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Auf diesem Dateifoto vom 13. Dezember 2016 kommen der Sänger Kanye West und der designierte US-Präsident Donald Trump nach ihrem Treffen im Trump Tower in New York zum Gespräch mit der Presse.

© Timothy A. Clary / AFP

Trump hofiert Neo-Nazis: Ein Abendessen zieht immer größere Kreise

Der Rapper und Antisemit Kanye West hatte Nick Fuentes mitgebracht, einen der aggressivsten Neonazis in den USA. Gemeinsam dinierten sie mit dem Ex-Präsidenten.

Elon Musk hat Twitter gekauft, um die Meinungsfreiheit zu fördern. Das behauptet er jedenfalls. Wenn trotzdem das Konto eines Benutzers gesperrt wird, muss dieser noch mehr Dreck verbreitet haben, als selbst Musk verträgt. Und so geschah es.

Der Rapper und Modedesigner Kanye West, der sich inzwischen „Ye“ nennt, ist ein Antisemit. „Ich mag Hitler“, sagte er vor wenigen Tagen in einem Interview mit dem ultrarechten Verschwörungsideologen Alex Jones. „Dieser Kerl hat Autobahnen erfunden und das Mikrofon, das ich als Musiker benutzt habe.“ Anschließend postete er ein Bild, das einen Davidstern zeigt, der mit einem Hakenkreuz verflochten ist. Daraufhin sperrte Twitter das Konto wegen „Anstiftung zur Gewalt“, wie Musk erklärte.

Antisemiten sind niemals harmlos. Mehrere Unternehmen – darunter Adidas, Gap und die Luxusmarke Balenciaga – haben die Zusammenarbeit mit dem 45-Jährigen beendet. Kanye West ist landesweit bekannt. Er war neun Jahre lang mit dem Reality-TV-Star Kim Kardashian verheiratet, kandidierte 2020 bei der Präsidentschaftswahl und will 2024 erneut antreten. Ex-Präsident Donald Trump will er dafür als Vize-Kandidaten haben.

„Ich mag diesen Typen“, soll Trump über Fuentes gesagt haben

Deshalb tauchte West vor zehn Tagen in Mar-a-Lago auf, Trumps Resort in Florida. Mitgebracht hatte er den 24-jährigen Nick Fuentes, einen der aggressivsten Neonazis in den USA. Fuentes brüstet sich damit, als Rassist, Antisemit und Holocaust-Leugner bezeichnet zu werden. Er gilt als „White Supremacist“, der für eine Vorherrschaft von Weißen kämpft. Die Liaison von schwarzem Rapper und weißem Rassisten mutet nur auf den ersten Blick seltsam an. Was sie eint, ist der Antisemitismus.

Die Zahl antisemitischer Übergriffe in den USA war 2021 auf einem Höchststand. Das geht aus Daten der Anti-Defamation League hervor, einer Antidiskriminierungsorganisation. In Charlottesville im Bundesstaat Virginia zogen 2017 Neonazis durch die Stadt und skandierten antisemitische Parolen. In einer ersten Reaktion hatte Trump gesagt, es seien „sehr anständige Menschen“ darunter. Im folgenden Jahr wurde ein Anschlag auf eine Synagoge in Pittsburgh verübt und 2019 auf eine Synagoge in Poway, Kalifornien.

West und Fuentes aßen mit Trump in Mar-a-Lago zu Abend. In einem nach dem Dinner veröffentlichten Video behauptet West, der Ex-Präsident sei „beeindruckt“ von Fuentes gewesen. „Ich mag diesen Typen“, soll er, laut einem Bericht im Nachrichtenportal „Axios“, über Fuentes gesagt haben. Trump hingegen bestreitet, gewusst zu haben, wer Fuentes sei.

Trump sagt, er könne kein Antisemit sein, weil er der beste Freund Israels sei

Mit Blick auf Kanye West schrieb Trump auf dem sozialen Netzwerk „Truth Social“: „Wir kamen gut miteinander aus, er äußerte keinen Antisemitismus. Warum sollte ich nicht zustimmen, ihn zu treffen?“

Trump umarmt die extreme Rechte in den USA, ohne explizit deren Ideologie zu übernehmen. Er wettert gegen einen „tiefen Staat“, das „Establishment“ und „linke Medien“, außerdem verbreitet er Verschwörungsmythen über den Holocaust-Überlebenden, Philanthropen und Milliardär George Soros. Aber den Vorwurf, dadurch Antisemitismus zu transportieren, weist er zurück. Sein Gegenargument lautet: Er könne gar kein Antisemit sein, weil er der beste Freund Israels sei.

Doch mit seinem Abendessen für Ye und Fuentes scheint Trump den Bogen überspannt zu haben. Benjamin Netanjahu kritisierte das Treffen ebenso wie die „Republican Jewish Coalition“ und die „Zionist Organiziation of America“. Mit zeitlicher Verzögerung gingen auch mehrere prominente Republikaner auf Distanz. Trumps Ex-Vize Mike Pence forderte eine Entschuldigung. Der Fraktionsvorsitzende Mitch McConnell sagte, wer sich mit Antisemiten und Rassisten an einen Tisch setze, könne schwerlich Präsidentschaftskandidat der Konservativen werden.

Anfang des Jahres nahmen die republikanischen Abgeordneten Paul Gosar und Marjorie Taylor Greene an einer von Fuentes ausgerichteten Konferenz teil und standen gemeinsam mit ihm auf der Bühne. Auch deshalb wäre allen Beteiligten die Devise „Deckel drauf“ am liebsten. Die Frage, wie tief die Parolen von Ye und Fuentes innerhalb der Republikanischen Partei verankert sind, soll möglichst nicht thematisiert werden. Andernfalls würden einige Distanzierungen als wohlfeil entlarvt.

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