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Ukraine-Invasion, Tag 1358: Kommandeur sieht Schicksal von Pokrowsk bereits besiegelt
Selenskyj warnt vor russischem Angriff auf Europa in diesem Jahrzehnt, ukrainische Soldaten leiden unter Krankheit aus Erstem Weltkrieg. Der Überblick am Abend.
Stand:
Militäranalysten und einige Kommandeure befürchten, dass die ukrainische Armeeführung in der umkämpften Stadt Pokrowsk die Fehler aus vergangenen Jahren wiederholt.
„Die Ukraine hat in der Vergangenheit bestimmte Stellungen und Städte zu lange gehalten, nachdem die Bedingungen ungünstig geworden waren“, sagt Rob Lee, Senior Fellow am Foreign Policy Research Institute in den USA, zur „New York Times“. Lee meint damit unter anderem Bachmut und Awdijiwka.
Die Argumente der Armeeführung dafür, Pokrowsk so lange wie möglich zu halten, sind die gleichen wie bei den Abnutzungskämpfen um die beiden zuvor genannten Städte. Die Ukraine will die russische Armee zwingen, eine große Anzahl von Soldaten einzusetzen, um sie für kommende Schlachten zu schwächen.
Zudem will Kiew russische Erfolge verhindern, die die Moral im eigenen Land untergraben und US-Präsident Donald Trump davon überzeugen könnten, dass die Unterstützung der Ukraine vergebens ist.
Wenn die Ukraine weiter um Pokrowsk kämpfe, laufe sie Gefahr, in langwierige Stadtkämpfe verwickelt zu werden, berichtet die „New York Times“. Und dafür sei das ukrainische Militär nicht geeignet, sagt Vyacheslav Shevchuk, Kommandeur eines Drohnenbataillons, der in Pokrowsk kämpft. Es mangele an Soldaten, um feindliche Stellungen zu räumen – und mit Drohnen komme man in bebauten Gebieten nicht weit.
„Meiner Meinung nach ist das Schicksal dieser Stadt bereits besiegelt“, sagt Shevchuk zur „New York Times“. „Wir müssen uns um unsere Soldaten kümmern und sie rechtzeitig zurückziehen. Ich sehe nichts Falsches oder Beschämendes darin, unsere Stellungen an günstigere Orte zurückzuziehen.“
Die wichtigsten Nachrichten des Tages
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor einer russischen Offensive auf dem europäischen Kontinent gewarnt. Russland rüste für „2029 oder 2030“ auf, schrieb er in seinem Telegram-Kanal. Selenskyj forderte, Moskaus Zugang zu Geld und Waffen zu blockieren. Mehr dazu hier.
- Nach dem massiven Schmiergeldskandal im Energie- und Rüstungssektor hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zwei ins Ausland geflüchtete Hauptverdächtige mit Sanktionen belegt. Dem veröffentlichten Dekret zufolge handelt es sich um Selenskyjs Geschäftspartner Tymur Minditsch und den Finanzier Olexander Zukerman. Mehr dazu im Newsblog.
- Ukrainische Soldaten leiden offenbar an einer Krankheit aus dem Ersten Weltkrieg. In den Truppen Kiews soll der Gasbrand um sich greifen, schreibt der britische „Telegraph“. Die Infektionskrankheit war vor 1928 verbreitet, als verwundete Soldaten keine Antibiotika erhielten. Mehr dazu hier.
- Selenskyj hat Soldaten nahe der Front in der südukrainischen Region Saporischschja besucht. Er habe eine Brigade in der Nähe der Stadt Orichiw getroffen, erklärte Selenskyj im Onlinedienst X und veröffentlichte Bilder des Treffens. Selenskyj fügte hinzu, er habe sich einen Bericht über die Lage vor Ort, die „Aktivitäten des Feindes und die Verluste unter den Besatzern“ angehört.
- Russische Streitkräfte haben ihre Offensivaktionen im Osten der Region Saporischschja verstärkt und versuchen offenbar, Huljajpole von Nordosten her zu isolieren. Das geht aus einem neuen Bericht des Institute for the Study of War (ISW) hervor, der feststellt, dass die Angreifer ein „Pokrowsk-Szenario“ wiederholen und auf Infiltrationstaktiken in kleinen Gruppen setzen.
