

Zum Thema Online Spezial: Terror und die Folgen Themenschwerpunkte: Krieg - Afghanistan - Bin Laden - Islam - Fahndung - Bio-Terrorismus Fotostrecke: Der Krieg in Afghanistan Der Rückzug der Taliban nach Kandahar lässt ahnen, wie ihre künftige Strategie aussehen wird. Kandahar, eine kleine Landstadt im Süden mit etwa einer viertel Million Einwohnern hat keine besondere strategische Bedeutung, wiewohl es militärisch ein Durchbruch wäre, wenn sich bewahrheiten sollte, dass die Nordallianz den Flughafen dauerhaft eingenommen hat.

Über Nacht hat sich das Blatt in Afghanistan gewendet. Die Taliban haben den Norden des Landes verloren, sie haben auch die Hauptstadt Kabul preisgegeben; nun ziehen sie sich in ihre Hochburg Kandahar im Süden zurück.

Von Christoph von Marschall

Der Taliban-Führer Mullah Mohammed Omar hat seine Milizen aufgefordert, sich den Oppositionstruppen entgegenzustellen und zu kämpfen. "Ich befehle euch, euren Kommandeuren bedingungslos zu folgen", erklärte Mullah Omar am Dienstag nach dem Abzug der Taliban aus der afghanischen Hauptstadt Kabul in einer Funkansprache.

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