- Die Ukraine hat nach eigenen Angaben ein russisches Ölterminal auf der besetzten Halbinsel Krim sowie ein Öldepot in der ebenfalls besetzten Region Saporischschja angegriffen. Die Ziele seien mit im Inland hergestellten Waffen getroffen worden, darunter bodengestützte „Flamingo“-Marschflugkörper, „Bars“-Drohnenraketen und Drohnen, teilte der ukrainische Generalstab auf Telegram mit.
- In den vergangenen Wochen haben die russischen Truppen aufgehört, das Zentrum der Grenzstadt Wowtschansk in der nordöstlichen Region Charkiw zu stürmen. Stattdessen würden sie nun ukrainische Stellungen am Stadtrand angreifen, sagte ein Offizier der 58. motorisierten Brigade mit dem Rufnamen „Historiker“ im Sender „Wir – die Ukraine“.
- Mindestens drei Menschen sind durch einen russischen Drohnenangriff in der Nähe des Dorfs Bohuslawka im ostukrainischen Gebiet Charkiw getötet worden. Zwei Menschen kamen nach Angaben des Gouverneurs Oleh Synjehubow bei der Attacke ums Leben, einer starb im Krankenhaus. Eine weitere Person wurde demnach verletzt.
- Die Ukraine bekommt von der EU weitere Finanzhilfen in Höhe von knapp sechs Milliarden Euro ausgezahlt. Das kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Europaparlament an. Es handele sich dabei um ein Darlehen, das mit Zinserträgen aus der Verwahrung von eingefrorenem russischem Staatsvermögen in der EU zurückgezahlt wird, sowie um Geld aus der sogenannten Ukraine-Fazilität.
- Selenskyj besteht auf die Freigabe der in Belgien eingefrorenen Milliarden aus russischem Staatsvermögen für die ukrainische Verteidigung. Die Ukraine benötige diese 140 bis 160 Milliarden Euro und für Kremlchef Wladimir Putin und sein Umfeld „wäre das ein großer Verlust“, teilte Selenskyj in den sozialen Netzwerken mit.
- Die nordischen und baltischen Nato-Länder finanzieren gemeinsam neue US-Waffenlieferungen an die von Russland angegriffene Ukraine. Die Lieferung von militärischer Ausrüstung und Munition im Wert von 430 Millionen Euro erfolge im Rahmen der sogenannten Purl-Initiative, teilte die Nato in Brüssel mit.
- Der Kreml hat der Ukraine für künftige Verhandlungen schlechtere Bedingungen in Aussicht gestellt. „Die ukrainische Seite sollte wissen, dass sie früher oder später verhandeln muss, aber aus einer viel schlechteren Position heraus. Die Position des Kiewer Regimes wird sich von Tag zu Tag verschlechtern“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.
- Der ehemalige ukrainische Oberbefehlshaber Walery Saluschnyj fordert größeren Druck auf Russland. Ohne innere Krisen werde die russische Führung den Krieg vermutlich fortsetzen. Die Ukraine benötige einen strategischen Wandel – keine völlige Abkehr von der Erschöpfungstaktik, sondern deren Verbindung mit einem aktiveren Plan, der auf Innovation und Technologie setze, so Saluschnyj.
- Die G7-Außenminister haben Chinas Unterstützung von Russland im Ukraine-Krieg verurteilt. Man verurteile die Lieferung von Waffen und sogenannten Dual-Use-Gütern durch China, die entscheidend zum russischen Krieg gegen die Ukraine beitrage, hieß es im Abschlussdokument der zweitägigen Konferenz der Gruppe in Kanada.
- Die Bundesregierung hat sich auf eine Reform der staatlichen Leistungen für Ukraine-Flüchtlinge verständigt. Ukrainer, die nach dem 1. April 2025 nach Deutschland gekommen sind, sollen künftig wie Asylbewerber behandelt werden – und entsprechend niedrigere Leistungen erhalten. Mehr dazu hier.
- Russland soll Politiker aus Europa für Propagandazwecke einspannen. Das geht laut einem „Spiegel“-Bericht aus internen Dokumenten des russischen Machtapparats hervor. Eine Gruppe von AfD-Politikern will in dieser Woche zu einer Konferenz ins russische Sotschi fliegen. Beim Vorgängersymposium vor einem Jahr waren ebenfalls zwei Abgeordnete der AfD. Mehr dazu hier.
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